Vermont: Ein 14-Jähriger will (und darf) Gouverneur werden

Im US-Bundesstaat Vermont kandidiert nun der 14-jährige Ethan Sonneborn für das Amt des Gouverneurs – vorerst aber in der Qualifikationsrunde („primary“) der Demokratischen Partei. Natürlich dürfen auch 14-Jährige in Vermont nicht wählen – für die Wählbarkeit gibt es in dem Staat aber keine Regelungen, also kann auch er theoretisch gewählt werden.

Im deutschen Recht sind passives und aktives Wahlrecht normalerweise parallel geregelt. So sieht Art. 38 Abs. 2 GG vor:

Wahlberechtigt [zum Deutschen Bundestag] ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

„Vermont: Ein 14-Jähriger will (und darf) Gouverneur werden“ weiterlesen

Verteidigungslinien im Strafverfahren: Gnadengesuch

Mit einem Gnadengesuch wird das Staatsoberhaupt (der Bundespräsident bzw. die Ministerpräsidenten/Regierenden Bürgermeister der Länder) gebeten, die Strafe zu mildern. Die tatsächliche Überprüfung und Entscheidung erfolgt natürlich nicht durch das jeweilige Staatsoberhaupt selbst, sondern durch die jeweils ermächtigte Bürokratie.

Die Gnadenentscheidung ist kein Rechtsmittel und eigentlich auch kein juristischer Akt, sondern ein rein politischer. Und daher ist man sehr vorsichtig damit, Gnade zu gewähren. Rechtliche oder tatsächliche Fehler sind normalerweise kein Grund, denn diese hätten im gerichtlichen Verfahren geklärt werden müssen. Die Ministerialangestellten maßen sich hier nicht an, schlauer als das Oberlandesgericht oder Bundesgerichtshof zu sein und dessen Rechtsprechung korrigieren zu müssen. Dies wäre auch mit der Gewaltenteilung nicht vereinbar.

Der Gnadenweg ist vor allem da sinnvoll, wo das Urteil aufgrund bestimmter Tatsachen überzogen erscheint, dies aber nicht zu einer Korrektur auf rechtlichem Weg führen kann. Ein häufigerer Fall ist z.B. die Reduzierung der Höhe des Tagessatzes bei einer Geldstrafe, wenn der Verurteilte den Strafbefehl übersehen hat.

Mehr dazu:
abamatus.de – Gnadengesuch

Die Wahl des Bundespräsidenten

Ich erinnere mich noch an eine Unterrichtsstunde aus dem Sozialkunde-Grundkurs. Es ging um die Staatsordnung der Bundesrepublik und da wurde die Frage gestellt, ob es sinnvoller wäre, die Amtszeit des Bundespräsidenten von maximal zweimal fünf Jahren auf nur einmal sieben Jahre festzusetzen; über diese Modalität wurde gestern während der Stimmabgabe der Bundesversammlung auch kurz diskutiert. Meine damalige Antwort war sinngemäß: „Das ist eigentlich ziemlich wurscht.“ Angesichts der Rolle, die unser Staatsoberhaupt im Organisationsrecht des Grundgesetzes spielt, macht es keinen großen Unterschied, ob er eine, zwei oder unendlich viele Amtszeiten bekommt. Man könnte auch eine Stochokratie auf Lebenszeit wie bei der Dogenwahl einführen oder gleich zur Monarchie zurückkehren. Meinetwegen könnte auch der Bundesratspräsident die Aufgaben des Bundespräsidenten übernehmen. Oder Stefan Raab. Nichtsdestotrotz dominieren derzeit vor allem in Blogs die wütenden Kommentare darüber, dass der Bundespräsident von einem undemokratischen Kollegium gewählt würde und der einfache Bürger nichts zu sagen habe. Komischerweise wurde das fast ausschließlich nach der Wahl festgestellt, also möglicherweise erst im Angesicht des Ergebnisses. Dabei wäre die richtige Zeit für Empörung eigentlich schon vor einigen Wochen gewesen, als man gemerkt hat, dass die Wahlbenachrichtigung zur Abstimmung über den Bundespräsidenten einfach nicht kommt. Die Frage, die permanent gestellt wird, ist natürlich die nach der Volkswahl: Wäre es besser, wenn der Präsident durch die Bürger gewählt würde? So sehr ich sonst für Direktwahlen aller möglichen Amtsträger bin, in dem Fall würde ich eher nein sagen. Diese indirekte Wahl hat sich insgesamt bewährt. Die Rolle des Bundespräsidenten – denn ganz so nebensächlich, wie ich das oben dargestellt habe, ist er freilich auch wieder nicht – als Sprecher huldvoller und mahnender Worte verträgt sich nicht mit einem Wahlkampf, den er dann führen müßte. Das hat man schon im Vorfeld dieser Wahl gesehen, als nur um die Stimmen einer relativ kleinen Gruppe von noch dazu parteigeprägten Wählern gekämpft werden musste. Insoweit hat das Grundgesetz von der Weimarer Reichsverfassung tatsächlich gelernt und das Staatsoberhaupt klugerweise aus größeren politischen und persönlichen Auseinandersetzungen herausgehalten. Die Direktwahl des Bundespräsidenten hätte auch keinen demokratischen Vorteil, der diese Nachteile rechtfertigen würde. Angesichts seiner minimalen Machtstellung im Gefüge des Grundgesetzes ist es ohne Bedeutung, dass das Volk hier ein „Plus“ an Mitbestimmung bekommen würde – da wäre den Bürgern viel mehr gedient, wenn sie real wichtige Amtsträger wie den Bundeskanzler oder die EU-Kommissare wählen dürften. Und ich glaube nicht einmal, dass sich die Stellung des Bundespräsidenten, wie oft befürchtet wird, verändern würde. Aus einer rein-parlamentarischen Verfassung mit rein-repräsentativem Staatsoberhaupt wird auch durch dessen Direktwahl noch lange kein präsidentielles System. Ein unmittelbares Mandat mag ein politisches Gewicht haben, wenn sich neben der juristischen Verfassungslage eine faktisch-politische Ordnung etabliert – aber das Grundgesetz ist eine ganz explizit positivierte, niedergeschriebene Verfassung. Ein unmittelbares Mandat mag ein politisches Gewicht haben, wenn Dinge im Zweifel sind – aber innerhalb der Staatsorganisation des Grundgesetzes ist sehr wenig im Zweifel. Auch die Klassikerfrage, wie weit das Prüfungsrecht des Bundespräsidenten im Bezug auf verabschiedete Gesetze nun geht, würde durch eine Direktwahl keine Klärung erfahren. Wenn man das Grundgesetz, das mir naheliegenderweise nicht übermäßig wichtig ist, reformieren will, dann könnte man sich an die zahlreichen anderen Schwachstellen machen, die es da so gibt und die den Bürgern tatsächliche Mitbestimmung geben würden. Nachdem ich schon die verschiedensten unpassenden Vergleiche zum Wahlprozedere gelesen hab, möchte ich dann doch noch einen eigenen liefern: Im Heiligen Römischen Reich haben seit mindestens 1356 gerade einmal sieben Kurfürsten den Kaiser gewählt. Deutlich mehr wurden es erst, als das Reich schon am Ende war…