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    Categories: Zivilrecht

Formvorschriften im Zivilrecht

Unter einem Vertrag versteht man in aller Regel ein beeindruckend aussehendes Dokument mit viel juristischem Text und Unterschriften darunter. Während nicht wenige Verträge, vor allem bedeutende Verträge tatsächlich so verfasst sind, ist dies keineswegs zwingend. Die allermeisten Verträge werden sogar mündlich oder konkludent (ohne ausdrückliche Erklärungen nur durch schlüssiges Verhalten) geschlossen.

Die wichtigsten Verträge und Rechtsgeschäfte, die der Schriftform bedürfen, sind:

  • Stiftungsgeschäft unter Lebenden, § 81 Abs. 1 Satz 1
  • Verbraucherdarlehensverträge, § 492 Abs. 1
  • bestimmte Ratenlieferungsverträge, § 510 Abs. 1
  • Zeitmietverträge und Zeitpachtverträge, §§ 550, 575 Abs. 1, 585a
  • Staffel- und Indexmietverträge, §§ 557a und 557b
  • Kündigung einer Mietvertrags und Widerspruch dagegen, §§ 568, 574b Abs. 1
  • Ausübung des Vorkaufsrechts des Mieters, § 577 Abs. 3
  • Widerspruch gegen einen Betriebsübergang, § 613a Abs. 6
  • Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, § 623
  • Bürgschaft, § 766
  • Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis, nicht aber Vergleich, §§ 780 bis 782
  • Abtretung der Hypothekenforderung, § 1154
  • Patientenverfügung, § 1901a

Die meisten dieser Formvorschriften sollen bestimmte Gruppen (Mieter, Arbeitnehmer, Verbraucher) schützen. Daneben gibt es noch einige Situationen, in denen jemand keinen Vertrag mit Leistung und Gegenleistung schließt, sondern sich einseitig zu etwas verpflichtet, was er nicht unbedingt tun müsste (Bürgschaft, Schuldversprechen). Beim letztgenannten Beispiel der Patientenverfügung geht es dagegen in erster Linie um die Nachweisbarkeit.

Der notariellen Beurkundung bedürfen folgende Geschäfte:

  • Grundstückverträge, § 311b
  • Schenkungsversprechen § 518 Abs. 1
  • Schließung eines Ehevertrags, § 1410
  • Adoption, § 1750 Abs. 1
  • Verfügung über einen Erbteil, § 2033 Abs. 1
  • Schließung und Anfechtung eines Erbvertrags, §§ 2276, 2282 Abs. 3
  • Erbverzicht, § 2348

Dies sind alles wichtige Vereinbarungen, die zumindest potentiell erhebliche finanzielle Auswirkungen haben können.

Eigenhändige, handschriftliche Abfassung des gesamten Textes einschließlich einer Unterschrift ist dagegen beim Testament erforderlich (§ 2247). Hier soll wohl über die normale Schriftform hinaus sichergestellt werden, dass niemand aus eigenem Interesse ein Testament für den Erblasser aufsetzt und ihn zur Unterschrift überredet. Die handschriftliche Abfassung kann man einem anderen dagegen nicht so leicht abverlangen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies alles aber gerade, dass für andere Verträge keine Form vorgesehen ist. Darum kann man z.B. auch ein Luxusauto, das mehr wert ist als so manches Grundstück, mündlich verkaufen und übereignen. Das heißt freilich nicht, dass man das auch tun sollte – denn die Beweisbarkeit für so ein mündliches Geschäft ist ziemlich gering. Und auch, wenn es nicht verpflichtend ist, darf man sich natürlich der schriftlichen oder gar notariellen Form bedienen.

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