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    Categories: Zivilrecht

GesRGenRCOVMVV: Corona-Regeln bis Ende 2021?

Warum gelten spezielle Corona-Regeln noch ein ganzes Jahr lang?
In letzter Zeit sorgt eine Neuregelung im Zusammenhang mit – wie könnte es anders sein – Corona für Verwirrung. Dabei handelt es sich die kaum aussprechbare Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRGenRCOVMVV), die sich wiederum auf das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG) bezieht.

Diese Verordnung stammt vom 20.10.2020 und führt in ihrem einzigen inhaltlich relevanten Paragraphen aus:

§ 1 Verlängerung von Maßnahmen

Die Geltung der §§ 1 bis 5 gemäß § 7 Absatz 1 bis 5 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie wird bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Das irritiert etwas – darum ein paar Fragen und Antworten dazu:

Was steht in diesem Gesetz?

Das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG) regelt verschiedene Änderungen in diesen Rechtsbereichen. Insbesondere geht es darum, dass bestimmte Sitzungen, Versammlungen und Beschlussfassungen, die gesetzlich vorgesehen sind, teilweise verschoben werden können und teilweise durch modernere Formen der Entscheidungsfindung wie Briefwahl oder Online-Abstimmung ersetzt werden können.

Im Einzelnen:

  • Der Vorstand einer Aktiengesellschaft kann Hauptversammlungen online und Abstimmungen per Briefwahl anordnen. (§ 1 Abs. 1)
  • Die Ladungsfrist zur Hauptversammlung wird verkürzt. (§ 1 Abs. 3)
  • Kleinere formale Fehler führen nicht zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse. (§ 1 Abs. 7)
  • GmbHs können schriftlich oder in Textform abstimmen. (§ 2)
  • Genossenschaften können im Internet zu Versammlungen einladen (§ 3 Abs. 2), der Jahresabschluss kann durch den Aufsichtsrat festgestellt werden (§ 3 Abs. 3).
  • Bei Umwandlung von Gesellschaften darf die zuletzt eingereichte Bilanz schon etwas älter sein als normal. (§ 4)
  • Stiftungs- und Vereinsvorstände bleiben auch nach Ablauf der Amtszeit in ihrem Amt, bis eine Neuwahl stattfindet. (§ 5 Abs. 1)
  • Online- und Briefwahl wird in Vereinen erlaubt. (§ 5 Abs. 2)
  • Das gilt – mit gewissen Abstrichen – auch für politische Parteien (§ 5 Abs. 4)
  • In Wohnungseigentümergemeinschaften bleibt der Verwalter auch über seine Amtszeit hinaus im Amt (§ 6 Abs. 1) und der Wirtschaftsplan bleibt bis zu einem anderweitigen Beschluss in Kraft (§ 6 Abs. 2).

Warum musste jetzt etwas an diesem Gesetz geändert werden?

Das Gesetz war ursprünglich als Übergangslösung für die (hoffentlich kurze) Zeit der Corona-Pandemie gedacht. Es wurde im März 2020 beschlossen und sollte nur bis zum 31.12.2020 gelten (§ 7).

Um eine Reaktion auf die noch unklare Entwicklung der Situation zu ermöglichen, wurde in § 8 des Gesetzes dem Bundesjustizministerium die Möglichkeit eingeräumt, die Geltung des Gesetzes bis zum 31.12.2021 zu verlängern. Der Bundestag musste also nicht aufwendig ein neues Gesetz mit neuem Datum beschließen, sondern die Verlängerung konnte einfach per Entscheidung des Ministeriums erfolgen.

Davon wurde nun im Oktober 2020 Gebrauch gemacht, da absehbar war, dass die Corona-Erkrankungen eher wieder zunehmen würden und man daher im Januar 2021 nicht gleich auf die Regelungen verzichten kann.

Warum wurde im Oktober 2020 gleich die Verlängerung bis Ende 2021 beschlossen?

Dies wurde teilweise als Zeichen dafür betrachtet, dass die Bundesregierung die Corona-Situation schon bis Jahresende vorausgeplant habe. Und tatsächlich ist es so, dass damit das gesetzliche Maximum für die Dauer der Regelungen ausgeschöpft wurde.

Insbesondere die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft hat erhebliche Bedeutung und muss verlässlich geplant werden können.
Zugleich ist aber auch die Frage, was es bringen würde, die Regelungen zunächst bspw. nur bis Ende März zu verlängern und dann, kurz vor Ablauf, eine weitere Verlängerung zu beschließen. Denn so haben die betroffenen Organisationen Planungssicherheit und können zum Beispiel bereits jetzt beschließen, eine Online-Mitgliederversammlung im Juli abzuhalten, ohne erst die entsprechende Verlängerung abwarten zu müssen.

Haben diese Regelungen etwas mit den Corona-Regeln im Alltag zu tun?

Nein, die Maskenpflicht, die Kontaktbeschränkungen, die Ausgangssperren und die Ladenschließungen werden alle nicht in diesem Gesetz geregelt. Solche Eingriffe erfolgen durch Landes-Verordnungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes.

Im GesRuaCOVBekG geht es nur um organisatorische Fragen von Vereinen, Unternehmen, Wohnungseigentümergemeinschaften u.ä.

Könnten diese Regelungen auch dauerhaft beibehalten werden?

Ja, prinzipiell schon.

Bisher war man etwas zurückhaltend, solche Möglichkeiten zu eröffnen. Die grundlegende Vorstellung der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in solchen Organisationen war die Präsenzveranstaltung, bei der sich alle Mitglieder, Aktionäre, Wohnungseigentümer o.ä. versammeln und gemeinsam alle Angelegenheiten besprechen und abstimmen. Nur so seien die Rechte aller Beteiligten gewahrt.

Dieses Prinzip mag heute vielleicht nicht komplett überholt sein, aber im Zuge der Digitalisierung dürfte man es zumindest hinterfragen, ob Präsenzveranstaltungen noch das alleinseligmachende Mittel der Kommunikation in Organisationen sind.

Mehr Informationen:

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