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    Categories: Rechtspolitik

Gebot der Menschlichkeit

Derzeit überwiegt zwar die ewige Frage nach der Finanzierbarkeit unser Gesundheitssystem, aber daneben schwelt auch seit Jahren eine Diskussion über die heiklen, von moralischen und oft auch religiösen Vorstellungen beeinflußten Themen der Medizin. Eines davon ist die Organspende: In Deutschland wird derzeit die erweiterte Zustimmungslösung praktiziert, das heißt, daß sowohl der Verstorbene zu Lebzeiten als auch dessen Angehörige nach seinem Tod der Organentnahme zustimmen können. Liegt keine Zustimmung vor (oder hat der Verstorbene ausdrücklich widersprochen), so gibt es keine Möglichkeit für eine Transplantation. In anderen europäischen Ländern wird das teilweise anders gehandhabt: http://de.wikipedia.org/wiki/Organspende#Europa Meiner Meinung nach gehen all diese Regelungen aber noch nicht weit genug. Es ist doch einfach eine sittliche Pflicht, dem Mitmenschen zu helfen, wenn einem dies möglich ist. Damit meine ich aber sowohl die Pflicht des Verstorbenen, als auch vor allem die des Arztes, seine Möglichkeiten voll auszuschöpfen; und wenn dies nur mithilfe der Organe eines Toten geht, dann muß eben auch diese Option genutzt werden. Das oft erwähnte Recht auf Selbstbestimmung ist zwar auch über den Tod hinaus weitgehend anerkannt (was also z.B. die Beerdigung oder die Erbschaft angeht), aber in einer solchen Sache muß es meinesachtens zurückstehen. Das Lebensrecht anderer Menschen überwiegt doch ganz deutlich. Auch religiöse Vorbehalte halte ich für sehr fraglich. Zwar entziehen sich religiöse Wertungen weitgehend dem Normierungsanspruch des Gesetzgebers, aber es ist doch eine (zumindest nach irdischen Maßstäben, andere können wir mangels weitergehender Einsichten schwer heranziehen) irrationale Annahme, der Herr würde die Unversehrtheit des Körpers höher bewerten als das Retten eines Mitmenschen. Die Angst, man würde einen willigen Organspender „ausschlachten“ und die Maschinen bei einem solchen schon mal etwas früher abstellen, ist meinesachtens sowieso unbegründet. Aber sie würde sich vielleicht verringern, wenn eine entsprechend hohe Anzahl von transplantationsfähigen Organen zur Verfügung steht – dann sollte es an sich keinen Konflikt mehr geben, den einen Patienten aufzugeben, um andere zu retten. Sechs bis acht Jahre stehen Patienten derzeit durchschnittlich auf Wartelisten, bis sie endlich das benötigte Organ erhalten und wieder an morgen denken und für die Zukunft planen können; viele erleben den Zeitpunkt, an dem sie an der Reihe wären, nicht. Ihnen in der Weise zu helfen, die uns zur Verfügung steht, ist ein Gebot der Menschlichkeit.

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