Die Verfassungsbeschwerde ist wohl einer der Rechtsbehelfe, der auch den meisten Normalbürgern ein Begriff sein dürfte. Dabei stellt sich in Bayern die Frage, welches von mehreren Verfahren überhaupt zur Verfügung steht und wie sich die jeweiligen Erfolgsaussichten darstellen.
Grundsätzlich sind neben der Bundes-Verfassungsbeschwerde noch zwei unterschiedliche Klagearten nach bayerischem Recht möglich: Die Landes-Verfassungsbeschwerde und die Popularklage.
Diese Rechtsbehelfe stehen grundsätzlich unverbunden und gleichwertig nebeneinander. Weder binden sich die Urteile gegenseitig noch schließt die Klageerhebung im einen Verfahren das andere aus. Allerdings sind die Arten des Rechtsschutzes, den man jeweils erlangen kann, durchaus unterschiedlich, wie nachfolgende Kurzübersicht zeigt.
Bundes-Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG)
Beschwerdegegenstand: alle Akte der öffentlichen Gewalt
Betroffenheit: in eigenen Rechten
Prüfungsmaßstab: Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte des Grundgesetzes
Prüfungsprogramm: nicht gerügte Grundrechte können, müssen aber nicht geprüft werden
Popularklage (Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 VfGHG)
Beschwerdegegenstand: Rechtsnormen
Betroffenheit: nicht notwendig; jedermann ist klageberechtigt
Prüfungsmaßstab: gesamte Bayerische Verfassung, bei auf landesrechtlicher Ermächtigung beruhender Rechtsnorm einschließlich formeller und materieller Rechtmäßigkeit der Norm (Art. 3 BV)
Prüfungsprogramm: keine Beschränkung auf gerügte Verstöße
Landes-Verfassungsbeschwerde (Art. 66 BV, Art. 51 bis 54 VfGHG)
Beschwerdegegenstand: Urteile und Verwaltungshandeln
Betroffenheit: in eigenen Rechten; jeder Bewohner Bayerns ist klageberechtigt
Prüfungsmaßstab: Grundrechte der Bayerischen Verfassung
- Sonderfall Urteile
Ergehen diese – wie eigentlich immer – auf einer bundesrechtlichen Verfahrensordnung, sind nur noch diejenigen Grundrechte der Bayerischen Verfassung relevant, die mit einem Grundrecht des Grundgesetzes (und dessen spezifischer Auslegung durch das BVerfG) deckungsgleich sind. - Sonderfall Anwendung von Bundesrecht
Da das Landesgericht nicht das Bundesrecht an sich prüfen kann, erfolgt lediglich eine Prüfung der gerichtlichen Entscheidung auf Willkürlichkeit.
Prüfungsprogramm: nur explizit gerügte Grundrechte