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    Categories: Verwaltungsrecht

Einführung ins Immissionsschutzrecht (IV) – Genehmigung, Teil 2

Kann das Baurecht einen höheren Schutz vor Einwirkungen vermitteln als das Immissionsschutzrecht?

Nein, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG formuliert eine spezielle Ausformung des Rücksichtnahmegebots. Ist danach eine Einwirkung zu dulden, so gilt dies auch für das Baurecht.

Welche Schutzrichtung hat das Vorsorgegebot (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2)?

Das Vorsorgegebot stellt auf die potentielle Schädlichkeit von Immissionen ab. Die Eingriffsschwelle ist damit deutlich niedriger. Zudem rücken auch die Emissionen in den Vordergrund.

Erlaubt das Vorsorgegebot auch Eingriffe unterhalb der Grenzwerte?

Ja, sofern diese verhältnismäßig sind, also der wirtschaftliche und technische Aufwand nicht überproportional zum erreichten Umweltvorteil stehen.

Gelten die Nachsorgepflichten (§ 5 Abs. 3) auch für illegal betriebene Anlagen?

Ja, alle Anlagen i.S.d. BImSchG können Adressaten entsprechender Pflichten sein, erst recht illegale.

Wer ist Adressat der Nachsorgepflichten?

Grundsätzlich ist Adressat der derzeitige Anlagenbetreiber. Die mit der Betriebseinstellung verbundenen Vorsorgemaßnahmen treffen den jeweils letzten Betreiber. Dieser ist für den zum Zeitpunkt der Stilllegung bestehenden Zustand verantwortlich.

Wann gilt der Betrieb als eingestellt?

Regelmäßig dann, wenn keine Handlungen mehr vorgenommen werden, die dem Zweck des Betriebs dienen, und eine Wiederaufnahme des Betriebs nicht zu erwarten ist. Dies gilt jedenfalls drei Jahre nach der faktischen Einstellung, weil dann die Genehmigung erlischt (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG).

Ist das Vorsorgegebot verfassungsgemäß?

Ja, da es sich nur um einen Fall der unechten Rückwirkung handelt. Es wird an den bestehenden Tatbestand (Betrieb einer Anlage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens 1990) angeknüpft, allerdings werden bereits stillgelegte Altanlagen nicht erfasst. Daher rechtfertigt das staatliche Umweltschutzbemühen diesen Eingriff.

Ist eine genehmigungsbedürftige Anlage (§ 4 Abs. 1 BImSchG) immer auch ein erheblich belästigender Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 1 BauNVO)?

Nein, diese Begriffe sind nicht deckungsgleich zu verwenden. § 15 Abs. 3 BauNVO verbietet gerade ein derart automatisches Abstellen auf immissionsschutzrechtliche Kategorien.

Vielmehr ist auf den Grund der immissionsschutzrechtlichen Einordnung und das daraus resultierende konkret beeinträchtigende Störungspotential abzustellen.

Sind auch die von der Konzentrationswirkung nicht umfassten Rechtsvorschriften im Genehmigungsverfahren zu prüfen?

Dies ist strittig. Insofern ist es wohl zulässig, nur offensichtlich unüberwindbare Hürden für die Genehmigung heranzuziehen und im Übrigen auf die Notwendigkeit weitere Genehmigungen zu verweisen.

Muss die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde das Bauordnungsrecht voll prüfen?

Dies ist strittig. Grundsätzlich ist es so, dass im bayerischen Baurecht (Art. 59 BayBO) das Bauordnungsrecht nur noch eingeschränkt zu prüfen ist. Ob dies dann aber auch für im Immissionsschutzrecht gilt, ist noch fraglich.

Hiergegen spricht zunächst, dass Art. 59 eine Landesnorm ist, die den Bundesgesetzgeber nicht binden kann. Zudem wird das baurechtliche Verfahren durch die Konzentrationswirklich des Immissionsschutzrechts gerade verdrängt.

Andererseits ist es nicht der Sinn der Konzentrationswirkung, das Prüfprogramm gegenüber der reinen baurechtlichen Genehmigung zu vergrößern. Auch mit der Vereinfachungsfunktion des § 13 BImSchG wäre dies kaum zu vereinbaren.

Was ist eine Rahmengenehmigung?

Die Rahmengenehmigung des § 6 Abs. 2 BImSchG erlaubt eine Anlage, die unterschiedlichen Zwecken dient, vom Grundsatz her. Der Betreiber braucht also nicht laufend neue Genehmigungen. Er hat lediglich eine erstmalige neue Betriebsweise der Behörde mitzuteilen (§ 12 Abs. 2b).

Nach welchen Vorschriften bestimmt sich die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit einer Anlage?

Im Wesentlichen kommen gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG folgende Vorschriften in Betracht:
§ 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (allgemeine immissionsschutzrechtliche Grundsätze)
§ 5 Abs. 3 BImSchG (Pflichten im Hinblick auf die Betriebseinstellung)
§ 7 BImSchG i.V.m. Verordnungen (insb. 12. und 13. BImSchV)
§§ 29 ff. BauGB

Was ist der Unterscheid zwischen förmlichem (§ 10) und vereinfachtem (§ 19) Verfahren?

Der wesentliche Unterschied ist das Unterbleiben der Bürgerbeteiligung im vereinfachten Verfahren.

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