Die Präklusion nach § 296 Abs. 1 ZPO

Im letzten Artikel ging es um die Präklusion an sich und um die Bestimmungen des § 296 Abs. 2, der aufgrund seiner recht unverbindlichen Formulierung eher selten zum Zug kommt.

Praktisch höchst bedeutsam ist dagegen § 296 Abs. 1:

Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

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Gesetzbuch, Gesetz, Ordnung, Verordnung

Es gibt im Wesentlichen zwei Varianten staatlicher Rechtsnormen: Gesetze und Verordnungen. Gesetze werden durch den Gesetzgeber, also durch Bundestag und Bundesrat bzw. durch die Landtage, verabschiedet. Verordnungen erlässt die Bundes- oder Landesregierung oder ein einzelnes Ministerium aufgrund einer in einem Gesetz eingeräumten Befugnis. Während ein Gesetz in Grundrechte eingreifen kann, darf eine Verordnung dies nur, wenn der Grundrechtseingriff bereits im Gesetz vorgesehen ist. Allgemein gesagt muss das Gesetz alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und darf diese nicht der Regierung überlassen.

Das sind in erster Linie staatsorganisationsrechtliche Gesichtspunkte. Für den Bürger macht es praktisch keinen Unterschied, ob eine bestimmte Regelung nun in einem Gesetz oder in einer Verordnung zu finden ist. Trotzdem kann es manchmal nicht uninteressant sein, ob eine bestimmte Rechtsnorm nun ein Gesetz oder eine Verordnung ist. So viel kann man dazu sagen: Der Name der Rechtsnorm alleine hilft nicht unbedingt weiter. „Gesetzbuch, Gesetz, Ordnung, Verordnung“ weiterlesen

Jurist werden

Sie möchten eigentlich Geschichtswissenschaft, Soziologe oder Französische Literatur studieren, haben aber keine Lust, später im Call Center eines Versandhauses zu arbeiten? Kein Problem, es gibt das ideale geisteswissenschaftliche Auffangstudium für Sie. Als studierter Jurist ist man im Grunde überall brauchbar, denn die Welt da draußen besteht nunmal – wie ein hochgebildeter Mensch einst im Vorwort seines ersten Buches festgestellt hat – aus Recht. Daher braucht jede Behörde, jede Firma, jeder Verein und eigentlich sonst auch überhaupt jeder Mensch einen Rechtskundigen.

Vor den Zugang zu den hohen Hallen der Juristerei hat der Gesetzgeber allerdings das Studium gesetzt. Möglicherweise wird irgendwann auf Druck der EU ein bulgarischer Wochenendkurs als Qualifikationsnachweis für Anwälte anerkannt, aber bis dato geht es ohne Studium nicht. Das Jura-Studium dauert gemeinhin acht bis zwölf Semester. Früher waren auch deutlich längere Studienzeiten möglich und üblich, aber mittlerweile schmeißen die Universitäten ihre Kunden gerne schon nach kurzfristiger Überschreitung der Regelstudienzeiten raus. Im Amtsdeutsch nennt sich das „Ausbildungshöchstdauer“, aber „Rausschmeißen“ tritt die Sache wohl besser.

Das Jura-Studium besteht im wesentlichen aus Lesen und Schreiben. Nicht, dass dies so besonders außergewöhnlich wäre, aber die Juristen treiben diese Disziplinen durchaus auf die Spitze. Sie werden also im Studium viele, viele Bücher lesen. Dieses hier ist schon einmal ein guter Anfang. Die Bücher werden aber sehr schnell deutlich dicker werden. Sofern man sich denn auch „echte“ Bücher versteift und nicht etwa zu den „Skripten“ greift, die mittlerweile mannigfaltig angeboten werden. Skripte sind natürlich auch echte Bücher, mit Umschlag, Seiten, Buchstaben und allem drum und dran. Aber sie vermitteln das notwendige Wissen sehr viel prägnanter. Sie benutzen Diagramme, stellen Sachverhalte stichpunktmäßig dar und konzentrieren sich insgesamt mehr auf das Wesentliche. Darum sind Skripte allgemein verpönt. Denn sie sind, wie der mustergültige Student mit einem Anflug von Ekel pflichtgemäß bemängelt, nicht wissenschaftlich. Und was nicht wissenschaftlich ist, ist eines Studenten nicht würdig. Allerdings schert sich der normale (nicht mustergültige) Student überhaupt nicht um die Wissenschaft. Er muss nämlich eine Prüfung bestehen und recht viel weiter reicht der Horizont während des Studiums naheliegenderweise nicht. Denn die Klausuren in den verschiedenen Fächern strömen in rascher Folge auf den Studenten ein und sie alle wollen bestanden werden.

Gelesen werden aber nicht nur Skripte und Bücher, sondern natürlich auch Urteile. Auf den Studenten warten unzählige trockene Gerichtsentscheidungen zum Gesellschaftsrecht, aber auch richtige „Knaller“ wie der Katzenkönig-Fall. Wer das Jura-Studium schon hinter sich hat, wird sich nun denken „Ja, genau, der Katzenkönig…!“ – für die anderen sei der Hintergrund kurz erklärt: Ein Sektenführer überzeugt einen seiner Jünger, dass er eine bestimmte Person töten muss. Ansonsten würde der teuflische Katzenkönig die Erde heimsuchen und Millionen Menschen ermorden. Das Sektenmitglied hat das tatsächlich geglaubt und diese Tötung begangen. Diesen völlig irren Sachverhalt muss man nun einigermaßen in juristische Bahnen bringen und eruieren, ob der Täter hier irgendwelche mildernden Umstände geltend machen kann, weil er ja aus seiner Sicht aus einer Art Notstand heraus gehandelt hat. Und nur zur Klarstellung: Das alles ist wirklich so passiert und es gibt ein Urteil des BGH aus den 80er-Jahren hierzu. Das muss auch passiert sein, denn Juristen hätten gar nicht die Phantasie, sich so einen Fall auszudenken.

Recht ist überall

Die Welt da draußen besteht aus Recht. Gesetze, Gebote, Verbote, Vorschriften – es ist alles Recht. Daneben gibt es noch Naturwissenschaften, aber das war es dann im Wesentlichen schon. Nicht selten kollidieren Recht und Naturwissenschaften auch. Das Parlament des US-Bundesstaates Indiana wollte einst den Wert der Zahl Pi (Sie wissen schon, Dreikommavierzehn, das Verhältnis zwischen Umfang und Radius eines Kreises) per Gesetz festlegen. Man war sich nicht ganz sicher, ob Pi nun besser 3,2 oder 4,0 sein sollte, aber einer Regelung hätte es ganz sicher bedurft. Im Endeffekt hat man es dann doch gelassen und sich mit dem mathematischen Wert begnügt. Aber interessant wäre es sicher schon gewesen, welche Wissenschaft hier den Sieg davongetragen hätte…

Wer die Welt erklären will, muss also das Recht erklären. Freilich, wir hätten auch eine erklärende Homepage über Physik, Biologie oder Chemie anlegen können. Aber in den Naturwissenschaften – seien wir mal ehrlich – ändert sich ja nichts mehr. Das Universum ist da und es wird auch noch einige Zeit da bleiben. Daran können die Wissenschaftler nicht viel ändern, sie können nur das, was da ist, beobachten und mehr schlecht als recht erklären.
Die Möglichkeiten der Juristerei sind da schon ganz andere: Juristen reden nicht nur über das Recht, sie schaffen auch neues. Jeden Tag, jede Stunde, permanent. Der Bundestag schafft Recht. Die Länder und Gemeinden auch. Sogar die Gerichte. Und die – selbstverständlich überbezahlten und unterbeschäftigten – Professoren an den Universitäten auch. Wofür gibt es denn Myriaden von juristischen Zeitschriften, wenn nicht dafür, dort neue Erkenntnisse zu publizieren? Und es müssen nicht einmal Erkenntnisse sein. Eine neue Meinung zu einer alten Frage und Sie haben die juristische Fachwelt zum Überlegen gebracht. Besser noch: Jemand anders kann auf Sie reagieren und auch etwas publizieren.

All das ist Recht. Nicht unbedingt in dem Sinne, dass sich wegen eines Artikels in einer Fachzeitschrift ein Gesetz ändern würde. Aber Sie haben eine neue Interpretationsmöglichkeit für bestehende Gesetze erfunden. Studenten werden Sie in Hausarbeiten zitieren. Für das Ego ist das doch das wichtigste. Das alles mag den juristischen Laien nicht groß interessieren. Aber es zeigt eines: Das Recht ist eine Wissenschaft, die sich auf sich selbst bezieht. Sie kann neue Probleme und Fragen erfinden und sich dann auch gleich an die Lösungen dazu machen. Ist das nicht ein tolles Beschäftigungsfeld? Der gemeine Physiker hat es da nicht so einfach. Er kann nicht von heute auf morgen einen neuen Planeten schaffen. Und der Chemiker kann nicht schnell ein neues Element erfinden. Der Jurist kann es und tut es.

Und weil die Juristerei so eine tolle Wissenschaft ist, hängt ihr ein gewisser Nimbus den Unbegreifbaren nach. Recht ist etwas, das an den Universitäten gelehrt und in den Gerichten gesprochen wird. Dazu gibt es noch Anwälte, die uns durch dieses Dickicht helfen und deren Fachwissen und Rechnungen wir schutzlos ausgeliefert sind.

Diese Homepage ist nicht dazu da, den geneigten Leser zum Juristischen Hochschulabschluss zu führen. Das schafft kein Buch und keine Internetseite, das schaffen offensichtlich nicht einmal unsere Universitäten: Ein Drittel der Studenten fällt beim ersten Staatsexamen durch und ein weiteres Drittel besteht gerade so (und hat damit im Haifischbecken des juristischen Arbeitsmarkts kaum eine Chance). Nach dem Lesen werden Sie sich zu keinem dieser Drittel zählen dürfen, aber Sie verstehen vielleicht das nächste Mal, warum der Anwalt für zwei spärlich beschriebene DIN-A4-Seiten ein vierstelliges Honorar ansetzt. In dem Moment denken Sie sich möglicherweise „Gut, dass ich den ganzen Blödsinn nicht verstehen muss, mir hat die Lektüre des von ein paar Artikeln auf dieser Homepage schon gereicht“.

Politik in Springfield

Nicht alles, was Zeichentrick ist, ist nur für Kinder. Und so bin ich ein großer Fan der Simpsons. Die Serie ist eine wunderbare kulturelle Erscheinung, die das Leben in den USA und das Zeitgeschehen meisterhaft parodiert. Und dazu gehört natürlich auch die Politik – und wie die dargestellt wird, wollte ich mal kurz zusammenfassen. Fortsetzung folgt vielleicht, denn vieles, an das ich mich jetzt noch dunkel erinnern kann, hab ich noch nicht gefunden bzw. keiner Episode zuordnen können.

Die Demokraten: Die demokratische Partei der USA ist im Grunde ein großer Haufen desinteressierter Weicheier einerseits (ein besonderes Beispiel dafür ist Springfields Dauer-Bürgermeister Quimby, siehe unten) und hoffnungslos verkopfter Intellektueller andererseits. Auf ihrem Parteitag hängen Transparente mit „We can’t govern“ und „We hate life and ourselves“. „Politik in Springfield“ weiterlesen

Kein Unterlassungsanspruch gegen Katzenbesuch

Zum Wesen des Eigentums an einer Sache gehört es, dass der Eigentümer frei darüber verfügen kann. Er selbst kann entscheiden, was er mit seinem Eigentum macht und wer es benutzen darf. Gegen unberechtigte Eingriffe kann er sich zur Wehr setzen. Kernvorschrift hierfür ist § 1004 BGB, der einen „Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch“ verbürgt. (Dieser Paragraph wird leider auch für missbräuchliche Abmahnungen analog verwendet, in seiner ursprünglichen Form ist er aber sehr sinnvoll.) § 1004 Abs. 1 BGB lautet:

Wird das Eigentum (…) beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

Dementsprechend wollte es ein Grundstückbesitzer (nennen wir ihn Herrn A) auch nicht dulden, dass die Katze seines Nachbarn (nennen wir ihn Herrn B) in seinen Garten läuft. „Kein Unterlassungsanspruch gegen Katzenbesuch“ weiterlesen

Sie hören von meinem Anwalt!

Dieser Satz ist wohl mittlerweile eine der ernstesten Drohungen, die man als normaler Bürger aussprechen kann. Danach kommt nur noch „Ich weiß, wo du wohnst!“ und die unmittelbare Ankündigung des Faustrechts. Dabei wäre es in vielen Situationen höchst ratsam, sich anwaltlich beraten zu lassen. Viel zu schnell kann man als Laie in einen rechtlichen Fallstrick laufen, den man so nicht bedacht hat. Guter anwaltlicher Rat mag zwar manchmal teuer sein (die Erstberatung ist aber tatsächlich relativ preisgünstig), schlechter Rat dagegen häufig noch teurer.

Wenn man sich beispielsweise ansieht, welche absurden Ratschläge im Internet zur Umgehung banaler Verkehrsbußgelder kursieren, kann man nur den Kopf schütteln. Hier werden völlig praxisuntaugliche Theorien ausgefeilt, mit denen man angeblich um jeden Strafzettel herumkommt. Dass das Verfahren dann in aller Regel mit viel höheren Prozess- und evtl. auch noch Vollstreckungskosten endet, ist sicher nicht im Sinne des Betroffenen.

Dass es in Deutschland einen gewissen Unwillen gibt, sich frühzeitig anwaltlich beraten zu lassen, geht übrigens nicht zu Lasten der Rechtsanwälte. Oft entstehen gerade daraus sehr viel lukrativere Mandate, weil die Sache nicht mit einem Besprechungstermin erledigt ist, sondern unter Umständen bis vor Gericht geht. All das lässt sich der Advokat freilich bezahlen.

Auf dieser Homepage wollen wir etwas Licht ins juristische Dunkel bringen, sowohl für interessierte Laien als auch für Jura-Studenten und fertige Juristen. Es wird um Recht im Alltag, um aktuelle Urteile, aber auch um rechtspolitische Probleme gehen. Und so sehr, wie sich unser Recht Tag für Tag ändert, wie ständig neue Vorschläge aus der Politik gemacht werden, wie permanent bedeutende Urteile gefällt werden, geht uns der Stoff hier sicher so bald nicht aus.

Viel Spaß beim Lesen!

Markus Müller