Ein Osnabrücker Professor hat beantragt, den FC Bayern München aufzulösen – so die Berichterstattung vieler Medien. Und da im Fußball schnell die Emotionen regieren, fanden diese Berichte ein enormes Echo. Aber was steckt wirklich dahinter? Und wie groß sind die Chancen, dass der FC Bayern tatsächlich gelöscht wird? Und wer wird dann Deutscher Meister?
Will der Professor die Löschung des FC Bayern betreiben?
Prof. Lars Leuschner ist selbst Fan des FC Bayern. Daher geht es ihm, wie er klarstellt, nicht darum, die Löschung wirklich durchzusetzen. Er will vielmehr, dass das zuständige Amtsgericht München, das als Registergericht auch für die Verwaltung der Vereine zuständig ist, die Löschung ablehnt und damit die aus seiner Sicht momentan unklare Rechtslage bestätigt.
Besteht bisher die Gefahr, dass der FC Bayern gelöscht wird?
Nein, bisher hat niemand irgendwelche Schritte angestoßen, die Löschung des FC Bayern München aus dem Vereinsregister zu bewirken. Auch das Amtsgericht selbst ist nicht tätig geworden. Insofern ist die Initiative von Prof. Leuschner auch etwas merkwürdig, da sie die Bayern aus einer Zwickmühle befreien soll, in der sie sich gar nicht befinden. Dass manche Sportinteressierte und Juristen die Frage stellen, ob Milliardenunternehmen wie Fußballprofimannschaften noch einen echten Verein darstellen, war bislang ohne Bedeutung.
Erlaubt § 21 BGB tatsächlich die Löschung des Vereins?
Nicht ganz. § 21 BGB lautet lediglich:
Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts.
Vom Entzug dieser Rechtsfähigkeit steht nichts im BGB. Früher gab es noch § 43 Abs. 2 BGB, der den Entzug der Rechtsfähigkeit eingetragener Vereine regelte; mittlerweile kümmert sich § 43 aber nur noch um die sog. Wirtschaftsvereine, die es kaum gibt und zu denen der FC Bayern gerade nicht gehört.
Anstelle dieses alten Entzug der Rechtsfähigkeit durch die Verwaltungsbehörden ist jetzt das Verfahren der Löschung aus dem Register durch das Amtsgericht selbst getreten. Denn wenn ein eingetragener Verein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, könnte er gemäß § 21 BGB nicht mehr eingetragen werden. Eine bereits erfolgte Eintragung wird somit nachträglich unrechtmäßig. Und die Löschung einer solchen unrechtmäßigen Eintragung kann das Amtsgericht gemäß § 395 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) selbst vornehmen. Daher hat der Professor auch richtigerweise keinen Antrag gestellt, sondern ein Tätigwerden des Amtsgerichts lediglich angeregt.
Wie ist der FC Bayern aufgebaut?
Der „Fußball-Club Bayern, München e. V.“ ist kein reiner Fußballverein, sondern ein normaler Sportverein, der zahlreiche Abteilungen besitzt, von denen die Fußballer nur eine darstellen. Die Profifußballabteilung ist selbst nicht mehr Teil des Kernvereins, sondern in die FC Bayern München AG ausgegliedert. An dieser Aktiengesellschaft ist der FC Bayern e.V. zu 75,01 % beteiligt, den Rest (mit jeweils 8,33 %) teilen sich Adidas, die Allianz und Audi.
Verstößt der FC Bayern damit gegen das Prinzip des Idealvereins?
Das ist die Frage. Dass ein Idealverein, also ein solcher, der gerade keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgt, Inhaber eines florierenden Aktienunternehmens ist, ist auf den ersten Blick schon problematisch. Andererseits ist der moderne Profifußball nunmal nur teilweise Sport, teilweise aber auch ein ganz normales Wirtschaftsunternehmen, zu dem die Entscheidungsfindungen einer Kapitalgesellschaft besser passen als die eines Vereins.
Wie wahrscheinlich ist eine Löschung?
Wohl eher unwahrscheinlich. Auch ein Amtsgericht wird nicht stur und stoisch die Buchstaben des Gesetzes anwenden, egal, welche Auswirkungen es hat. Denkbar ist, dass das Gericht zunächst einige Hinweise gibt, die der FC Bayern dann umsetzen muss. Dass sofort eine Löschung erfolgt, ist kaum denkbar.
Zum anderen war dem Amtsgericht ja bisher auch schon bekannt, was sich hinter dem Marke „FC Bayern München“ so verbirgt, und hat trotzdem keinen Anlass für ein Einschreiten gesehen.
Welches Rechtsmittel gäbe es gegen eine Löschung?
§ 395 Abs. 3 verweist insoweit auf § 393 Abs. 3 FamFG. Der dortige Satz 2 eröffnet die Möglichkeit der Beschwerde gemäß § 58 FamFG. Dann muss sich das Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG) noch einmal mit der Sache beschäftigen. In der Zwischenzeit besteht der Verein weiter.
Das Urteil des OLG ist dann aber normalerweise endgültig. Hiergegen gibt es das mit der Revision vergleichbare Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur, wenn das OLG selbst es zugelassen hat (§ 70 Abs. 1). Eine Nichtzulassungsbeschwerde wie in anderen Gerichtszweigen gibt es im FamFG ausdrücklich nicht.
Was würde eine Löschung bedeuten?
Die Löschung würde bedeuten, dass der FC Bayern München nicht mehr im Vereinsregister eingetragen wäre. An der Eintragung hängt aber die Rechtsfähigkeit, also der Status des Vereins als juristische Person. Als nicht eingetragener Verein kann er aber im Wesentlichen unverändert am Geschäftsleben teilhaben, allerdings gelten nicht mehr die praktischeren Vereinsregeln, sondern die der Gesellschaft (§ 54), die durch die Rechtsprechung aber weitestgehend dem eingetragenen Verein angeglichen ist. Es würde also zunächst durchaus weitergehen, allerdings mit gewissen Schwierigkeiten, die auf die Dauer sicher nicht praktikabel sind.
Auch, wenn am Ende des Verfahrens tatsächlich die Entfernung des FC Bayern aus dem Vereinsregister stünde, würde dies sicher nicht bedeuten, dass die Bundesliga plötzlich nur noch 17 Vereine und Borussia Dortmund auf einmal Chancen auf den Meistertitel hätte. Es würde sich sicher ganz, ganz schnell eine Lösung finden lassen. Zudem ist die Bundesligamannschaft ja gerade nicht mehr Teil des Vereins, sondern der Aktiengesellschaft. Bis eine Löschung des Vereins zu einer Liquidation der AG führt, würde viel Zeit ins Land gehen.
Außerdem wäre ja nicht nur der FC Bayern betroffen, sondern wohl so gut wie jede Bundesliga-Mannschaft.
Hat Prof. Leuschner gar keine Angst vor den Bayern-Fans?
Anscheinend nicht – allerdings ist es sicher kein Spaß, das E-Mail-Postfach des Lehrstuhls in den nächsten Tagen zu betreuen.
Aber allen eingefleischten Bayern-Fans sei gesagt: Herr Leuschner will genau das Gegenteil von dem, was sein Vorgehen eigentlich aussagt. Er will Rechtssicherheit für die Vereine, insbesondere für seinen FC Bayern. Und dass wir Juristen manchmal seltsame Wege wählen, um an unsere Ziele zu kommen, ist doch nichts Neues.