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    Categories: Zivilrecht

Die Rechtsfähigkeit der GbR

Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, selbst Träger von Rechten und Pflichten im juristischen Bereich zu sein. Jeder Mensch („natürliche Person“) ist selbstverständlich rechtsfähig. Ebenso besitzen juristische Personen wie zum Beispiel eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH Rechtsfähigkeit – denn das ist ja gerade der Witz an diesen Rechtsformen, dass damit die Gesellschaft selbst im Rechtsverkehr handeln kann.

Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde das aber mehr als ein Jahrhundert lang anders gesehen. Die GbR wurde nicht als richtige Gesellschaft gesehen, sondern eher als ein gemeinsamer Name, unter dem die Beteiligten auftreten, aber doch Individuen bleiben. Stellt also beispielsweise die X-GbR, der die Gesellschaft A, B und C angehören, eine Rechnung an einen Kunden, so ist es im Grunde nicht die X-GbR selbst, die das Geld erhält, sondern es sind A, B und C, die das gemeinsam erhalten (und dann gegebenenfalls untereinander verteilen müssen, was aber dem Kunden egal sein kann).

So sieht § 718 BGB auch eine etwas seltsam anmutende Definition für das Vermögen der Gesellschaft vor:

Die (…) für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen).

Es handelt sich eben gerade nicht um Vermögen der Gesellschaft, sondern um solches der Gesellschafter. Die Gesellschaft kann kein Vermögen haben, denn sie existiert ja im Grunde gar nicht. Die Gesellschaft ist eine Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern, sei es nun im Rahmen eines umfangreichen schriftlichen Vertrags oder auch nur im Einvernehmen, irgendeinen gemeinsamen Zweck erreichen zu wollen.

Und so handelt auch kein Vorstand für die GbR, wie dies bei juristischen Personen der Fall ist. Vielmehr vertreten sich die Gesellschafter gegenseitig (§ 714 BGB). Wenn also der B für die X-GbR einen Vertrag mit einem Lieferanten schließt, so erklärt er: „Käufer werde ich selbst, außerdem aber auch noch A und C, als deren Vertreter ich handle.“

Von diesem Gesellschaftsbild hat sich die Realität aber immer weiter entfernt. Die GbR wurde immer mehr als eine „informelle“ Gesellschaft verstanden, die praktisch ist, weil sie ohne Aufwand gegründet werden kann und nirgends eingetragen werden muss, gleichzeitig aber auch keine Haftungsprivilegierung bedeutet, da die Gesellschafter mit ihrem kompletten Privatvermögen haften, da sie ja auch immer selbst Vertragspartner werden (siehe oben).

Das formelle Recht, vor allem das prozessuale, hat diese Transformation so aber nicht ganz mitgemacht. Es galt als allgemein anerkannt, dass man eine Klage stets gegen die hinter der Gesellschaft stehenden Personen richten musste. Zwar konnte man nur einzelne dieser Personen verklagen und diese so in persönliche Haftung nehmen. Wollte man aber auf das Vermögen der Gesellschaft zugreifen (das ja eigentlich kein Gesellschaftsvermögen, sondern Vermögen aller Gesellschafter zusammen war, siehe oben § 718 BGB), musste man gegen alle Gesellschafter klagen.

Hatte der Kläger auch nur einen Gesellschafter vergessen, war die Klage abzuweisen. Das galt selbstverständlich auch dann, wenn der Kläger gar nicht wusste, welche Gesellschafter es überhaupt gab. Oder wenn auf einmal ein neuer Gesellschafter eintrat – auf eine entsprechende Mitteilung hat der Kläger auch kein Recht.

Parallel dazu musste die GbR natürlich auch immer unter Einschluss aller Gesellschafter klagen, was freilich deutlich weniger kompliziert war, da die klagenden Gesellschafter natürlich in aller Regel wussten, wer ihre Kollegen waren.

Um vor allem den Personen, die einen Anspruch gegen die GbR hatten, dieses Problem abzunehmen, hat der BGH Anfang 2001 in einem vielbeachteten Urteil endlich die Parteifähigkeit der GbR anerkannt. Seitdem kann die Gesellschaft als Partei vor Gericht auftreten und ist somit auch der richtige Adressat für Klagen gegen sie.

Das hilft aber nicht nur den präsumptiven Gegnern der Gesellschaft, sondern auch dieser selbst: Sie ist nun zu einem viel verlässlicheren Partner im Rechtsverkehr geworden, denn man muss nicht mehr Angst haben, sein Geld in einem komplizierten und möglicherweise auch teuren Verfahren bei einer möglicherweise schwankenden Zahl von möglicherweise unbekannten Personen einzuklagen, sondern hat in der GbR selbst einen sicheren Ansprechpartner.

Und daher verwundert es nicht, dass diese BGH-Rechtsprechung – im Gegensatz zu vielen anderen Grundsatzurteilen – ohne Weiteres von der Rechtswissenschaft angenommen wurde und es weit und breit keine Ansätze gibt, diese wieder zu kippen. Bezeichnend ist freilich dennoch die lange Zeitspanne zwischen der erfolgten Transformation der GbR in der Praxis und der Anerkennung durch staatliche Institutionen.

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