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    Categories: Verwaltungsrecht

Grundzüge des Sicherheitsrechts

Das Sicherheitsrecht ergänzt im Wesentlichen das Polizeirecht und hat die gleiche Zielrichtung, nämlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung. Im Gegensatz zum Polizeirecht werden die Sicherheitsbehörden aber dann tätig, wenn kein sofortiges Einschreiten notwendig ist. Die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden wird nicht durch das Polizeiaufgabengesetz festgelegt, sondern durch das Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG), das mit vollständigem sperrigen Namen „Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ heißt.

Sicherheitsbehörden sind gemäß Art. 6 LStVG die Gemeinden, die Landratsämter als Staatsbehörden, die Regierungen und das Innenministerium. Dabei gibt es weder eine Hierarchie im Sinne einer Weisungsbefugnis noch einen Zuständigkeitsvorrang der einen Behörde gegenüber der anderen. Allerdings wird die Zuständigkeitsnorm des Art. 44 LStVG, wonach grundsätzlich die unterste Ebene zuständig ist, als Rechtsgedanke angewandt. Zugleich bedeutet ein Verstoß gegen diesen Subsiaritätsgrundsatz aber nicht die Rechtswidrigkeit der Maßnahme.

Die Befugnisnormen des LStVG verteilen sich im Wesentlichen auf die Art. 12 bis 41, von denen jedoch relativ viele Artikel mittlerweile aufgehoben wurden. Es handelt sich dabei weniger um allgemeine Maßnahmen wie im PAG, die bei praktisch allen Arten von Gefahren angewandt werden dürfen, sondern es werden vielmehr Situationen und Gefahrenquellen beschrieben, in deren Rahmen die Sicherheitsbehörden handeln dürfen, bspw. die Bekämpfung wilder Tauben (Art. 16), Menschenansammlungen (Art. 23), Badegewässer bzw. Eisflächen auf diesen (Art. 27), Kampfhunde (Art. 37) u.ä.

Dabei gibt es keine derart spezifischen Handlungsformen wie im Polizeirecht, sondern im Wesentlichen nur zwei Arten von Maßnahmen: Verordnungen, die als Rechtsnorm für alle Personen gelten, und Anordnungen für den Einzelfall, die nur gegen den jeweiligen Adressaten gelten. Ob eine Verordnung oder eine Anordnung (oder beides) zulässig ist, ergibt sich dabei aus den jeweiligen Befugnisnormen.

Für Einzelfallanordnungen gibt es zudem noch die eingeschränkte Generalklausel des Art. 7 Abs. 2, die unter bestimmten Voraussetzungen (Verhütung, Unterbindung und Beseitigung rechtswidriger Taten; Abwehr schwerwiegender Gefahren) ein Einschreiten erlaubt. Diese kann aber nur herangezogen werden, wenn es keine speziellere Rechtsgrundlage gibt. Sofern eine andere Rechtsgrundlage abschließend einen bestimmten Sachverhalt regelt, darf die Generalklausel nicht ergänzend herangezogen werden.

Die Überprüfung sicherheitsrechtlicher Verordnungen

Die Verordnungen nach dem LStVG werden nach den allgemeinen Vorschriften der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung bzw. der Bezirksordnung erlassen. Zuständig ist gemäß Art. 42 Abs. 1 LStVG das jeweiligen Kommunalparlament, nur ausnahmsweise der Bürgermeister/Landrat/Bezirkstagspräsident (Abs. 2).

Zur Anfechtung von Verordnungen steht zunächst die allgemeine prinzipale Normenkontrolle (§ 47 VwGO) vor den Verwaltungsgerichtshof zur Verfügung. Die Antragsbefugnis (Abs. 2 Satz 1) ist gegeben, wenn eine eigene Rechtsverletzung des Antragstellers schon geschehen ist oder absehbar bevorsteht. Prüfungsmaßstab (Abs. 3) ist übergeordnetes Recht einschließlich der Grundrechte des Grundgesetzes, nicht jedoch die Grundrechte (nur) der Bayerischen Verfassung. Der Antrag ist begründet, wenn ein Verstoß gegen höherrangiges Recht vorliegt, unabhängig davon, ob die Schutzrichtung dieser Rechtsnormen gerade den Antragsteller schützen soll.

Die Popularklage gemäß Art. 55 VerfGHG ist dagegen eine bayerische Besonderheit. Ihr Prüfungsmaßstab ist die gesamte Bayerische Verfassung einschließlich der Grundrechte. Die Klage ist begründet, wenn ein objektiver Verstoß gegen die Bayerische Verfassung vorliegt.

Im Übrigen werden Verordnungen auch inzident geprüft, wenn eine Einzelfallmaßnahme auf sie gestützt wird.

Eine Tatmaßnahme gemäß Art. 7 Abs. 3 LStVG entspricht der unmittelbaren Ausführung einer Handlung, deren Anordnung nicht erfolgversprechend ist. Im Gegensatz zu Art. 9 Abs. 1 PAG ist es aber nicht relevant, ob die Ausführung dem Willen des Betroffenen entspricht. Ob es sich dabei um einen Realakt oder um einen VA handelt, ist bisher ungeklärt.

Hinsichtlich der Sekundärmaßnahmen und der Kostenfolgen gilt das zum Polizeirecht gesagte. Allerdings richtet sich die Vollstreckung hier nach dem VwZVG, da das LStVG keine eigenen Vollstreckungsregelungen bereithält.

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