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Postboten als Aushilfssheriffs?

Der Postler als verlängerter Arm der Staatsanwaltschaft? Ganz so ist es nicht.
Das Postgesetz wird bald überarbeitet, ein entsprechender Gesetzesentwurf liegt vor. Eine Vorschrift daraus hat nun besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gefunden. Angeblich sollen Briefträger und Paketboten künftig das Recht bekommen, alle Pakete, die ihnen verdächtig vorkommen, zu öffnen und den Inhalt zu kontrollieren.

Der Focus fasst dies in der Überschrift „Jeder Postbote darf jetzt Pakete öffnen, wenn er Drogen oder Waffen darin vermutet“ zusammen. Vor unserem geistigen Auge taucht das Bild eines Postmitarbeiters auf, der ein Paket kritisch mustert, vielleicht sachte schüttelt und sich dann denkt „Da könnte doch ein Revolver drin sein, das mach ich mal lieber auf“.

Das wäre ein erheblicher Eingriff in das Briefgeheimnis, das als Teil des Post- und Fernmeldegeheimnisses Verfassungsrang besitzt. Kann das sein?

Diese Änderungen stammen aus dem „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Strafverfolgung hinsichtlich des Handels mit inkriminierten Gütern unter Nutzung von Postdienstleistern“, der derzeit als Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses des Bundestags vorliegt.

In das Postgesetz wird ein § 39 Abs. 4a eingefügt, der folgenden Inhalt bekommen soll:

Ein nach Absatz 2 Verpflichteter hat der zuständigen Strafverfolgungsbehörde eine Postsendung, über deren Inhalt er sich nach Absatz 4 Satz 1 Kenntnis verschafft hat, unverzüglich zur Nachprüfung vorzulegen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Postsendung eine strafbare Handlung nach
(hier folgt eine lange Liste von Straftaten)
in der jeweils geltenden Fassung begangen wird.

Diese Vorschrift erschließt sich nur, wenn man die anderen Absatz anschaut, auf die verwiesen wird: Ein nach § 39 Abs. 2 Verpflichteter ist ein Postdienstleister und seine Mitarbeiter. Der ist dazu verpflichtet, das Postgeheimnis zu wahren, also keine fremden Briefe zu lesen, keine fremden Pakete zu öffnen usw. Das wiederum ist in Abs. 3 der Vorschrift näher ausgeführt.

§ 39 Abs. 4 schränkt diese Verbote dann aber wieder ein, wenn bestimmte wichtige Gründe dafür bestehen:

Die Verbote des Absatzes 3 gelten nicht, soweit die dort bezeichneten Handlungen erforderlich sind, um
1. bei entgeltbegünstigten Postsendungen das Vorliegen tariflicher Voraussetzungen zu prüfen,
2. den Inhalt beschädigter Postsendungen zu sichern,
3. den auf anderem Weg nicht feststellbaren Empfänger oder Absender einer unanbringlichen Postsendung zu ermitteln,
4. körperliche Gefahren abzuwenden, die von einer Postsendung für Personen und Sachen ausgehen.

Waffen, Drogen oder doch nur ein Paar neue Hausschuhe?
Wenn man also einen bestimmten Portorabatt (z.B. Warensendung) in Anspruch nimmt, darf nachgeschaut werden, ob die Voraussetzungen vorliegen. Ist der Karton schon halb offen, darf die Post ihn ganz aufmachen und die Waren nochmal richtig verpacken. Ist die Adresse unleserlich, darf der Brief geöffnet und der Empfänger so eruiert werden. Es handelt sich dabei also nicht um strafrechtliche Anlässe, sondern nur um solche des Postbetriebs.

Das ist die bisherige Rechtslage, das dürfen Postmitarbeiter auch jetzt schon, daran ändert sich gar nichts.

Neu ist aber eben der erwähnte Absatz 4a. Dieser sagt, was der Mitarbeiter dann tun muss, wenn er beim Öffnen des Pakets etwas Verdächtiges entdeckt: Er muss es der Polizei oder der Staatsanwaltschaft mitteilen.

Also:

  • § 39 Abs. 2 und 3 des Postgesetzes verbieten es den Postmitarbeitern, Postsendungen einfach zu öffnen.
  • § 39 Abs. 4 erlaubt es ihnen, Postsendungen in bestimmten Fällen doch zu öffnen.
  • § 39 Abs. 4a verpflichtet sie, eine Anzeige zu erstatten, wenn sie dabei zufällig sehen, dass hier etwas Verbotenes verschickt wird.

Das bedeutet aber nicht, dass der Postbote Pakete öffnen darf, nur weil er den höchst theoretischen Verdacht hat, dass hier eine Straftat auf dem Postweg begangen wird. Es muss weiterhin eine in Abs. 4 geregelte Ausnahme vorliegen, dass das Paket überhaupt geöffnet wird.

Denkbar ist aber, dass die Post diese Neuregelung, die bei einem Verstoß möglicherweise (hier ist man sich noch uneinig) ein Bußgeld nach sich ziehen wird, zum Anlass nimmt, Pakete eher zu öffnen, um ihrer neuen Pflicht auch gewissenhaft nachzukommen. Das Gesetz gibt das eigentlich nicht her, aber es ist nicht ganz fernliegend, dass man hier einfach kein Risiko eingehen will.

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