Impfpflicht oder Impfzwang?

Die Streckbank - intensives Zwangsmittel früherer Zeiten.
Die Streckbank – intensives Zwangsmittel früherer Zeiten.
Im Zusammenhang der immer näher rückenden vorgeschriebenen Impfung gegen das Corona-Virus wird gelegentlich über die Frage diskutiert, ob man eine solche gesetzlich angeordnete Impfung nun korrekterweise als Impfpflicht oder als Impfzwang deklarieren müsse. Nicht selten hört man dazu die Theorie, diese beiden Begriffe meinten etwas ganz Verschiedenes. Gibt es also, allgemein gesagt, in der Rechtssprache einen Unterschied zwischen Pflicht und Zwang?

Eine Pflicht ist „die Anforderung eines bestimmten Verhaltens“ (Köbler, Juristisches Wörterbuch). Einfacher gesagt ist es eben etwas, das man tun muss. Dieses „Müssen“ ergibt sich aus dem Gesetz oder (meist im Zivilrecht) aus einem Vertrag.

Zwang setzt Pflicht um

Als Zwang bezeichnet man dagegen „die Einwirkung auf einen Menschen oder eine Sache mit Gewalt“. Zwang im engeren Sinne meint den Verwaltungszwang, also die Durchsetzung einer Pflicht mit Gewalt. „Gewalt“ ist dabei nicht ganz so martialisch zu verstehen. Mittel des Zwangs können zwar die Zwangshaft, aber auch Zwangsgelder sein. Auch die Ersatzvornahme, also die recht friedliche Erledigung der Pflicht durch eine andere Person (z.B. das Abschleppen eines unerlaubt abgestellten Autos und das Schneiden einer vorschriftswidrig wuchernden Hecke) wird als Verwaltungszwang eingeordnet.

Kann man also sagen, dass eine Pflicht nur auf dem Papier steht, der Zwang dagegen der Umsetzung der Pflicht in der realen Welt dient? In gewisser Weise schon, aber das ist etwas missverständlich.

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Das Bundesverpetzungsgericht hat gesprochen

Ob eine Corona-Impfpflicht zulässig ist, kann aktuell noch niemand endgültig beurteilen.
Ob eine Corona-Impfpflicht zulässig ist, kann aktuell noch niemand endgültig beurteilen.
Eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus steht bereits am politischen und juristischen Horizont. Noch weiß niemand, ob eine solche überhaupt eingeführt wird, wie sie dann geregelt wird und ob sie in dieser Form verfassungskonform wäre. Verschiedene Verfassungsrechtler und andere Experten haben sich dazu geäußert, praktisch alle sehr zurückhaltend und abwägend. Denn die endgültige Entscheidung wird, das ist allen klar, bei den Verfassungs-, möglicherweise auch bei den Verwaltungsgerichten liegen.

Solche Überlegungen braucht es nun aber glücklicherweise nicht mehr, denn eine Internetplattform hat bereits ein endgültiges Urteil gesprochen und damit alle Zweifel beseitigt. Die „Volksverpetzer“, bisher eine Art PR-Agentur für Annalena Baerbock im Kampf gegen die Verschwörung durch Wirtschaftsradikale, Plagiatspedanten und rechte Medien, verkünden in Lettern, die sogar die Bild-Zeitung vor Neid erblassen lassen:

IMPFPFLICHT RECHTLICH MÖGLICH

IMPFPFLICHT VERSTÖSST NICHT GEGEN DAS GRUNDGESETZ – ANWALT JUN WIDERLEGT AUSREDE

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Das bayerische Katastrophenschutzgesetz

Wie katastrophal ist der Corona-Katastrophenfall in Bayern wirklich?
Wie katastrophal ist der Corona-Katastrophenfall in Bayern wirklich?
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat erneut den Katastrophenfall im Freistaat ausgerufen. Die aktuelle Katastrophe heißt, natürlich, Corona. Zuvor galt der Katastrophenfall schon im Frühjahr 2020 und in der ersten Jahreshälfte 2021.

Doch was bedeutet dieser Katastrophenfall nun? Teilweise wurde dieser schon mit dem Kriegsfall gleichgesetzt. Mit einer solchen, im Grundgesetz als „Verteidigungsfall“ bezeichneten Lage hat diese Katastrophe freilich nichts zu tun.

Der Katastrophenfall bedeutet lediglich, dass das Bayerische Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) anwendbar ist. Aus diesem Grund ist es vielleicht ganz interessant, sich einmal anzuschauen, was dort drin steht.

Der Volltext des Katastrophenschutzgesetzes findet sich auf der Gesetzessammlung der Bayerischen Staatskanzlei.

Art. 1 Aufgabe

Im ersten Artikel findet sich einige grundlegende Festlegungen.

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Welches Gericht ist zuständig?

Mich hat eine Anfrage erreicht, wie man denn in Auseinandersetzungen mit Behörden feststellen kann, welche Gerichte zuständig sind. Fragen nach Gerichtszuständigkeiten sind in diesem Bereich oft nicht so leicht zu beantworten:

Grundsätzlich kann man sagen, dass für Auseinandersetzungen zwischen dem Bürger und Behörden die Verwaltungsgerichte zuständig sind. Soweit es um sozial- oder steuerrechtliche Angelegenheiten geht, entscheiden spezialisierte Verwaltungsgerichte, nämlich die Sozialgerichte bzw. Finanzgerichte.

Allerdings sind bspw. Staatshaftungsklagen aus historischen Gründen vor den Landgerichten zu erheben, obwohl diese eigentlich auch vor die Verwaltungsgerichte gehören würden.

Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei sind auch die Verwaltungsgerichte zuständig, allerdings nur, wenn es sich um polizeiliches Handeln aus ordnungs-/sicherheitsrechtlichen Aspekten handelt. Soweit die Polizei im Rahmen der Strafverfolgung tätig war, sind die Strafgerichte zuständig. Die Abgrenzung ist in der Praxis oft nicht so einfach.

Wenn es um die Entziehung der persönlichen Freiheit, also Verhaftung im weitesten Sinne und aus welchem Anlass auch immer geht, sind dagegen fast in jedem Fall die Amtsgerichte zuständig.

Auseinandersetzungen mit dem Jugendamt, das auch eine Behörde darstellt, gehören dagegen grundsätzlich vor die Familiengerichte, die auch zur Zivilabteilung des Amtsgerichts gehören.

Es kommt auch durchaus einmal vor, dass sich die Gerichte nicht einig sind, wer eine bestimmte Entscheidung nun treffen muss oder darf. Ein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter liegt aber nur vor, wenn eine willkürliche Falschzuordnung eines Verfahrens zu einem bestimmten Gericht erfolgt ist.

Das „Klima-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts

Klimaapokalyptische Vorstellungen sind im deutschen Verfassungsrecht angekommen.
Klimaapokalyptische Vorstellungen sind im deutschen Verfassungsrecht angekommen.
Zum heute veröffentlichten Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben sich Politik und Medien bereits hinlänglich geäußert. Das Gericht hat (relativ kleine) Teile des Bundes-Klimaschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt, da dieses nicht weitgehend genug und nicht klimaschützend genug ist.

Vor einer eingehenden Urteilsbesprechung möchte ich nur einmal einzelne Gedanken aus Sicht eines Verfassungsrechtlers dazu niederschreiben:
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Änderung des IfSG: Corona-Zentralismus

Der Bundestag soll eine Änderung des IfSG verabschieden.
Der Bundestag soll eine Änderung des IfSG verabschieden.
Die Bundesrepublik ist ein Zentralstaat mit vorsichtigen föderalen Ansätzen. Ausfluss dieser Verfasstheit ist die Zuständigkeit der Länder für einige politische Themen. Auch im Infektionsschutzgesetz hat man dem Rechnung getragen, indem man die Länder ermächtigt hat, auf dem Verordnungswege die Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie zu beschließen.

Bund soll Corona-Zuständigkeit erhalten

Es kommt nun aber anscheinend, wie es kommen musste: Der Bund wird wesentliche Kompetenzen in der Corona-Bekämpfung an sich ziehen. Ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung steht wohl schon, veröffentlicht ist er anscheinend noch nicht. Was die Presse berichtet, klingt jedenfalls danach, dass die Verordnungsermächtigung für Corona-Maßnahmen jedenfalls in bestimmten Fällen auf die Bundesregierung übergeht.

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Rechtliches zum Geocaching

Geocaching ist ein nettes Hobby, bei dem man kleine versteckte Gegenstände („Caches“) in der Natur sucht. Aber wie alles im Leben unterfällt natürlich aus diese Beschäftigung den Rahmenbedingungen von Recht und Gesetz.

Unter https://recht-faq.de/rechtliche-fragen-zum-geocaching/ habe ich mit einer Fragensammlung rund um das Geocaching begonnen.

Corona-Zwangseinweisung für Quarantäne-Brecher?

Wann kann die Corona-Quarantäne zwangsweise durchgesetzt werden?
Wann kann die Corona-Quarantäne zwangsweise durchgesetzt werden?
In den letzten Tagen hat eine neue Diskussion in der Corona-Thematik begonnen: Die zwangsweise Unterbringung von „Quarantäne-Brechern“.

Wer sich über Quarantäne-Maßnahmen hinwegsetzt, soll in ehemaligen Asylbewerber-Unterkünften, in Gefängnissen, in speziellen Krankenhaustrakten oder gar in eigens dafür eingerichteten Lager untergebracht werden. Die Politik macht sich, so hört man in den Medien, schon gewisse Gedanken darüber, wie sie das genau organisieren will.

Eine solche Unterbringung von Personen in „Lagern“ weckt natürlich (gerade in Deutschland) sofort historische Assoziationen und Befürchtungen. Also was ist dran? Ein paar Fragen und Antworten dazu.

Erlauben die Corona-Gesetze eine Zwangseinweisung?

Ja. Und es sind auch nicht die speziellen Corona-Gesetze, sondern das Infektionsschutzgesetz. § 30 IfSG sieht die „Absonderung“ als Maßnahme vor.

Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift besagt, dass die Absonderung bei Patienten mit Lungenpest oder hämorrhagischem Fieber angeordnet werden muss. Sie kann (Abs. 1 Satz 2) auch bei anderen Krankheiten erfolgen. Das bedeutet aber zunächst nur eine Anordnung, der sich der Betroffene dann mehr oder weniger freiwillig unterwerfen soll.

Der Zwang kommt dann erst in Absatz 2 der Vorschrift ins Spiel: Ein Patient kann zwangsweise in einem abgeschlossenen Krankenhaus, in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses oder in einer anderen geeigneten abgeschlossenen Einrichtung untergebracht werden, wenn er die Anordnungen nicht befolgt oder aufgrund seines bisherigen Verhaltens anzunehmen ist, dass er die Anordnungen nicht befolgen wird.

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Der Unternehmer als Corona-Hilfssheriff?

Die Maskenpflicht im Rahmen des Corona-Schutzes ist zum Politikum geworden.
Die Maskenpflicht im Rahmen des Corona-Schutzes ist zum Politikum geworden.
Die Maskenpflicht ist aktuell eines der größten Streitthemen rund um die „Corona-Pandemie“ und ihre rechtliche Behandlung. Eine spezielle Ausprägung davon ist die Maskenpflicht in Ladengeschäften. Diese sorgt regelmäßig für erbitterte Diskussionen und wird häufig garniert mit Geschichten über horrende Geldbußen, die Ladenbetreiber angeblich hätten zahlen müssen, weil Kunden im Geschäft keine Maske getragen hätten.

Dieser Text soll der Frage auf den Grund gehen, ob (bayerische) Unternehmer tatsächlich für die Einhaltung der Corona-Vorschriften in ihren Läden verantwortlich sind.

Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung regelt Corona-Alltag

Die Rechtsgrundlage für Corona-Vorschriften im Freistaat, die sich wohl nicht mehr so sehr von derjenigen in anderen Bundesländern unterscheidet, ist die Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV) vom 30.10.2020, letzte Änderung 12.11.2020. (Wenn Sie diesen Text etwas später lesen, haben sich die Daten sicher bereits geändert, da die einzelnen Verordnungen immer nur eine recht begrenzte Lebensdauer haben.)

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Münchner Alkoholverbot aufgehoben

Prost! Das Münchner Alkoholverbot wurde durch das Verwaltungsgericht aufgehoben.
Prost! Das Münchner Alkoholverbot wurde durch das Verwaltungsgericht aufgehoben.
Das Corona-bedingte nächtliche Alkoholverbot in München wurde vom Verwaltungsgericht für unzulässig erklärt. (Siehe Artikel von BR24.)

Jedes Urteil gilt zunächst einmal nur zwischen den Parteien. Wenn ich bspw. gegen mein Finanzamt durchsetze, dass Klopapier als Betriebsausgabe gilt, dann hat das für andere Steuerzahler zunächst einmal keine Bedeutung. Bei denen kann das Amt weiter das Klopapier rausstreichen.

Anders ist das nur bei Urteilen mit sog. kassatorischer Wirkung, bei denen eine Rechtsnorm für ungültig erklärt wird. Eine Rechtsnorm gilt entweder für alle oder für keinen. Wenn man bspw. eine Verfassungsbeschwerde oder (in Bayern) eine Popularklage gewinnt, dann wird die betreffende Norm außer Kraft gesetzt.

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