Immer wieder geistern Berichte durch die Welt, die Tötung eines Tiers sei (nur) eine Sachbeschädigung. Dieser Artikel soll darstellen, inwieweit dies tatsächlich richtig ist, wie Tiere ansonsten geschützt werden und welche gesetzgeberische Wertung sich dahinter jeweils verbirgt.
Fall 1: Der Täter tötet den Hund seines Nachbarn.
Dies stellt zunächst wirklich die angesprochene Sachbeschädigung dar. Denn § 303 StGB sagt:
Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Tiere fallen erst recht unter den Schutz des Gesetzes
Auch ein Tier fällt nach praktisch unbestrittener Meinung in Literatur und Rechtsprechung unter den Begriff der „Sache“. Ob man nun auf einen rein strafrechtlichen Sachenbegriff abstellt, der nunmal sowohl Tiere als auch leblose Gegenstände umfasst, oder das BGB heranzieht, das in § 90a Satz 3 die für Sachen geltenden Vorschriften auch auf Tiere erstreckt, ist im Ergebnis unerheblich. Tiere sind Sachen im Sinne des § 303 StGB. Das ist auch sinnvoll, denn die Norm stellt ja einen Schutz gegen rechtswidrige Beschädigung dar – wenn schon Autos, Handys und Pflanzen geschützt werden sollen, dann Tiere doch erst recht.
Zudem handelt es sich um eine fremde Sache, da der Hund ja dem Nachbarn gehört.
Im Übrigen handelt der Täter vorsätzlich und – da keine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe vorliegen – auch rechtswidrig und schuldhaft. Damit ist er wegen Sachbeschädigung strafbar.
Tierschutzgesetz sorgt für zusätzlichen Schutz
Damit aber nicht genug. Denn es gibt noch einen § 17 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), der besagt:
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
2. einem Wirbeltier
a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
Dieser Paragraph, genauer gesagt Nr. 1 („Tötung eines Wirbeltiers“), ist zweifelsfrei erfüllt und zwar gleichzeitig mit der Sachbeschädigung. Das bedeutet, dass sogenannte Tateinheit gemäß § 52 StGB vorliegt (dieselbe Handlung verletzt mehrere Gesetze) und somit nur der Strafrahmen des schärferen Gesetzes, hier des § 17 TierSchG, zur Anwendung kommt. Dass der Täter daneben auch noch eine Sachbeschädigung begangen hat, wird in der Strafzumessung berücksichtigt, meist in sehr geringem Umfang.
Warum gibt es nun zwei Gesetze, die sich hier um dieselbe Tat kümmern? Dies liegt daran, dass diese Gesetze verschiedene Zielrichtungen abdecken sollen. Die Sachbeschädigung schützt das Eigentum eines Menschen gegen Zerstörung. Das Tierschutzgesetz dagegen schützt Tiere davor, grausam behandelt zu werden. Nur durch Anwendung beider Gesetze kann man den Unrechtsgehalt der Tat in allen Dimensionen erfassen. Dass das Tier nicht nur durch sein eigenes Tierschutzgesetz, sondern auch noch durch die Strafnorm der Sachbeschädigung geschützt wird, wertet es in keiner Weise ab.
Fall 2: Der Täter tötet seinen eigenen Hund.
Nach dem oben Gesagten ist dieser Fall ganz logisch zu lösen. Am tierschutzrechtlichen Verstoß ändert sich nichts, diese Strafbarkeit bleibt also bestehen. Allerdings handelt es sich um keine Sachbeschädigung mehr, da sich diese nur auf fremde (und gerade nicht auf eigene) Sachen bezieht.
Die Verurteilung erfolgt also nur aufgrund § 17 TierSchG aus dem gleichen Strafrahmen wie oben, allerdings könnte die Strafe etwas geringer ausfallen.
Fall 3: Der Täter tötet den Regenwurm seines Nachbarn.
Das TierSchG umfasst nur Wirbeltiere. Das sind Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische. Regenwürmer fallen also nicht darunter. Dementsprechend scheidet eine Strafbarkeit gemäß § 17 TierSchG aus, die Sachbeschädigung bleibt aber bestehen, weil auch ein Nicht-Wirbeltier eine Sache ist.
Der Täter wird also nur noch wegen Sachbeschädigung aus dem niedrigeren Strafrahmen bestraft.
Fall 4: Der Täter tötet seinen eigenen Regenwurm.
Hier gelten die strafausschließenden Gründe der Fälle 2 und 3 gleichzeitig: Keine Sachbeschädigung, da nicht fremd; keine Tierquälerei, da kein Wirbeltier.
Der Täter ist also straffrei. Das mag befremden, allerdings sollte man sich auch im Klaren sein, dass das Strafgesetz immer nur ultima ratio ist. Man kann einfach nicht jede theoretisch strafwürdige Handlung verbieten. Und irgendwo zwischen einem Bakterium und einem Menschenaffen muss man eben die Linie ziehen – der Gesetzgeber hat sich für das Kriterium „Wirbeltier oder nicht?“ entschieden. Das mag man kritisieren und für zu nachsichtig oder zu weitgehend halten, aber es ist nunmal die derzeitige Rechtslage.