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    Categories: Verwaltungsrecht

VG Stuttgart, Urteil vom 18.9.2013, 12 K 4134/12

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die am … 1985 geborene Klägerin begehrt die Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung.

Die Klägerin studierte seit Wintersemester 2005/06 an der Universität Konstanz Rechtswissenschaft. Am 01.12.2009 bestand sie die universitäre Teilprüfung der Ersten juristischen Staatsprüfung im Schwerpunktbereich „Arbeits- und Sozialrecht“ mit der Gesamtnote „befriedigend“ (7,33 Punkte). Im Frühjahr 2011 bestand sie den schriftlichen Teil der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung nicht. Im Frühjahr 2012 wiederholte sie den schriftlichen Teil der Staatsprüfung und erzielte dabei nicht die für eine Zulassung zur mündlichen Prüfung erforderlichen 3,75 Punkte im Durchschnitt.

Mit Bescheid vom 05.06.2012 erklärte das Justizprüfungsamt Baden-Württemberg die Staatsprüfung daraufhin für endgültig nicht bestanden. Im Einzelnen wurden die Klausuren der Klägerin mit 4, 2,5 und 5 Punkten im Zivilrecht, jeweils 2 Punkten im Öffentlichen Recht und 6 Punkten im Strafrecht bewertet, was zu einer Durchschnittsgesamtpunktzahl von nur 3,58 führte. Der Klägerin wurde die Fortsetzung der Staatsprüfung verwehrt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 03.07.2012 Widerspruch. Zunächst berief sie sich auf ihre nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der schriftlichen Aufsichtsarbeiten im Frühjahr 2012 gegebene krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit und beantragte die Genehmigung eines Rücktritts von der schriftlichen Prüfung. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 06.08.2012 durch das Justizministerium abgelehnt, weil der Rücktrittsantrag bereits verfristet gewesen bzw. „nicht unverzüglich“ erklärt worden sei. Ihren Widerspruch begründete die Klägerin neben Einwendungen gegen die Bewertung einzelner Klausuren im Wesentlichen mit einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit. Absolventen sogenannter gestufter Kombinationsstudiengänge werde erlaubt, den Staatsprüfungsteil der Ersten juristischen Prüfung in „abgeschichteter Form“ nach dem „Mannheimer Modell“ abzulegen. Eine vergleichbare Vergünstigung werde Kandidaten außerhalb eines solchen Kombinationsstudienganges in Baden-Württemberg nicht gewährt. Hieraus ergebe sich eine mit dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht mehr vereinbare wesentliche Ungleichbehandlung der Prüflinge im Hinblick auf die ihnen gestellten Leistungsanforderungen.

Mit Bescheid vom 06.11.2012 wies das Justizministerium den Widerspruch der Klägerin zurück. In seiner Begründung berief sich das Ministerium neben Ausführungen zu den fehlerfreien Bewertungen der betreffenden Aufsichtsarbeiten im Wesentlichen darauf, dass das deutsche Richtergesetz ausdrücklich eine Abschichtung einzelner Prüfungsteile zulasse. Im Hinblick auf vielfältige Unterschiede in der Ausgestaltung der Studiengänge sowie die engen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Abschichtungsmöglichkeit fehle es im Übrigen an einer Vergleichbarkeit, weshalb schon keine Ungleichbehandlung vorliege.

Am 05.12.2012 hat die Klägerin hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. In ihrer Klagebegründung verzichtet sie auf eine weitere Verfolgung der Einwendungen gegen die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten. Sie vertieft hingegen ihr Vorbringen, sie werde durch die angefochtenen Bescheide in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit verletzt. Ergänzend führt sie im Wesentlichen aus, sie habe einen Anspruch auf Fortsetzung des Prüfungsverfahrens bzw. Wiederholung der Prüfung, weil die gesetzliche Grundlage der Prüfung nicht den an sie zu stellenden Anforderungen im Hinblick auf eine grundrechtskonforme Gestaltung entsprochen habe. Eine Portionierung der Prüfungsleistungen, wie sie das „Mannheimer Modell“ erlaube, verzerre den Prüfungsmaßstab insoweit, als sich Studierende solcher Kombinationsstudiengänge in ihrer Examensvorbereitung zunächst ausschließlich auf einen Teil des Prüfungsstoffes vorbereiten könnten und im nachfolgenden Abschnitt der Prüfung sowohl im Hinblick auf die zu erbringende Gedächtnisleistung als auch die Beherrschung der Systematik des abgeschichteten Teilrechtsgebiets entlastet seien. Soweit das Richtergesetz eine Abschichtung zulasse, sei diese Möglichkeit im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG dann aber allen Prüflingen in dem jeweiligen Bundesland gleichermaßen zu gewähren. Eine Ungleichbehandlung in den Prüfungsvoraussetzungen könne auch nicht mit den zusätzlichen, außerjuristisch zu erbringenden Leistungen des Mannheimer Kombinationsstudienganges gerechtfertigt werden. Das Mannheimer Modell vernachlässige zudem die Pflege fächer- und rechtübergreifenden Denkens, das der Vorbereitungsdienst und die spätere berufliche Praxis voraussetzten. Wäre ihr eine ähnliche Vergünstigung gewährt worden, so hätte sie die Erste juristische Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestanden. Ein entscheidender Aspekt für das Bestehen der Ersten juristischen Prüfung sei die für die gleichzeitige Bereithaltung des klausurrelevanten Wissens in allen drei Teilgebieten erforderliche hohe Gedächtnisleistung. Hiervon wäre sie bei einer Abschichtungsmöglichkeit entlastet worden. Die Vorschriften der JAPrO über sogenannte gestufte Kombinationsstudiengänge (§§ 35a ff.) verletzten sie daher in ihrem Anspruch auf eine gleichheitskonforme Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens. Selbst wenn sie keinen Anspruch auf die entsprechenden Vergünstigungen (Abschichtung von Examensklausuren) habe, sei jedoch jedenfalls der Prüfungsbescheid infolge fehlender Rechtsgrundlage aufzuheben und das Prüfungsverfahren fortzusetzen bzw. zu wiederholen. Eine „Teilnichtigkeit“ der Prüfungsordnung allein bezogen auf die §§ 35a ff. JAPrO komme nicht in Betracht, weil sich eine solche „Reparatur“ der Prüfungsordnung über besonders schwere Verstöße im Bereich der den Prüflingen zu gewährende Chancengleichheit hinwegsetzen müsste.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 05.06.2012 und dessen Widerspruchsbescheids vom 06.11.2012 zu verpflichten, ihr eine Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung zu gestatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt er insbesondere aus, das deutsche Richtergesetz fordere keine Möglichkeit zur Abschichtung im gesamten Bundesland. Selbst in Bundesländern, welche flächendeckend eine Abschichtungsmöglichkeit eingeführt hätten, stehe diese Möglichkeit nicht allen Kandidaten offen. Vielmehr sei die Möglichkeit der Abschichtung dort an die Wahrnehmung des Freiversuchs gekoppelt. Die verschiedenen Lebenssachverhalte seien im Übrigen bereits nicht vergleichbar. Der gestufte Kombinationsstudiengang unterscheide sich wesentlich von dem rechtswissenschaftlichen Studiengang. Es müsse z.B. ein erheblicher Anteil an fachfremden BWL-Kenntnissen bis zum sechsten Semester erworben werden. Der gestufte Kombinationsstudiengang stelle keineswegs eine leichtere Möglichkeit zur Erlangung der Staatsprüfung dar. Spätestens in der mündlichen Prüfung müsse sämtliches Wissen gleichzeitig präsent sein. Im Übrigen sei bei einem Erprobungsgesetz mit Experimentiercharakter der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erweitert. Letztlich rüge die Klägerin, dass die Studierenden des Kombinationsstudiengangs ungerechtfertigt bevorzugt würden. Wäre dies jedoch der Fall, würde die Klägerin eine unzulässige Gleichbehandlung im Unrecht fordern. Selbst bei Aufhebung der §§ 35a ff. JAPrO würde sich hierdurch ihr Prüfungsanspruch nach den übrigen Normen der JAPrO nicht erweitern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Wiederholung der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung. (§ 113 Abs. 5 VwGO).

I.

Die Kammer hegt bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin sich zum heutigen Zeitpunkt überhaupt noch auf einen Gleichheitsverstoß bezüglich des „Mannheimer Modells“ berufen kann. Denn nach allgemeinen Prüfungsrechtsgrundsätzen trifft den Prüfling jedenfalls bei Verfahrensverstößen grundsätzlich die Obliegenheit zu einer zeitnahen Rüge („unverzüglich“). Verletzt er diese Obliegenheit, ist ihm nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine nachträgliche Berufung auf einen solchen (angeblichen) Verfahrensfehler verwehrt bzw. wird ein solcher Verfahrensfehler unbeachtlich (vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 23.1.1991 – 7 B 5.91 – und vom 22.6.1994 – 6 C 37.92 -; OVG Saarl., Urteil vom 21.01.2010 – 3 A 450/08 -; OVG NRW, Beschluss vom 15.9.2005 – 14 A 2778/04 -, OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.12.2003 – 2 NB 394/03 -, jeweils zitiert nach juris). Die Klägerin hat sich nicht unverzüglich auf den (angeblichen) Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften der JAPrO berufen. „Unverzüglich“ wäre in diesem Fall wohl die sofortige Rüge nach Einführung des „Mannheimer Modells“ (2008), jedenfalls aber vor Ablegung ihrer Staatsprüfung im Rahmen der Ersten juristischen Prüfung gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte sie beantragen müssen, ebenfalls entsprechend dem Verfahren des „Mannheimer Modells“ geprüft zu werden. Diese Obliegenheit hat die Klägerin verletzt. Denn sie hat sich erst nach dem Nichterreichen der 3,75-Punkte-Schwelle des § 16 der Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen (Juristenausbildung- und Prüfungsordnung – JAPrO – vom 08.10.2002, GBl. S. 391; zuletzt geändert am 23.07.2013, GBl. S. 233) auf den (angeblichen) Verstoß berufen.

II.

Selbst wenn diese Rechtsprechung zur unverzüglichen Rüge eines Verfahrensverstoßes auf die hier gegebene Konstellation („Gleichheitsverstoß“) nicht anwendbar wäre, kann die Klage gleichwohl keinen Erfolg haben. Denn die Klägerin beruft sich auf eine Verfassungswidrigkeit und Nichtigkeit der das „Mannheimer Modell“ regelnden Normen der JAPrO in den §§ 35 a – § 35 e, 62 a. Diese Normen hinweg gedacht, würde sich an § 16 JAPrO jedoch nichts ändern. Hier ist geregelt, dass nur wer im schriftlichen Teil der Staatsprüfung eine Durchschnittspunktzahl gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 JAPrO von mindestens 3,75 Punkten (und in wenigstens drei Aufsichtsarbeiten, davon in mindestens einer zivilrechtlichen Aufsichtsarbeit, einen Durchschnitt von 4,0 oder mehr Punkten) erreicht hat, mündlich geprüft wird. Wer diese Voraussetzungen hingegen nicht erfüllt, ist von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Staatsprüfung nicht bestanden. Die Klägerin ist mit der erreichten Gesamtdurchschnittsnote von nur 3,58 Punkten nach dieser Norm von der erneuten Wiederholung der Staatsprüfung sowie der Teilnahme an der mündlichen Prüfung ausgeschlossen. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn das „Mannheimer Modell“ verfassungswidrig wäre. Für die Kammer sind jedenfalls keine Argumente ersichtlich, dass sich eine solche (partielle) Verfassungwidrigkeit der JAPrO auf deren § 16 auswirken könnte. Und selbst wenn dies der Fall wäre, hätte die Klägerin noch nicht den eingeklagten Anspruch auf Wiederholung der Prüfung. In diesem Fall wäre vielmehr das Justizministerium aufgefordert, die verfassungswidrige JAPrO entsprechend nachzubessern. Dass hierbei die Regelung des § 16 JAPrO zwingend wegfallen müsste, ist nicht erkennbar, jedenfalls aber zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht hinreichend sicher.

III.

Im Übrigen ist die Kammer davon überzeugt, dass die JAPrO und insbesondere die zitierten Regelungen über das „Mannheimer Modell“ nicht verfassungswidrig bzw. sonst rechtswidrig sind. Die Kammer kann insbesondere keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 12 GG sowie den prüfungsrechtlichen Verfassungsgrundsätzen erkennen. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist Art. 3 Abs. 1 GG nur dann verletzt, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn zwischen den Gruppen, die ungleich behandelt werden, keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Schlechterstellung rechtfertigen können (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 23.05.2008 – 2 BvR 1081/07 – juris). Grundsätzlich gilt hiernach, dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln ist (vgl. BVerfGE 98, 365 ; Beschluss vom 28.11.2007 – 2 BvR 375/06 – st.Rspr., juris).

Zwischen dem Studiengang „Rechtswissenschaft“, z.B. an der Universität Konstanz, und dem Studiengang „Unternehmensjuristin/Unternehmensjurist“ an der Universität Mannheim (LL.B.) bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass die verschieden ausgestalteten Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gerechtfertigt sind. Denn der Mannheimer Studiengang verbindet die Juristenausbildung mit einem Bachelor in Wirtschaftswissenschaften und ist deshalb im verfassungsrechtlichen Sinne „wesentlich ungleich“. Dies wird aus den vorliegenden Informationsmaterialien der Universität Mannheim deutlich: „Zielsetzung: Im Studiengang Unternehmensjurist/-in Universität Mannheim (LL.B.) sollen die Studierenden zu Juristinnen und Juristen herangebildet werden, die über eine wirtschaftswissenschaftliche Zusatzqualifikation verfügen. Die Ausbildung wird Sie dazu befähigen, berufliche Tätigkeiten auszuüben, die rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden voraussetzen und deren Anwendung in der beruflichen Praxis erfordern. Sie erfolgt insbesondere im Hinblick auf diejenigen Anforderungen, die unter anderem Unternehmen, Steuerberatungs-und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Verbände an die Hochschulabsolventen stellen. Durch die wissenschaftliche Vertiefung einzelner Gebiete und die Entwicklung und Förderung von persönlichen Fähigkeiten sollen zudem Ihre Handlungsfähigkeit in der beruflichen Praxis gestärkt und die Grundlagen für den Erwerb weiterer wissenschaftlicher und beruflicher Qualifikationen, vor allem in postgradualen Studiengängen, geschaffen werden.“ / „Inhalte, Schwerpunkte, Wahlmöglichkeiten, Aufbau: Für den Bachelorabschluss ist der Erwerb von 180 ECTS erforderlich, wobei ein ECTS-Credit für eine studentische Arbeitsbelastung von 30 Arbeitsstunden steht. Im Bereich Rechtswissenschaft beträgt der Workload, d.h. die studentische Arbeitsbelastung, 111 ECTS. Im Bereich Wirtschaftswissenschaften (Betriebswirtschaftslehre inklusive Grundlagen der Volkswirtschaftslehre) sind 55 ECTS zu erwerben. Daneben sind 14 ECTS im Bereich Schlüsselqualifikation zu erbringen. Der Bereich Rechtswissenschaft (111 ECTS) setzt sich zusammen aus dem allgemeinen Zivilrecht (Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht, Vertragsgestaltung, Vertiefung des Stoffes auf Staatsexamensniveau), den Grundlagen des öffentlichen Wirtschaftsrechts sowie insbesondere dem privaten Wirtschaftsrecht. Der wirtschaftsrechtliche Schwerpunkt des Bachelorstudienganges umfasst das Handels-, Gesellschafts-, Arbeits- und Kreditsicherheitsrecht mit Bezügen zum Bürgerlichen Recht sowie einen Wahlpflichtbereich. Angeboten werden entsprechend den Forschungsschwerpunkten der Abteilung die Wahlpflichtbereiche: (1) IPR/Internationales Wirtschaftsrecht, (2) Bank-/Kapitalmarktrecht, (3) Gesellschaftsrecht, (4) Kollektives Arbeitsrecht, (5) Insolvenz und Sanierung, (6) Versicherungsrecht, (7) Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht, (8) Medizin- und Gesundheitsrecht, (9) Steuerrecht (10) Deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht. Im Bereich Wirtschaftswissenschaft (55 ECTS) erhalten die Studierenden einen Einblick in die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre und in die Betriebswirtschaftslehre, wobei die betriebswirtschaftliche Ausbildung sich zunächst auf die Fächer Marketing, Management, Grundlagen des externen Rechnungswesens, Internes Rechnungswesen und Finanzwirtschaft bezieht. Daneben spezialisieren sich die Studierenden entweder in Tax and Accounting oder Human Resources. Die Veranstaltungen in der Ökonomischen Analyse des Rechts und in den Wahlpflichtbereichen sowie die Bachelorarbeit stellen die Verbindung zwischen rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Inhalten her. Im Bereich Schlüsselqualifikation (14 ECTS) ist neben Kursen zur Fachsprache Englisch, Präsentation und Kommunikation sowie Verhandlungsmanagement ein verpflichtendes Praktikum von mindestens vier Wochen vorgesehen. Die Zivilrechtsklausuren der ersten juristischen Staatsprüfung sind Bestandteil der Bachelorprüfung.“ (vgl. den Internetauftritt der Universität Mannheim zu diesem Studiengang unter: http://www.jura.uni-mannheim.de/Studium/Unternehmensjurist(in)%20(LL.B.)/Aufbau%20und%20Inhalte/StudInfo%20V%202013.pdf; Zugriff am 24.09.2013).

Es ist offenkundig, dass dieser Studiengang „Unternehmensjurist/-in“, der das Bologna-Modell des Bachelors mit einem Jurastudium kombiniert, sich in fast jeder Hinsicht von einem „nur“ klassischen Jurastudium, wie es die Klägerin gewählt hat, unterscheidet. Aus diesem Grund liegen hinreichende Unterschiede vor, die einer zwingenden Gleichbehandlung insbesondere in verfahrensrechtlicher Hinsicht entgegenstehen. Soweit die Klägerin einwendet, im Ergebnis sei der Abschluss der Ersten juristischen Prüfung in Mannheim und anderswo „gleich“, trifft dies zweifellos zu. Dies besagt jedoch nicht, dass der Weg dorthin, wird er mit einer Unternehmensjuristenausbildung kombiniert, zwingend gleich ausgestaltet sein muss. Vor dem Hintergrund der beträchtlichen Zusatzanforderungen des Mannheimer Studienganges in wirtschaftswissenschaftlicher Hinsicht kann auch sicher keine Rede davon sein, dass die Erste juristische Prüfung dort insgesamt „einfacher“ erlangt werden kann. Vielmehr spricht einiges dafür, dass der Mannheimer Weg sogar anspruchsvoller ist. Dass die Zivilrechtsklausuren dort „abgeschichtet“ geschrieben werden dürfen, ist sicherlich nicht zwingend. Vor dem Hintergrund der parallelen wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung erscheint dies jedoch sinnvoll und stellt sich als verfassungsrechtlich gerechtfertigt dar (vgl. auch Schäfer, „Bologna“ in der Juristenausbildung?, NJW 2008, 2487).

Des Weiteren trifft der Einwand des beklagten Landes zu, dass die Klägerin der Sache nach eine „Gleichheit im Unrecht“ begehrt, die aus Art. 3 Abs. 1 GG ohnehin nicht abgeleitet werden kann. Denn sie hält die Vergünstigung der Mannheimer Studierenden für eine verfassungswidrige Bevorzugung, will diese aber zugleich selbst in Anspruch nehmen bzw. beruft sich jedenfalls darauf, dass sie nach diesem Modell „sicher auch bestanden hätte“. Auch dieses Argument kann ihrer Klage mithin nicht zum Erfolg verhelfen.

Weiter lässt § 5 d Abs. 2 Satz 3 DRiG ausdrücklich eine landesrechtlich gestaltete Abschichtung der Prüfungsleistungen im Jurastudium zu. Dass eine solche Abschichtung in einem Bundesland einheitlich für alle Studierenden gelten müsste, ergibt sich hieraus nicht und kann auch aus Art. 3 Abs. 1 GG dann nicht hergeleitet werden, wenn, wie hier, wesentlich unterschiedliche Studiengänge vorliegen.

Schließlich liegt es für die Kammer auf der Hand, dass der Normgeber einen erweiterten Spielraum haben muss, wenn er neue Regelungsmodelle – befristet – einführt. Gemäß § 62 a Abs. 2 Satz 1 JAPrO treten die Normen zum „Mannheimer Modell“ mit Ablauf des 30. Aprils 2019 außer Kraft (und sollen zuvor einer Evaluierung unterworfen werden; vgl. LT-Drs. 14/2962 v. 09.07.2008). Dem Normgeber muss es in diesem Sinne möglich sein, innovative Studiengänge in der Praxis auszuprobieren. Sind diese, wie hier, wesentlich ungleich zu anderen Studiengängen mit vergleichbarem Abschluss ausgestaltet, kommt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG damit erst recht nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil die Fragen der Rügeobliegenheit sowie der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des „Mannheimer Models“ zweifellos grundsätzliche Bedeutung haben. Aufgrund der landesweiten Relevanz sollten die Annahmen der Kammer ohne weiteres vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg überprüft werden können.

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