Zitate aus gerichtlichen Unterlagen zulässig?

Ein investigativer Reporter und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) ziehen mit einer Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe. Auslöser ist eine rechtskräftige Verurteilung, weil der Journalist in einer Berichterstattung zwei kurze wörtliche Passagen aus einem Beschwerdebeschluss zitiert hatte. Die Revision blieb ohne Erfolg. Damit steht eine alte Streitfrage wieder auf der Agenda des Bundesverfassungsgerichts: Darf die Presse in laufenden Strafverfahren wörtlich aus amtlichen Dokumenten zitieren – und wenn ja, in welchen Grenzen?

Strafnorm gegen wörtliche Zitate

Kern des Konflikts ist § 353d Nr. 3 StGB. Die Norm verbietet die wörtliche Veröffentlichung von Anklageschriften und anderen amtlichen Schriftstücken aus einem anhängigen Strafverfahren „ganz oder in wesentlichen Teilen“. Was „wesentlich“ ist, bleibt im Gesetz offen. Eine ausdrückliche Ausnahmeregel für qualifizierte Presseberichterstattung kennt der Wortlaut nicht. Die Norm schützt legitime Belange – die Unvoreingenommenheit des Verfahrens, Persönlichkeitsrechte und die Unschuldsvermutung –, gerät aber dort ins Schlingern, wo journalistische Sorgfalt aus Gründen der Authentizität gerade den Originalwortlaut benötigt.

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„Mehr Härte, weniger Klarheit?“ — Zum BMJ-Vorstoß gegen Menschenhandel

Worum es konkret geht

Das BMJ will die Menschenhandelsdelikte umbauen: generelle Höchststrafe bis zu zehn Jahren, eine ausgeweitete Nachfragestrafbarkeit über den Prostitutionsbereich hinaus und neue Ausbeutungsformen wie Leihmutterschaft, Zwangsheirat und illegale Adoption. Das klingt nach Entschlossenheit – wirkt aber wie Strafrechts-Aktionismus mit offenen Auslegungsfragen.

EU-Vorgabe vs. deutsche Draufgabe

Die überarbeitete Richtlinie (EU) 2024/1712 verlangt die Strafbarkeit der Nutzung von Diensten eines Opfers bei Wissen um die Ausbeutung sowie bessere Koordination und Datengrundlagen. Deutschland möchte darüber hinaus „Härte“ zeigen. Je weiter man über die EU-Linie hinausgeht, desto enger wird der verfassungsrechtliche Spielraum (Bestimmtheit, Verhältnismäßigkeit).

Die immergleiche Erzählung von der „Schutzlücke“

Die §§ 232 ff. StGB sind seit 2016 mehrfach reformiert worden. Die wirklichen Defizite liegen nicht primär im Gesetz, sondern in Aufdeckung, Beweisbarkeit, Opferschutz und Ressourcen. „Schutzlücke“ ist oft nur das Etikett für praktische Vollzugsprobleme – gelöst wird dadurch nichts.

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Nach einem teuren Prozess: Mit der Verfassungsbeschwerde Kosten zurückholen

Dieser Beitrag von RA Thomas Hummel beleuchtet, wie man nach einem verlustreichen Prozess – oft mit Kosten von über 20.000 Euro – über eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde die gesamten Verfahrenskosten über den Gegner erstattet bekommen kann. Typische Kosten für das Beschwerdeverfahren liegen zwischen 7.000 Euro und 20.000 Euro netto (zumeist ca. 12.000 Euro inkl. MwSt.) und können sich im Erfolgsfall deutlich bezahlt machen.

Mehr dazu: https://www.anwalt.de/rechtstipps/nach-einem-teuren-prozess-mit-der-verfassungsbeschwerde-kosten-zurueckholen-232685.html

300 Spartaner für Frauke Brosius-Gersdorf

300 ist natürlich eine beeindruckende, je nach Kontext erstaunlich niedrige oder besondere hohe Zahl, das wissen wir schon seit der Schlacht bei den Thermopylen.

Und dann müssen die „Vertreterinnen und Vertreter der universitären – insbesondere rechtswissenschaftlichen – Forschung und Lehre sowie der Justiz“ doch Recht haben, oder?

Der kleine Haken ist freilich, dass bei diesen mutigen Spartanern kaum wirkliche Verfassungsrechtler darunter sind.

Insofern ist das ein netter Mutmach-Brief, mit fachlich-juristischer Auseinandersetzung hat das nichts zu tun.

https://verfassungsblog.de/stellungnahme-zur-causa-frauke-brosius-gersdorf/

KI in der Juristerei

Ich bin ja ein Fan von künstlicher Intelligenz. Wenn ich mir anschaue, was sogar ein nicht auf das Recht spezialisiertes Programm wie ChatGPT im Jura-Bereich zustande bringt, ist das – positiv gesagt – erstaunlich.

Teilweise ist es aber schon geradezu erschreckend, was die KI jetzt in kürzester Zeit geschafft hat. Wenn man das mal zehn Jahre hochrechnet, dann wird es schon interessant.

Ich schließe jedenfalls nicht aus, dass es meinen Beruf möglicherweise nicht mehr allzu lange geben wird. Wer weiß, vielleicht kartelt irgendwann die Anwalt-KI mit der Richter-KI die Urteile aus.

Allerdings bräuchte es dann auch noch einen künstlich intelligenten Gesetzgeber mit KI-Abgeordneten.