In Zivilverfahren, wenn also ein Bürger gegen den anderen klagt, richtet sich der Prozess nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). Für das Verfahren bestimmten Zivilprozessen, nämlich in Angelegenheiten des Familienrechts und der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, gilt aber stattdessen grundsätzlich das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Aber auch das wird wieder ausgehebelt. denn für bestimmte Angelegenheiten gelten FamFG und ZPO nebeneinander in einer Art Hybridprozessrecht. Für Anwälte, die in solchen Fällen ihre Mandantn effektiv vertreten wollen, ist es existenziell wichtig, diese Regelung zu kennen und auch richtig anwenden zu können. „Ehen und andere Familienstreitigkeiten“ weiterlesen
Tag: Familienrecht
Kindesunterhalt (II): Details
Die Grundzüge des Kindesunterhalts haben wir vor kurzem erläutert. Heute soll es daher noch um einige Feinheiten, Details und Sonderfälle gehen, die nicht Teil der grundsätzlichen Systematik sind, aber das Ergebnis der Berechnungen ganz entscheidend beeinflussen können.
Einkommensberechnung
Als Einkommen gilt übrigens nur das reine Nettoeinkommen, also nach Abzug aller Sozialabgaben, Steuern und Ausgaben für die Altersvorsorge (max. 4 % des Bruttoeinkommens). „Kindesunterhalt (II): Details“ weiterlesen
Kindesunterhalt (I): Grundzüge
Prozesse, in denen es um Kindesunterhalt geht, sind nie angenehm. Häufig geht es um die eigene Notlage einerseits und um die Bedürfnisse des Kinds andererseits. Nicht selten wird dem anderen Ehegatten unterstellt, er bereichere sich auf Kosten des Minderjährigen an dessen Unterhalt. Und umgekehrt steht der Unterhaltspflichtige leicht im Verdacht, er rechne sich arm, um möglichst wenig zahlen zu müssen. Wie in allen Auseinandersetzungen, in denen eine persönlich-emotionale Komponente mitspielt, ist es am besten, sich auf Zahlen und Fakten zu konzentrieren. Nichts anderes, mit gewissen Spielräumen zur Berücksichtigung des Einzelfalls, macht auch ein Gericht.
Das Unterhaltsrecht von Kindern richtet sich im Wesentlichen nach den allgemeinen Regeln über den Verwandtenunterhalt gemäß §§ 1601 bis 1603 BGB. Die §§ 1612 bis 1612c treffen noch weitere Sonderregelungen für Kinder. Über § 1615a BGB gelten diese Vorschriften auch für nicht verheiratete Eltern. „Kindesunterhalt (I): Grundzüge“ weiterlesen
Keine Zwangsbegutachtung in Sorgerechtsstreitigkeiten
Der BGH hat entschieden (Beschluss vom 17. Februar 2010, XII ZB 68/09), dass eine Zwangsbegutachtung eines Elternteils in einem Sorgerechtsverfahren nicht zulässig ist:
a) In Verfahren nach § 1666 BGB kann ein Elternteil mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht gezwungen werden, sich körperlich oder psychiatrisch/psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem Sachverständigen zu erscheinen (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2009, 944 f.; 2004, 523 f.).
b) Verweigert in Verfahren nach § 1666 BGB ein Elternteil die Mitwirkung an der Begutachtung, kann dieses Verhalten nicht nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung gewürdigt werden.
c) In Betracht kommt allerdings, den die Begutachtung verweigernden Elternteil in Anwesenheit eines Sachverständigen gerichtlich anzuhören und zu diesem Zweck das persönliche Erscheinen des Elternteils anzuordnen und gegebenenfalls gemäß § 33 FGG durchzusetzen (vgl. auch § 33 FamFG).
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Schlüsselgewalt
Die Schlüsselgewalt ist ein Institut des Eherechts. § 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuchs definiert sie folgendermaßen:
Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.
Um die Bedeutung dieser Vorschrift zu erfassen, muss man wissen, dass sich Recht und allgemeines Verständnis über die Wirkungen der Ehe hier sehr unterscheiden. Für Normalsterbliche ist es klar, dass die Ehepartner eine wirtschaftliche Einheit sind. Es gibt ein Familieneinkommen, das vom einen oder anderen oder von beiden erwirtschaftet wird. Und es gibt Familienausgaben, die vom einen oder anderen oder von beiden getätigt werden, um die Bedürfnisse der Familie zu decken. Eine strikte Trennung in „dein“ und „mein“ findet in aller Regel nicht statt.
Anders sieht es aber das BGB. Es gibt einen sogenannten „ehelichen Güterstand“, der normalerweise derjenige der Zugewinngemeinschaft ist. Das bedeutet, dass „das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten werden; dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt“ (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). Jeder behält also alles, was er verdient oder sonst erwirbt, für sich.
Nun geht das Ende des 19. Jahrhunderts konzipierte BGB noch von einer sehr klassischen Rollenverteilung aus. Der Mann arbeitet und bringt das Geld nach Hause, die Frau kümmert sich um die Kinder und den Haushalt. Nun stünde die Frau aber vor dem Problem, dass sie die mit dem Haushalt zusammenhängenden Alltagsgeschäfte gar nicht erledigen könnte, da sie ja kein Geld verdient und das Geld ihres Mannes eben nicht das ihre ist.
Um dem abzuhelfen, gibt es zunächst einen Unterhaltsanspruch. Der verdienende Ehepartner muss dem anderen so viel Geld zukommen lassen, wie es „nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen“ (§ 1360a Abs. 1 BGB).
Ergänzend hierzu existiert aber noch die genannte Schlüsselgewalt, über die Mann und Frau zu Vertragspartnern werden, egal, wer von beiden das Geschäft abgeschlossen hat. Bei Haushaltsgeschäften wird also die Vermögenstrennung durchbrochen, weil das Geschäft eben beide gleichermaßen angeht.
Dadurch, dass beide Ehegatten verpflichtet und berechtigt werden, kann sich der Vertragspartner also direkt an den Berufstätigen halten, der in aller Regel einfach zu belangen ist. Und eine weitere Wertung ist historisch zu beachten: Da (auch) der Mann sämtliche Rechte aus dem Vertrag geltend machen kann, ist die Frau nicht in der misslichen, dass sie selbst vor Gericht ziehen muss, wenn der neue Geschirrspüler nicht funktioniert. Hier kann der Mann selbst klagen, ohne dass er eine Abtretung, Bevollmächtigung oder ähnliche Erlaubnis seitens seiner Frau bräuchte.
Die Schlüsselgewalt nimmt eine Schlüsselstellung im Rahmen des Eherechts ein. Sie hat sicherlich archaische Wurzeln, ist aber auch heute noch von einiger Bedeutung. Zumindest verhindert sie (neben einigen anderen Vorschriften), dass sich die Eheleute einig sind, stets den möglichst mittellosen Partner teure Verträge abschließen zu lassen.