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Anwälte wollen „lebenslänglich“ abschaffen

Ca. 700 Strafverteidiger aus ganz Deutschland haben sich in der „Bremer Erklärung“ unter anderem für die Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesprochen. Diese Meldung hat für einigen Furor gesorgt, teilweise so, als wäre das bereits beschlossene Sache.

Lebenslange Freiheitsstrafe ist umstritten

Tatsächlich die Diskussion um „lebenslänglich“ geradezu ein Dauerbrenner. Sie war schon Gegenstand zahlreicher BGH-Entscheidungen und Verfassungsbeschwerden. Durch eine Bundesverfassungsgerichtsentscheidung hat das StGB insoweit seine heutige Form bekommen.

Das grundlegende Gegenargument ist natürlich, dass es unmenschlich ist, jemanden sein Leben lang einzusperren und ihm keinerlei Zukunftsperspektive mehr zu geben. Die würde sowohl die Menschenwürde als auch das Übermaßverbot für staatliche Sanktionen berühren.

Außerdem wären solche Gefangenen, rein pragmatisch gesehen, gefährlich. Wer ohnehin nicht mehr rauskommt, hat nichts mehr zu verlieren. Er hat keinen Anlass, sich in der Haft kooperativ zu zeigen oder auf andere Rücksicht zu nehmen. Ihm kann auch nicht mehr viel passieren, wenn er Mitgefangene oder Wärter angreift.

Vorzeitige Entlassung ist die Regel

Darum ist lebenslänglich aber auch nicht automatisch lebenslänglich. Zum einen kann jede verhängte Strafe im Wege des Gnadenrechts verkürzt werden. Zum anderen sieht das Strafgesetzbuch auch bei lebenslangen Freiheitsstrafen die Möglichkeit der vorzeitigen Strafaussetzung zur Bewährung nach mindestens 15 Jahren vor.

Nicht ganz richtig ist zwar die teilweise geäußerte Einschätzung, lebenslänglich bedeute tatsächlich nur 15 Jahre. Zwar sieht § 57a StGB nun die Strafaussetzung als Regelfall vor. Dies ist aber trotzdem noch abhängig von Tat und Täter und längst nicht jeder Verurteilte wird sofort nach 15 Jahren freigelassen. Wird die „besondere Schwere der Schuld“ festgestellt, ist eine Entlassung auch bei im Übrigen besten Voraussetzungen normalerweise erst nach ca. 18 Jahren zu erwarten. Es gibt auch Verurteilte, die deutlich über 20 Jahre sitzen – es kommt einfach auf den Einzelfall an.

Großer Unterschied zu zeitlich begrenzter Freiheitsstrafe

Bei einer nicht-lebenslangen, also zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe ist das Maximum des Strafausspruchs 15 Jahre, es gibt also bspw. keine 20 Jahre Freiheitsstrafe im deutschen Recht. Die Entlassung aus einer 15-jährigen Strafe ist nach der Hälfte möglich, nach zwei Dritteln üblich – das sind dann also 7 1/2 bzw. 10 Jahre. Der Unterschied zur Entlassungsperspektive bei lebenslanger Freiheitsstrafe ist also ganz erheblich.

Gleichzeitig muss man auch eines bedenken: Lebenslänglich ist wirklich nur für die allerschwersten Straftaten vorgesehen. Die weit überwiegende Zahl der Verurteilten sitzt wegen Mordes, einige wenige wegen Raub- oder Sexualdelikten mit nicht beabsichtiger Todesfolge.

Geringe Aussicht auf baldige Umsetzung

Dass es eine Mehrheit unter den Abgeordneten oder gar unter den Wählern gibt, die für diese Verbrechen die lebenslange Freiheitsstrafe abschaffen wollen, erscheint recht fernliegend – zumal eben die Entlassung auch bei der maximalen nicht-lebenslangen Freiheitsstrafe relativ bald möglich ist.

Man sollte diesen Appell einfach so sehen, wie er gedacht war: Er ist ein Beitrag zur juristischen Diskussion. Kein übermäßig bedeutsamer Beitrag und auch inhaltlich kein besonders neuer. Und von einer Realisierung ist so bald nicht auszugehen.

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