Die staatsanwaltschaftliche Abschlussverfügung

Dieser Text richtet sich in erster Linie an Rechtsreferendare, vor allem in Bayern, die regelmäßig (im Schnitt fast einmal pro Examenstermin) staatsanwaltschaftliche Abschlussverfügungen entwerfen müssen. Als Beschuldigter eines Ermittlungsverfahren ist es vielleicht auch ganz interessant, zu sehen, wie die Entscheidungsfindung der Staatsanwaltschaft funktioniert, allerdings erhält man selbst nur das Ergebnis dieses Prozesses – den Einstellungsbescheid oder die Anklageschrift. Ebenso bekommt das Opfer einer Straftat nur die Ladung als Zeuge zur Verhandlung oder die Mitteilung, dass das Verfahren eingestellt wurde, und eine Begründung hierfür. Die Abschlussverfügung selbst bleibt ein Behördeninternum, sie ist quasi eine Arbeitsanweisung an die Geschäftsstelle, welche Dokumente sie erstellen und an wen sie diese schicken muss.

Heute stellen wir an einer umfassenden (und selbstverständlich fiktiven) Verfügung dar, wie diese aussehen und welche Regelungen sie beinhalten können. „Die staatsanwaltschaftliche Abschlussverfügung“ weiterlesen

Die Prüfung von Verfahrenshindernissen in der strafrechtlichen Revision

Am Anfang jeder zulässigen Revision prüft das Revisionsgericht, ob die Verfahrensvoraussetzungen für den Strafprozess der Vorinstanz (erste Instanz beim Landgericht oder erste Instanz beim Amtsgericht und Berufungsinstanz beim Landgericht) vorlagen. Dies geschieht auch ohne expliziten Antrag des Beschwerdeführers, wobei es dem Anwalt natürlich unbenommen bleibt, hierzu Ausführungen zu machen, damit das Gericht nichts übersieht.

Es gibt im Wesentlichen folgende Verfahrensvoraussetzungen bzw. -hindernisse: „Die Prüfung von Verfahrenshindernissen in der strafrechtlichen Revision“ weiterlesen

Staatsanwaltschaft vergisst Unterschrift

Manchmal kann eine simple Unterschrift eine riesige Bedeutung haben. Diese Erfahrung musste nun die Leipziger Staatsanwaltschaft machen, die beim Dresdner Oberlandesgericht (Beschluss vom 13. Februar 2014, Az: 2 Ws 658/14) eine Niederlage einstecken musste.

Die Staatsanwaltschaft hatte Verantwortliche der sächsischen Landesbank wegen angeblicher Untreue angeklagt. Das zuständige Landgericht lehnte es ab, den Prozess zu eröffnen, höchstwahrscheinlich, weil es die Vorwürfe nicht für ausreichend hielt (§§ 199 Abs. 1, 204 Abs. 1 StPO). Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt (§ 210 Abs. 2 StPO), sie wollte also, dass das Oberlandesgericht das Landgericht anweist, die Anklage doch zuzulassen.

Diese Beschwerde hätte nach § 306 Abs. 1 StPO eigentlich schriftlich eingelegt werden müssen. Schriftlich bedeutet in dem Fall nicht nur „auf Papier“, sondern auch mit handschriftlicher Unterschrift oder Beglaubigungsvermerk. Der Grund dafür ist, dass für besonders wichtige (sog. „bestimmende“) Schriftsätze sichergestellt sein muss, dass diese wirklich authentisch und endgültig sind, also bspw. nicht lediglich ein Entwurf versehentlich gefaxt wurde.

Die Unterschrift fehlte in diesem Fall allerdings, weswegen das OLG die Beschwerde als unzulässig aufgrund Formfehlers verwarf. Somit wird es also zu keinem Prozess in der Sache kommen.

In der Diskussion hierüber wurde nun gemutmaßt, dass dieser Fehler möglicherweise Absicht gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft (bzw. die dahinterstehende Politik) hätte gar kein Interesse gehabt, einen öffentlichen Prozess anzustrengen, sondern man wollte das Ganze lieber unter den Teppich kehren.

Diese Unterstellung hat aber einige ganz gewichtige Haken. Zum einen hat die Staatsanwaltschaft ja tatsächlich Anklage erhoben. Hätte das Gericht (was die absolute Regel ist) die Anklage zugelassen, wäre es unmittelbar zum Prozess gekommen. Und normalerweise lassen die Gerichte die Anklage auch in Zweifelsfällen zu, wenn es zumindest denkbar erscheint, dass die Angeschuldigten verurteilt werden – ob es dann wirklich für einen Schuldspruch reicht, muss das Gericht nach umfangreicher Beweisaufnahme feststellen. Mit Einreichung der Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft also an sich schon den Prozess in Gang gesetzt.

Und wenn der Staatsanwalt die Angelegenheit stillschweigend hätte beerdigen wollen, dann hätte er es sicher nicht an so einem Fehler scheitern lassen. Denn wenn ein Prozess wegen einer fehlenden Unterschrift platzt, dann wirkt das nach außen sicher alles andere als souverän. Da wäre es sehr viel einfacher und unverfänglicher gewesen, die Nichtzulassung der Anklage einfach zu akzeptieren. „Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass hier die Durchführung eines Hauptverfahrens geboten wäre, aber wir halten die Auffassung des Gerichts ebenfalls für vertretbar und akzeptieren diese aus Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit“ – und damit läge der Schwarze Peter beim Gericht und man selbst wäre aus dem Schneider. Dass es die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss gegeben hätte, ist in der Öffentlichkeit ziemlich unbekannt und kaum jemand hätte den Strafverfolgern hier vorgeworfen, dieses Rechtsmittel nicht ergriffen zu haben. Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn man die Beschwerde einlegt, sie aber an einer Petitesse scheitern lässt.

Diese fehlende Unterschrift war mit Sicherheit ganz einfach ein Fehler, wie er überall passiert, wo Menschen arbeiten.