Zum heute veröffentlichten Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben sich Politik und Medien bereits hinlänglich geäußert. Das Gericht hat (relativ kleine) Teile des Bundes-Klimaschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt, da dieses nicht weitgehend genug und nicht klimaschützend genug ist.
Die Bundesrepublik ist ein Zentralstaat mit vorsichtigen föderalen Ansätzen. Ausfluss dieser Verfasstheit ist die Zuständigkeit der Länder für einige politische Themen. Auch im Infektionsschutzgesetz hat man dem Rechnung getragen, indem man die Länder ermächtigt hat, auf dem Verordnungswege die Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie zu beschließen.
Bund soll Corona-Zuständigkeit erhalten
Es kommt nun aber anscheinend, wie es kommen musste: Der Bund wird wesentliche Kompetenzen in der Corona-Bekämpfung an sich ziehen. Ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung steht wohl schon, veröffentlicht ist er anscheinend noch nicht. Was die Presse berichtet, klingt jedenfalls danach, dass die Verordnungsermächtigung für Corona-Maßnahmen jedenfalls in bestimmten Fällen auf die Bundesregierung übergeht.
Irgendwann denkt man ja, man hätte alle merkwürdigen juristischen Begriffe mal gehört. In einer Facebook-Gruppe bin ich nun auf ein Begriffspaar gestoßen, das ich wirklich nett finde, mir bislang aber gar nicht geläufig war: Das Hammerschlagsrecht und das Leiterrecht.
Das stammt aus dem Nachbarschaftsrecht und erlaubt es, das Grundstück des Nachbar zu betreten, um dort Arbeiten an seinem eigenen Haus vorzunehmen, wenn man sonst nicht hinkäme. Man darf also den Hammer schwingen und eine Leiter aufstellen. Eine wunderbar plastische Bezeichnung, die natürlich außer dem Hämmern auch noch andere Tätigkeiten und außer einer Leiter auch Gerüste erlaubt. „Hammerschlags- und Leiterrecht“ weiterlesen
Gerechtfertigt wird dies mit dem Schutz der Gesamtbevölkerung vor einer ernsten Erkrankung mit „CoViD-19“. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einschränkungen ist also die Gefahr, dass man eine andere Person mit dem Virus infizieren und damit an ihrer Gesundheit schädigen kann.
Wenn diese Gefahr nachweislich nicht besteht, dann sind die Grundrechtseinschränkungen nicht gerechtfertigt. Das wäre also bspw. dann der Fall, wenn man nach einer Impfung mit absoluter Sicherheit niemanden mehr anstecken könnte. Wenn das bewiesen wäre, dürfte der Staat die Grundrechte dieser Person nicht mehr einschränken.
Eine weit verbreitete Ansicht geht davon aus, dass sich die Politik deswegen so ziemlich alles erlauben kann, weil die Politiker vor jedes Strafverfolgung geschützt seien. Aber stimmt das wirklich?
Richtig ist, dass es diese sogenannte Immunität gibt. Allerdings gilt diese schon einmal nicht für alle Politiker, sondern nur für Parlamentsabgeordnete. Hinsichtlich der Landtage ist dies in den Länderverfassungen geregelt, hinsichtlich der Bundestagsabgeordneten im Grundgesetz (Art. 46), was aber auch für den Bundespräsidenten entsprechend gilt (Art. 60 Abs. 4).
Immunität im Grundgesetz
In Art. 46 Abs. 1 GG ist zunächst einmal die sog. Indemnität als Unterfall der Immunität geregelt:
Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.
Das Postgesetz wird bald überarbeitet, ein entsprechender Gesetzesentwurf liegt vor. Eine Vorschrift daraus hat nun besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gefunden. Angeblich sollen Briefträger und Paketboten künftig das Recht bekommen, alle Pakete, die ihnen verdächtig vorkommen, zu öffnen und den Inhalt zu kontrollieren.
Der Focus fasst dies in der Überschrift „Jeder Postbote darf jetzt Pakete öffnen, wenn er Drogen oder Waffen darin vermutet“ zusammen. Vor unserem geistigen Auge taucht das Bild eines Postmitarbeiters auf, der ein Paket kritisch mustert, vielleicht sachte schüttelt und sich dann denkt „Da könnte doch ein Revolver drin sein, das mach ich mal lieber auf“.
Das wäre ein erheblicher Eingriff in das Briefgeheimnis, das als Teil des Post- und Fernmeldegeheimnisses Verfassungsrang besitzt. Kann das sein?
In das Postgesetz wird ein § 39 Abs. 4a eingefügt, der folgenden Inhalt bekommen soll:
Ein nach Absatz 2 Verpflichteter hat der zuständigen Strafverfolgungsbehörde eine Postsendung, über deren Inhalt er sich nach Absatz 4 Satz 1 Kenntnis verschafft hat, unverzüglich zur Nachprüfung vorzulegen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Postsendung eine strafbare Handlung nach
(hier folgt eine lange Liste von Straftaten)
in der jeweils geltenden Fassung begangen wird.
Geocaching ist ein nettes Hobby, bei dem man kleine versteckte Gegenstände („Caches“) in der Natur sucht. Aber wie alles im Leben unterfällt natürlich aus diese Beschäftigung den Rahmenbedingungen von Recht und Gesetz.
Aktuell wird eine Behauptung fleißig in sozialen Medien geteilt, wonach der Europarat verboten habe, dass Unternehmen ihre Dienstleistungen nur an Personen anbieten, die gegen das Corona-Virus geimpft sind. Jede Diskriminierung aufgrund des Impfstatus sei demnach verboten. Insbesondere angesichts der derzeitigen Diskussion, ob bspw. Konzerte zuerst geimpften Personen offen stehen, besitzt das eine gewisse Relevanz.
Der Bericht darüber endet dann gerne mit dem bedeutend klingenden Satz: „In jedem Gerichtsverfahren, gegenüber jedem Heimleiter, jedem Arbeitgeber, jeder Behörde, jedem Reiseanbieter etc. kann man sich nun darauf berufen.“
Europarat hat Resolution zu Impfungen beschlossen
Richtig ist, dass der Europarat die Resolution 2361 (2021) mit dem Titel „Covid-19 vaccines: ethical, legal and practical considerations“ verabschiedet hat. In dieser wird eine Vielzahl von Themen rund um die Corona-Impfung behandelt. Es beginnt mit Banalitäten wie der Feststellung, dass man nun wirklich zügig mit den Vorbereitungen für die Impfungen beginnen sollte (Punkt 4), ruft aber bspw. auch dazu auf, Lösungen für Patent- und andere Rechtsstreitigkeiten zu finden, die einer schnellen Produktion im Weg stehen könnten (Punkt 7.1.7).
Ein Zahnarzt in Bayern hatte seine Mitarbeiter angeblich zur Corona-Impfung aufgefordert und zugleich für den Fall der Weigerung eine Freistellung ohne Lohnzahlung angekündigt. Nach einem „Shitstorm“ im Internet gab es nun auch eine Strafanzeige gegen ihn wegen Nötigung. Die zuständige Staatsanwaltschaft prüft die Vorgänge nun und wird wohl irgendwann zu einer Entscheidung kommen.
Interessant ist aber, dass der „Stern“ die rechtliche Prüfung anscheinend schon abgeschlossen hat:
Die Forderung des bayerischen Zahnarztes ist ohnehin rechtswidrig. Er kann seine Mitarbeiter nicht zur Impfung zwingen. Dafür bräuchte es eine Impfpflicht, sagte Verdi-Sprecher Hans Sterr dem Bayerischen Rundfunk. Er dürfe seinen Mitarbeitern auch nicht mit Konsequenzen drohen.
Ob etwas „ohnehin rechtswidrig“ ist, entscheiden aber weder Journalisten noch Gewerkschafter, sondern Gerichte. In diesem Fall kann man davon ausgehen, dass die arbeitsrechtliche Frage nach einer Verpflichtung zur Impfung durch das Bundesarbeitsgericht geklärt werden muss. Und zwar sicher nicht einheitlich, sondern je nach Branche, genauem Tätigkeitsbereich und anderen Rahmenumständen.
Bis dahin ist diese Rechtsfrage schlicht und ergreifend ungeklärt. Arbeitsrechtlich spricht einiges dafür, dass man in einem laufenden Arbeitsvertrag nicht einfach neue Pflichten aufstellen und bei Nichtbefolgung sofort den Lohn streichen kann. Ob eine Impfung, sofern sie für den Betroffenen möglich ist, vielleicht eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis ist, wird die Rechtsprechung klären müssen.
Denkbar wäre auch eine personenbedingte Kündigung, wenn sich ein Arbeitnehmer partout nicht impfen lassen will, der Arbeitgeber ihn dann aber aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht mehr so einsetzen kann wie gedacht – oder auch, weil er das Patienten nicht erklären kann, warum einer seiner Mitarbeiter nicht geimpft ist. All das hängt aber durchaus davon ab, wie schnell sich Impfungen hierzulande verbreiten werden.
Bis das durchentschieden ist, ist die Aussage des Verdi-Funktionärs (bzw. das Zitat, das ihm hier in den Mund gelegt wird) schlicht unredlich. Niemand kann jetzt in dieser Beziehung schon sagen, was rechtmäßig und was rechtswidrig ist. Si tacuisses.
In letzter Zeit sorgt eine Neuregelung im Zusammenhang mit – wie könnte es anders sein – Corona für Verwirrung. Dabei handelt es sich die kaum aussprechbare Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRGenRCOVMVV), die sich wiederum auf das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG) bezieht.
Diese Verordnung stammt vom 20.10.2020 und führt in ihrem einzigen inhaltlich relevanten Paragraphen aus:
§ 1 Verlängerung von Maßnahmen
Die Geltung der §§ 1 bis 5 gemäß § 7 Absatz 1 bis 5 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie wird bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.
Das irritiert etwas – darum ein paar Fragen und Antworten dazu: