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Das Protektorat der Mehrheit

Ich habe immer gefunden, dass der schönere Begriff von Demokratie nicht „Herrschaft der Mehrheit“ wäre, sondern „Schutz der Minderheit unter dem Protektorat der Mehrheit.“

Dieses Zitat von Roger Willemsen wurde anscheinend durch eine glückliche Fügung des Schicksals wiederentdeckt und wird derzeit in den sozialen Medien rauf und runter geteilt. Es klingt sehr intellektuell, nachdenklich und tiefgründig – wie sein Urheber selbst. Es entspricht auch dem Gedanken einer harmonischen Gesellschaft, wie sie die politische Linke, der Willemsen durchaus Sympathie entgegenbrachte, vorgeblich unterstützt.

Dahinter verbirgt sich aber eine durchaus gefährliche Vorstellung. Ein Protektorat ist immer eine wacklige Sache. Was die Mehrheit heute noch protegieren mag, wird sie morgen vielleicht schon ausgrenzen oder gar bekämpfen.

Die Minderheit macht sich auf diese Weise zum Untertanen der Mehrheit. Die Mehrheit ist vielleicht heute noch wohlwollend, aber wie sich die Mehrheit morgen zusammensetzt und was sie dann will, kann niemand wirklich sagen.

Mehrheiten sind als demokratisches Prinzip eine naheliegende Sache, aber sie sind auch gefährlich. Die Mehrheit ist eine rein zahlenmäßige Frage, sie begründet aber nicht die Richtigkeit einer bestimmten Sache oder ist überhaupt auch nur ein Argument für oder gegen eine Entscheidung.

Was Minderheiten wirklich schützt, sind robuste, eigene, subjektive Rechte, die diese Minderheit selbst wahrnehmen kann. Gegen den Staat und gegen jede Mehrheit.

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