Vor einiger Zeit war ein Mandant in einer arbeitsrechtlichen Sache in meiner Kanzlei (alle weiteren Angaben wurden leicht abgeändert, um jede Identifikation der Person zu verhindern). Er hatte nach sieben Jahren in einem Abfallentsorgungsbetrieb die Kündigung bekommen. Im Kündigungsschreiben stand kein Kündigungsgrund. Das ist ohne Zweifel zulässig, spätestens im Prozess müssen dann aber die Gründe dargelegt werden.
Gegen eine Kündigung muss man als Arbeitnehmer klagen. Es reicht also nicht, wenn man der Kündigungserklärung schriftlich widerspricht o.ä., man muss vielmehr das Gericht einschalten. Die Sache wird dann vor dem Arbeitsgericht verhandelt und dieses entscheidet, ob die Kündigungsgründe tragfähig sind. Zumindest in Betrieben mit mehr als zehn Vollzeit-Arbeitnehmern (§ 23 des Kündigungsschutzgesetzes) bedarf die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, also einer nachvollziehbaren Begründung.
Drei-Wochen-Frist nach Kündigung darf nicht versäumt werden
Allerdings muss diese Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugangs der Kündigung erfolgen (§ 4 KSchG). Wird die Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, egal wie falsch sie eigentlich sein mag. Der Grund dieser kurzen Ausschlussfrist ist Rechtssicherheit – es soll schnell klar sein, ob das Arbeitsverhältnis nun weiter besteht oder nicht.
Den Arbeitnehmer darf keinerlei Verschulden treffen. Insbesondere ist Unkenntnis von der Frist oder von der Notwendigkeit einer Klage kein Entschuldigungsgrund. Vielmehr muss er nach Zugang einer Kündigung sofort zum Anwalt gehen.
Anforderungen für verspätete Klage sind sehr hoch
Das hat der Mandant aus meinem Eingangsfall aber nicht getan. Er hatte erhebliche private und gesundheitliche Probleme, die dazu führten, dass er den Alltag einigermaßen bewältigen konnte, alle außergewöhnlichen Dinge aber schlichtweg liegen blieben. Hierzu gehörten neben einigen Rechnungen und der Steuererklärung eben auch die Auseinandersetzung mit der Kündigung.
Und so war die Drei-Wochen-Frist überschritten, und zwar erheblich, nämlich um einige Monate. Was antwortet man einem Mandanten nun in dieser Sache?
Die Frage ist eben, ob eine nachträgliche Zulassung der Klage möglich ist. Die genannten hohen Anforderungen sind hier höchstwahrscheinlich nicht erfüllt. Jeder Einzelfall ist etwas anders, insofern gibt es keine absolut verallgemeinerbaren Maßstäbe. Man muss sich aber bspw. anschauen, dass es sogar bei einem Krankenhausaufenthalt für zumutbar erachtet wird, einen Verwandten oder Bekannten zu verständigen, der dann die Schritte in die Wege leitet.
Ende des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung üblich
Nun ist es aber so, dass die allermeisten arbeitsgerichtlichen Prozesse gar nicht durch Urteil enden, sondern durch Vergleich. Und so kann auch eine juristisch wenig aussichtsreiche Klage noch dazu führen, dass man zwar nicht seinen Arbeitsplatz behält, aber wenigstens noch eine Abfindung bekommt. Ganz häufig wird hier eine Abfindung von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr vereinbart. Wer also acht Jahre beschäftigt war, bekommt noch einmal vier Monatsgehälter zum Abschied, sofern er seine Kündigungsschutzklage nicht mehr weiter verfolgt.
Prozessrisiko besteht immer
Der Arbeitsgerichtsprozess beginnt zunächst mit einer Güteverhandlung. In dieser geht es kaum um Paragraphen, sondern ganz besonders um die Möglichkeit einer Einigung. Hier machte der Richter keinen Hehl daraus, dass er der nachträglichen Zulassung der Klage – nach natürlich nur vorläufiger, aber rechtlich durchaus fundierter Einschätzung – kaum eine Chance einräumte.
Trotzdem trägt aber auch der beklagte Arbeitgeber ein gewisses Risiko. Vielleicht sieht das mit drei Richtern besetzte Gericht die Sache ja anders als der Vorsitzende alleine. Oder es folgt noch ein neuer Vortrag, der dann ein etwas anderes Licht auf den Fall wirft. Oder es bestehen doch noch andere Ansprüche, die man in einer separaten Klage geltend machen könnte.
Nach kurzer Diskussion willigten schließlich alle Beteiligten ein, dass man die Sache schnell und rechtssicher zu Ende bringen wollte. Auf Vorschlag des Gerichts wurde schließlich eine Abfindung von 3000 Euro vereinbart. Das ist weniger als bei einer rechtzeitigen Klageerhebung herausgekommen wäre, aber mehr als höchstwahrscheinlich bei einem Durchstreiten des Verfahrens noch zu erhoffen war.
Abfindungen sind im Gehalt einkalkuliert
Davon abgesehen ist diese Art der Abwicklung auch schon „eingepreist“. Das hohe Beschäftigungsschutzniveau in Deutschland fällt natürlich nicht vom Himmel. Ein Arbeitgeber weiß, dass es für ihn nicht ganz billig ist, Arbeitnehmer wieder loszuwerden. In den Kosten, mit denen er kalkuliert, ist auch ein gewisser Anteil für Abfindungen eingerechnet. Gäbe es diesen ganzen Zirkus um Kündigungsschutzklagen und anschließende Vergleiche nicht, wären die Löhne höher. Daher gibt es auch keinen Grund, darauf zu verzichten.
Eine Klage rentiert sich daher fast immer, mal mehr und mal weniger. Die konkreten Aussichten kann der Rechtsanwalt im Rahmen eines kostengünstigen Erstberatungsgesprächs aufklären.
Mehr zu dieser Thematik finden Sie auf www.arbeitsrecht-faq.de. Der Autor, Thomas Hummel, ist auch Rechtsanwalt mit Interessenschwerpunkt Arbeitsrecht in München-Pasing tätig.