Bundestagwahl: Wenn alle Parteien unter 5 % bleiben

bundestag-2463257_640Bei den nun anstehenden Bundestagswahlen gilt, wie (bis auf leichte Modifikationen bei den Wahlen 1949 und 1990) immer in der Geschichte der Bundesrepublik, die Fünfprozenthürde. Diese besagt, dass nur die Parteien Sitze zugeteilt bekommen, die auch mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen bundesweit erhalten haben.

Fünfprozentklausel von Karlsruhe akzeptiert

So umstritten diese Regelung ist, so sehr wurde sie doch stets vom Bundesverfassungsgericht verteidigt. Die Ungleichbehandlung kleinerer Parteien sei gerechtfertigt, um eine Zersplitterung des Parlaments zu verhindern. Wie so oft in der bundesdeutschen Verfassungstradition wird mahnend auf das Beispiel der Weimarer Republik verwiesen. Nur die größeren Parteien sollen im Bundestag vertreten sein, damit es leichter wird, durch Zusammenarbeit weniger Fraktionen Regierungskoalitionen und Gesetzesmehrheiten zu finden. „Bundestagwahl: Wenn alle Parteien unter 5 % bleiben“ weiterlesen

Bundesverfassungsgericht zu Überhangmandaten

Wenn man manche Presseartikel derzeit liest, könnte man meinen, der ganze Bundestag bestünde ausschließlich aus Überhangmandaten. Als das Bundesverfassungsgericht unser Bundestagswahlrecht für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung für 2013 verlangt hat, ist die Diskussion kurz aufgeflammt, hat sich dann aber gleich wieder beruhigt. Nun wurde auch diese Neuregelung verworfen und so wird man sich um eineverfassungskonforme Ausgestaltung bemühen müssen.

Die SPD wähnt sich aus unbekannten Gründen als Leidtragende von Überhangmandaten, will eine möglichst schnelle Reform und führt teilweise einen fast surrealen Wahlkampf auf der Meta-Ebene. Dabei sind die Überhangmandate an sich keineswegs verfassungswidrig. Nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist lediglich die Problematik des negativen Stimmgewichts. Bevor ich das lang erkläre, verweise ich einfach auf den Wikipedia-Artikel dazu.

Kurz gesagt: Bekommt eine Partei in einem Bundesland, in dem sie Überhangmandate erhält, möglichst wenige Zweitstimmen, dann bekommt sie bundesweit tendenziell mehr Gesamtsitze. Da das ganze kaum vorhersehbar ist, gibt es keine wirkliche Möglichkeit, taktisch so zu wählen, daß man „seiner“ Partei oder ggf. einer bestimmten Koalition mehr Mandate verschafft. Nur, wenn es eine isolierte Wahl in einem bestimmten Wahlkreis gibt und das Ergebnis der restlichen Abstimmung bekannt ist, kann man diese Effekte zielgerichtet nutzen. Und so ist es auch 2005 in Dresden passiert – was die erfolgreiche Klage provoziert hat. Dort rief sogar die CDU dazu auf, doch bitte mit der Zweitstimme die FDP zu wählen. Ob umgekehrt es einen Wahlaufruf seitens Rot-Grün für die CDU gegeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis. (So ein bißchen erinnert das an das Fußballspiel Barbados gegen Grenada 1994…)

Natürlich ist diese Anomalie des Wahlrechts äußerst unglücklich. Aber man sollte nicht so tun, als wäre das ein beachtenswerter und das Abstimmungsverhalten im Regelfall beeinflussender Systemfehler. Da gibt es wirklich noch ganz andere Kritikpunkte an der Wahlgesetzgebung, um die man sich zuerst kümmern sollte.