Der Bundestag hat vor drei Jahren die Verurteilungen von Wehrmachtssoldaten wegen Kriegsverrats aufgehoben. Auch, wenn das formell erst so spät passiert ist, so kann man derartige Urteile doch mindestens seit vielen Jahrzehnten als gewohnheitsrechtlich nichtig betrachten. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass irgendjemand einem mittlerweile mindestens 80-Jährigen vorwirft, dass er im Zweiten Weltkrieg etwas verächtliches über den Führer gesagt hat…
Gar so selbstverständlich ist das freilich auch wieder nicht. In der Spielbankenaffäre hat der Innenminister Geiselhöringer von der mit der CSU konkurrierenden Bayernpartei wahrheitsgemäß ausgesagt, er habe nichts Negatives über einen anderen Beteiligten, Herrn Simon Gembicki, gewusst. Dabei konnten ihm nachgewiesen werden, daß er von einer wirklich schrecklichen Vorstrafe Gembickis wusste: Dieser war 1938 wegen ungesetzlicher Flucht aus dem Deutschen Reich verurteilt worden – Gembicki war übrigens Jude. Daß man eine derartige Vorstrafe auch 1959 noch als Makel empfinden konnte, lässt sich nur mit der Person des Richters erklären: Landgerichtsdirektor Paul Wonhas hat eineinhalb Jahrzehnte vorher als Feldkriegsgerichtsrat in Rußland zahlreiche Soldaten erschießen lassen – aber das waren wohl auch lauter Kriegsverräter…