Der Urlaub ist bekanntlich der schönste Teil der Arbeit. Und während viele Selbstständige und Freiberufler der Begriff nur vom Hörensagen kennen, ist der Urlaub des Arbeitnehmers gesetzlich unumstößlich verankert. Grundlage ist das „Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer“ (Bundesurlaubsgesetz, BUrlG).
Trotzdem (oder gerade deswegen) gibt es viele Mythen und Missverständnisse, was den Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern angeht. Diese wollen wir heute zumindest etwas aufklären.
Zunächst beginnen wir mit den beiden Grundregeln des deutschen Urlaubsrechts:
- Der Urlaubsanspruch errechnet sich immer für das Kalenderjahr.
- Jeder Arbeitnehmer hat jedes Jahr Anspruch auf Urlaub, nur die Höhe kann variieren.
Diese beiden Regeln helfen, einige der häufigeren Fehler zu vermeiden.
Voll- oder Teilurlaub?
Die letzte Regel führt zur grundsätzlichen Unterscheidung bei der Höhe des Urlaubsanspruchs: Er gibt Voll- und Teilurlaub. Ersteres bedeutet, dass man den Urlaub in seiner kompletten Höhe bekommt, letzteres, dass die Dauer des Urlaubs verkürzt wird. Teilurlaub bekommt man gemäß § 5 BUrlG dann, wenn man in einem Kalenderjahr weniger als sechs Monate gearbeitet hat. In allen anderen Fällen hat man für das Jahr vollen Urlaubsanspruch.
Der volle Urlaubsanspruch bedeutet mindestens 24 Arbeitstage pro Jahr, gerechnet auf eine Sechs-Tage-Woche. Man hat also immer vier Wochen Urlaub pro Jahr (§ 3 BUrlG), was bei einer Fünf-Tage-Woche dann eben 20 Arbeitstage sind.
Beim Teilurlaub verringert sich der Urlaubsanspruch entsprechend der Zahl der vollen Arbeitsmonate in diesem Jahr. Wer also vier Monate gearbeitet hat, bekommt nur ein Drittel des Urlaubsanspruchs, also 8 Arbeitstage bei einer Sechs-Tage-Woche und 6,67 Arbeitstage bei einer Fünf-Tage-Woche.
Kriterium: Mehr als sechs Monate Arbeit im Jahr
Die Frage, ob man Voll- oder Teilurlaub bekommt, richtet sich allein danach, ob man voraussichtlich in diesem Kalenderjahr mehr als sechs Monate arbeiten wird. § 5 Abs. 1 BUrlG ist zwar erheblich komplizierter formuliert und nennt drei unterschiedliche Fallkonstellationen, tatsächlich bedeutet das Anknüpfen an die „Wartezeit“ aber in allen drei Fällen, dass man in diesem Jahr mehr als sechs Monate gearbeitet haben muss.
Erhebliche Probleme bereits häufig die Einordnung der Wartezeit gemäß § 4 BUrlG:
Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.
Entgegen der missverständlichen Formulierung hat man auch vorher schon einen Urlaubsanspruch. Auch beurteilt sich die Frage, ob man Voll- oder Teilurlaub bekommt, nicht unmittelbar danach, ob man noch in der Wartezeit ist, sondern nur, ob sie bis zum Ende des Jahres oder des Arbeitsverhältnisses erfüllt sein wird. Und schließlich bedeutet die Wartefrist auch nicht, dass man während der ersten sechs Monate im Arbeitsverhältnis keinen Urlaub nehmen könnte.
Beispiele:
Unbefristetes Arbeitsverhältnis beginnt am 1. Januar 2016
Es besteht ein Anspruch auf Vollurlaub ab dem ersten Arbeitstag, da das Arbeitsverhältnis voraussichtlich das gesamte Jahr 2016 andauern wird.
Unbefristetes Arbeitsverhältnis beginnt am 1. Oktober 2016
Für 2016 besteht ab dem ersten Arbeitstag nur ein Anspruch auf Teilurlaub für drei Monate, also ein Viertel des Jahresanspruchs, denn die sechs Monate Mindestdauer für den Vollurlaub können 2016 nicht mehr erreicht werden.
Für 2017 besteht dagegen ab dem ersten Arbeitstag ein Anspruch auf Vollurlaub.
Arbeitsverhältnis wurde am 1. Oktober 2016 geschlossen, Kündigung erfolgt zum 30. April 2017
Für 2016 Teilurlaub von einem Viertel, wie oben.
Für 2017 Teilurlaub von einem Drittel, da hier nur vier Monate gearbeitet werden. Dass Ende März die Wartezeit für den Vollurlaub erfüllt wäre, ist irrelevant, da der Urlaub (siehe erste Grundregel)immer auf das Jahr bezogen betrachtet werden muss.
Befristetes Arbeitsverhältnis vom 1. Mai 2016 bis zum 31. August 2016
Es besteht nur ein Anspruch auf Teilurlaub für vier Monate, da bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses keine sechs Monate Arbeit gelestet wurden.
Befristetes Arbeitsverhältnis vom 1. März 2016 bis zum 30. September 2016
Es besteht Anspruch auf Vollurlaub für das gesamte Jahr, da bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses sieben Monate Arbeit im Jahr 2016 geleistet werden.
Befristetes Arbeitsverhältnis vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. Juli 2017
Für 2016 Teilurlaub von einem Viertel.
Für 2017 besteht Anspruch auf Vollurlaub, da sieben Monate Arbeit geleistet werden.
Damit hat der Arbeitnehmer also Anspruch auf Urlaub für eineinviertel Jahre, obwohl er nur zehn Monate gearbeitet hat.
Auswirkungen auf ein neues Arbeitsverhältnis
In unserem letzten Beispiel hat der Arbeitnehmer bereits des Vollurlaub für das Jahr 2017 bekommen, obwohl er nur bis Ende Juli gearbeitet hat. Würde er ab 1. August 2017 sofort in ein neues Arbeitsverhältnis wechseln, hätte er in diesem Anspruch auf Teilurlaub für fünf Monate, also für insgesamt 17 Monate in diesem Jahr.
Um dies zu verhindern, sieht § 6 Abs. 1 BUrlG eine Verrechnung der Urlaubsansprüche vor. Soweit er bereits den Urlaub genommen hat, kann der Arbeitnehmer keinen zusätzlichen Urlaub mehr bekommen. Hat er also die 24 Urlaubstage schon verbraucht, hat er im neuen Arbeitsverhältnis für 2017 keinen Urlaub mehr, hat er nur 20 Tage genommen, verbleiben ihm noch 4.
Daher muss der alte Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch eine Urlaubsbescheinigung ausstellen (§ 6 Abs. 2 BUrlG), die sich der neue Arbeitgeber dann regelmäßig vorlegen lassen wird.
Korrektur von zu viel genommenem Urlaub
Nun kann es auch passieren, dass der Arbeitnehmer mehr Urlaub bekommen hat als ihm rückblickend tatsächlich zusteht. Gingen Arbeitgeber und Arbeitnehmer davon aus, dass das Arbeitsverhältnis das ganze Jahr dauern wird, kann der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub auch schon im Frühjahr nehmen. Wird dann überraschend gekündigt, muss dies in irgendeiner Form rückabgewickelt werden.
Dabei ist zu unterscheiden:
- Endet das Arbeitsverhältnis unerwartet, nachdem der Arbeitnehmer bereits sechs Monate in diesem Jahr gearbeitet hat, ist das für den Urlaubsanspruch unerheblich. Denn er hat dann Recht auf Vollurlaub für das Jahr und damit keinen Tag zuviel bekommen – auch dann, wenn er wider Erwarten bspw. nur sieben statt zwölf Monate gearbeitet hat.
- Endet es dagegen vor diesen sechs Monaten, bestand nur ein Anspruch auf Teilurlaub, gewährt wurde dagegen Vollurlaub. Der Arbeitnehmer hat also für einige Tage Lohn („Urlaubsentgelt“) bekommen, obwohl er nicht gearbeitet hat.
Im letzteren Fall ist das Urlaubsentgelt zurückzuerstatten. Hierfür gibt es keine besondere Regelung im Arbeitsrecht, sondern die allgemeine Rückforderungsnorm des § 812 Abs. 1 BGB greift. Danach kann man etwas zurückfordern, das man ohne Rechtsgrund geleistet hat. Und ein Rechtsgrund bestand hier eben gerade nicht.
Das Bundesurlaubsgesetz schränkt diese Rückforderung allerdings nochmal erheblich ein. § 5 Abs. 3 schließt den Rückforderungsanspruch aus, wenn sich der Urlaubsanspruch nur deshalb vermindert hat, weil das Arbeitsverhältnis in der ersten Jahreshälfte geendet hat.
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