Die Top Ten für den Mai 2018

https://opfer-notruf.de/2018/05/08/ist-die-verhandlung-immer-oeffentlich/

https://jugendstrafrecht-faq.de/2018/05/28/welche-moeglichkeiten-der-bewaehrung-gibt-es-im-jugendstrafrecht/

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Formvorschriften im Zivilrecht

business-962355Unter einem Vertrag versteht man in aller Regel ein beeindruckend aussehendes Dokument mit viel juristischem Text und Unterschriften darunter. Während nicht wenige Verträge, vor allem bedeutende Verträge tatsächlich so verfasst sind, ist dies keineswegs zwingend. Die allermeisten Verträge werden sogar mündlich oder konkludent (ohne ausdrückliche Erklärungen nur durch schlüssiges Verhalten) geschlossen.

Die wichtigsten Verträge und Rechtsgeschäfte, die der Schriftform bedürfen, sind: „Formvorschriften im Zivilrecht“ weiterlesen

Unterschrift oder Paraphe? Fragen zur Schriftform

business-962355Formfehler sind unnötig und ärgerlich. Vor allem dann, wenn bspw. ein ganzes Gerichtsverfahren wegen einer vergessenen Unterschrift verloren geht. Aber Unterschrift ist nicht gleich Unterschrift: Sogenannte Paraphen erfüllen ebenfalls nicht die Anforderungen, die an eine Unterschrift gestellt werden.

Hier erklären wir, was es damit auf sich hat und worauf man aufpassen muss, um nicht in eine Formfalle hineinzulaufen.

Welche Schreiben müssen unterschrieben werden?

Grundsätzlich bedürfen Schreiben im normalen Rechtsverkehr keiner besonderen Form. Auch nicht unterschriebene Dokumente, E-Mails und sogar mündliche Aussagen sind gültige Willenserklärungen. Etwas anderes gilt nur, wenn das Gesetz ausdrücklich bestimmte Formerfordernisse aufstellt (z.B. bei Verbraucherdarlehensverträgen, befristeten Mietverträgen, Grundstückskaufverträgen, Schenkungsversprechen, Bürgschaften, Kündigungen von Miet- und Arbeitsverträgen). „Unterschrift oder Paraphe? Fragen zur Schriftform“ weiterlesen

Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsrecht

Im Verwaltungsrecht spielt der vorläufige Rechtsschutz eine erhebliche Rolle. Sinn dieses Rechtsinstituts ist es, eine schnelle Regelung herbeizuführen, ohne den oft jahrelangen Rechtsstreit bis zur Entscheidung der Hauptsache abwarten zu müssen.

Dabei kennt die Verwaltungsgerichtsordnung im Wesentlichen zwei voneinander zu unterscheidende Möglichkeiten: Die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5) sowie die einstweilige Anordnung (§ 123). Ersteres ist dabei spezieller, eine einstweilige Anordnung kommt gemäß § 123 Abs. 5 nur in Betracht, wenn § 80 nicht einschlägig ist.

A. Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5)

I. Statthaftigkeit

Die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kommt nur in Betracht, wenn sich der Betroffene gegen einen Verwaltungsakt wehrt. „Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsrecht“ weiterlesen

Die Form eines Verwaltungsakts

Kaum eine offizielle Maßnahme ist derart formfrei wie ein Verwaltungsakt. Dies liegt daran, dass ein Verwaltungsakt („jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist“, § 35 Satz 1 VwVfG) eine tagtägliche Handlungsform von Behörden ist. Permanent wird irgendetwas gegenüber dem Bürger geregelt. Gleichzeitig bezieht sich der eine Begriff des Verwaltungsakts aber auf viele verschiedene Rechtsgebiete und Situationen. Für diese alle einheitliche Formvorschriften festzusetzen, wäre einfach zu pauschal.

So ist es möglich, einen VA schriftlich, elektronisch oder mündlich zu erlassen. Und noch mehr, er kann auch in anderer Weise erlassen werden. (§ 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Diese andere Weise ist zum Beispiel – das mag sich makaber anhören – körperlich. Wenn ein Polizist mit dem Knüppel zuschlägt, dann handelt es sich dabei um einen Verwaltungsakt des unmittelbaren Zwangs, denn der Polizist sagt gleichzeitig „Dulde dieses Zwangsmittel!“. Diese Einordnung stammt noch aus früheren Zeiten, als der verfügbare Rechtsschutz gegen Nicht-Verwaltungsakte noch nicht so ausgeprägt war und man sich darum bemühte, auch solche staatlichen Eingriffe als VA zu deklarieren. „Die Form eines Verwaltungsakts“ weiterlesen

Herr Richter, unterschreiben Sie!

Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben.

Das sagt § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Und dennoch wird kaum ein Beteiligter an einem Rechtsstreit jemals die handschriftliche Unterzeichnung des Richters gesehen haben. Dabei verlangt § 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO doch:

Die Urteile werden den Parteien (…) zugestellt.

Wenn das Urteil vom Richter unterschrieben ist und das Urteil zugestellt wird, dann muss doch auf dem, was zugestellt wird, die Unterschrift des Richters sein.

Das Problem dabei ist nur, dass das Gesetz mit dem einheitlichen Begriffe „Urteil“ ganz verschiedene Dinge meint, die sich erst aus dem Zusammenhang ergeben. „Herr Richter, unterschreiben Sie!“ weiterlesen

Staatsanwaltschaft vergisst Unterschrift

Manchmal kann eine simple Unterschrift eine riesige Bedeutung haben. Diese Erfahrung musste nun die Leipziger Staatsanwaltschaft machen, die beim Dresdner Oberlandesgericht (Beschluss vom 13. Februar 2014, Az: 2 Ws 658/14) eine Niederlage einstecken musste.

Die Staatsanwaltschaft hatte Verantwortliche der sächsischen Landesbank wegen angeblicher Untreue angeklagt. Das zuständige Landgericht lehnte es ab, den Prozess zu eröffnen, höchstwahrscheinlich, weil es die Vorwürfe nicht für ausreichend hielt (§§ 199 Abs. 1, 204 Abs. 1 StPO). Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt (§ 210 Abs. 2 StPO), sie wollte also, dass das Oberlandesgericht das Landgericht anweist, die Anklage doch zuzulassen.

Diese Beschwerde hätte nach § 306 Abs. 1 StPO eigentlich schriftlich eingelegt werden müssen. Schriftlich bedeutet in dem Fall nicht nur „auf Papier“, sondern auch mit handschriftlicher Unterschrift oder Beglaubigungsvermerk. Der Grund dafür ist, dass für besonders wichtige (sog. „bestimmende“) Schriftsätze sichergestellt sein muss, dass diese wirklich authentisch und endgültig sind, also bspw. nicht lediglich ein Entwurf versehentlich gefaxt wurde.

Die Unterschrift fehlte in diesem Fall allerdings, weswegen das OLG die Beschwerde als unzulässig aufgrund Formfehlers verwarf. Somit wird es also zu keinem Prozess in der Sache kommen.

In der Diskussion hierüber wurde nun gemutmaßt, dass dieser Fehler möglicherweise Absicht gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft (bzw. die dahinterstehende Politik) hätte gar kein Interesse gehabt, einen öffentlichen Prozess anzustrengen, sondern man wollte das Ganze lieber unter den Teppich kehren.

Diese Unterstellung hat aber einige ganz gewichtige Haken. Zum einen hat die Staatsanwaltschaft ja tatsächlich Anklage erhoben. Hätte das Gericht (was die absolute Regel ist) die Anklage zugelassen, wäre es unmittelbar zum Prozess gekommen. Und normalerweise lassen die Gerichte die Anklage auch in Zweifelsfällen zu, wenn es zumindest denkbar erscheint, dass die Angeschuldigten verurteilt werden – ob es dann wirklich für einen Schuldspruch reicht, muss das Gericht nach umfangreicher Beweisaufnahme feststellen. Mit Einreichung der Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft also an sich schon den Prozess in Gang gesetzt.

Und wenn der Staatsanwalt die Angelegenheit stillschweigend hätte beerdigen wollen, dann hätte er es sicher nicht an so einem Fehler scheitern lassen. Denn wenn ein Prozess wegen einer fehlenden Unterschrift platzt, dann wirkt das nach außen sicher alles andere als souverän. Da wäre es sehr viel einfacher und unverfänglicher gewesen, die Nichtzulassung der Anklage einfach zu akzeptieren. „Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass hier die Durchführung eines Hauptverfahrens geboten wäre, aber wir halten die Auffassung des Gerichts ebenfalls für vertretbar und akzeptieren diese aus Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit“ – und damit läge der Schwarze Peter beim Gericht und man selbst wäre aus dem Schneider. Dass es die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss gegeben hätte, ist in der Öffentlichkeit ziemlich unbekannt und kaum jemand hätte den Strafverfolgern hier vorgeworfen, dieses Rechtsmittel nicht ergriffen zu haben. Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn man die Beschwerde einlegt, sie aber an einer Petitesse scheitern lässt.

Diese fehlende Unterschrift war mit Sicherheit ganz einfach ein Fehler, wie er überall passiert, wo Menschen arbeiten.

Bundesgerichtshof, 09.06.2010, XII ZB 132/09

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. Juli 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1669 €

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Abänderung eines Urteils zum nachehelichen Unterhalt aus der geschiedenen ersten Ehe des Klägers. Das Urteil des Amtsgerichts vom 5. Februar 2009 ist dem Kläger nicht in Ausfertigung, sondern in beglaubigter Abschrift am 27. März 2009 zugestellt worden. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil ist am 23. Mai 2009 beim Oberlandesgericht eingegangen, die Berufungsbegründung am 27. Mai 2009.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingegangen sei. Die Berufungsfrist habe mit Zustellung der beglaubigten Abschrift des Urteils begonnen.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begehrt.

II.

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50/08 – FamRZ 2010, 357 Tz. 7 m.w.N.).

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig. Sie ist auch begründet.

1. Die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung beginnt nach § 517 ZPO mit Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Die Zustellung erfolgt nach § 317 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 166 Abs. 2 ZPO von Amts wegen. Freilich bleibt das Original des Urteils stets bei den Akten. Stattdessen ist eine Ausfertigung zuzustellen (Wieczorek/Schütze/Rensen ZPO 3. Aufl. § 317 Rdn. 7).

a) Eine Ausfertigung ist eine in gesetzlich bestimmter Form gefertigte Abschrift, die dem Zweck dient, die bei den Akten verbleibende Urschrift nach außen zu vertreten (Senatsbeschluss vom 30. Mai 1990 – XII ZB 33/90 – FamRZ 1990, 1227). Durch die Ausfertigung soll dem Zustellungsempfänger die Gewähr der Übereinstimmung mit der bei den Akten verbleibenden Urteilsurschrift geboten werden (BGHZ 100, 234, 237 = NJW 1987, 2868 m.w.N. sowie BGH Beschlüsse vom 20. Juni 1989 – X ZB 12/87 und vom 28. November 2006 – VIII ZB 116/05 – jeweils veröffentlicht bei juris). Der Ausfertigungsvermerk bezeugt als eine besondere Art der Beurkundung, dass die Ausfertigung mit der Urschrift des Urteils übereinstimmt. Wegen dieser Besonderheit verlangt das Gesetz, dass die Ausfertigung von einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen ist (§ 317 Abs. 4 ZPO).

Mit der Unterschrift erklärt der Urkundsbeamte, dass die in der Ausfertigung wiedergegebenen Teile des Urteils gleich lautend mit denen der Urschrift sind. Diese Erklärung braucht nicht wörtlich in dem Ausfertigungsvermerk enthalten zu sein. Das Gesetz sieht eine bestimmte äußere Form für den Ausfertigungsvermerk nicht vor (BGH Urteil vom 13. März 1969 – III ZR 178/67 – VersR 1969, 709, 710). Die Urteilsabschrift muss aber zumindest durch die Unterschrift des Urkundsbeamten, das Gerichtssiegel oder den Dienststempel und Worte wie „Ausfertigung“ oder „ausgefertigt“ erkennen lassen, dass es sich um eine Ausfertigung im Sinne des § 317 Abs. 4 ZPO handeln soll (BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495). Der Bundesgerichtshof hat deswegen bereits mehrfach die Zustellung beglaubigter Abschriften, die den Beglaubigungsvermerk nicht enthielten oder ihn unvollständig wiedergaben, für unwirksam gehalten, weil es damit für den Zustellungsempfänger an der Gewähr fehle, dass das ihm zugestellte Schriftstück der Urschrift entsprach (vgl. BGHZ 100, 234, 237 f. = NJW 1987, 2868).

b) Ob an Stelle einer Urteilsausfertigung auch eine beglaubigte Urteilsabschrift die Zustellungswirkung des § 517 ZPO begründen kann, ist in der Literatur umstritten (vgl. BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495).

aa) Teilweise wird vertreten, dass die in § 517 ZPO vorausgesetzte Amtszustellung statt in der Form einer vollständigen Urteilsausfertigung auch durch eine beglaubigte Abschrift des Urteils erfolgen kann (Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 517 Rdn. 2; Hk-ZPO/Wöstmann 3. Aufl. § 517 Rdn. 2 und MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 517 Rdn. 9).

Überwiegend wird allerdings unter Hinweis auf die Bedeutung einer Ausfertigung und die Vorschrift des § 317 Abs. 1 und 4 ZPO vertreten, dass nur die Zustellung einer Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung die Berufungsfrist nach § 517 ZPO in Lauf setzen kann (Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 317 Rdn. 4; Musielak/Musielak ZPO 7. Aufl. § 317 Rdn. 3; Wieczorek/Schütze/ Rensen ZPO 3. Aufl. § 317 Rdn. 7 und Prütting/Gehrlein/Lemke ZPO § 517 Rdn. 5).

bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

Die nach § 166 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zuzustellenden Dokumente können grundsätzlich in Urschrift, Ausfertigung oder (beglaubigter) Abschrift zugestellt werden. Dabei ist die Zustellung einer beglaubigten Abschrift stets dann ausreichend, wenn das Gesetz keine andere Regelung enthält (Zöller/Stöber ZPO 28. Aufl. § 166 Rdn. 5). Denn eine besondere Form der Zustellung hat der Gesetzgeber ausdrücklich speziellen materiell- oder prozessrechtlichen Vorschriften vorbehalten (BT-Drucks. 14/4554 S. 15). Eine solche spezielle Vorschrift enthält das Gesetz in § 317 ZPO für die Zustellung von Urteilen.

Dass die Übergabe einer bloßen Abschrift des Urteils nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße und wirksame Zustellung erfüllt, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 20. Juni 1989 – X ZB 12/87 – veröffentlicht bei juris). Soweit die Zustellung einer beglaubigten Abschrift für ausreichend erachtet wird, geht dies auf das frühere Recht zurück, das bis Juni 1977 eine Zustellung im Parteibetrieb vorsah. Die darauf beruhende Rechtsprechung beschränkt sich deswegen auf Fälle, in denen eine beglaubigte Abschrift einer bereits vorliegenden Urteilsausfertigung zugestellt wurde (BGH Urteil vom 10. Juni 1964 – VIII ZR 286/63 – MDR 1964, 916 und Beschlüsse vom 1. Juli 1974 – VIII ZB 17/74 – BGHWarn 1974, 475 und vom 29. September 1959 – VIII ZB 5/59 – NJW 1959, 2117, 2118 m.w.N.). Auf die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des Urteils ohne vorliegende Ausfertigung des Urteils ist diese Rechtsprechung nicht übertragbar. Solange keine Ausfertigung der in den Akten verbleibenden Urschrift des Urteils erstellt ist, ist der Zweck, das Urteil nach außen zu vertreten, nicht erreicht (vgl. BGH Beschluss vom 28. November 2006 – VIII ZB 116/05 – veröffentlicht bei juris). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht die Form der Ausfertigung der besonderen Bedeutung und Wichtigkeit der kundzugebenden Entscheidung. Erst der Ausfertigungsvermerk verleiht der Ausfertigung die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde und bezeugt deren Übereinstimmung mit der in den Akten verbleibenden Urschrift (BGHZ 100, 234, 237 = NJW 1987, 2868 m.w.N.; vgl. auch § 47 BeurkG). Entsprechend lautet die amtliche Überschrift des § 317 ZPO auch „Urteilszustellung und -ausfertigung“ und für schriftlich vorliegende Urteile sieht § 317 Abs. 4 ZPO lediglich die Erstellung von Ausfertigungen und Auszügen vor.

Für die Zustellung als Voraussetzung für den Beginn der Rechtsmittelfrist kommt es entscheidend auf äußere Form und Inhalt der zur Zustellung verwendeten Ausfertigung an; bei Abweichungen zwischen Urschrift und Ausfertigung ist allein die Ausfertigung maßgeblich, weil allein sie nach außen in Erscheinung tritt und die Beschwerdepartei ihre Rechte nur anhand der Ausfertigung wahrnehmen kann und muss (Senatsbeschluss vom 24. Januar 2001 – XII ZB 75/00 – NJW 2001, 1653, 1654 und BGH Beschluss vom 25. Mai 2006 – IV ZB 47/05 – FamRZ 2006, 1114, 1115).

2. Die danach für den Beginn der Berufungsfrist nach §§ 517, 317 ZPO notwendige Ausfertigung des angefochtenen Urteils ist dem Kläger nicht bereits am 27. März 2009 zugestellt worden.

a) Allerdings mangelt es nicht schon deshalb an einer wirksamen Zustellung des Urteils, weil – wie die Rechtsbeschwerde meint – die Unterschrift der mitwirkenden Richterin in der zugestellten beglaubigten Abschrift nicht ordnungsgemäß wiedergegeben sei. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall, wenn die Unterschrift in Klammern gesetzt und kein weiterer Hinweis (etwa „gez.“) hinzugefügt ist, dass der Richter das Urteil unterschrieben hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es allerdings aus, wenn in der Ausfertigung die Namen der beteiligten Richter in Maschinenschrift ohne Klammern angegeben sind. Dann ist im Allgemeinen ein weiterer auf die Unterzeichnung hinweisender Zusatz nicht erforderlich (Senatsbeschluss vom 30. Mai 1990 – XII ZB 33/90 – FamRZ 1990, 1227; BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495 und Beschluss vom 1. April 1981 – VIII ZB 24/81 – VersR 1981, 576).

b) Bei der dem Kläger zugestellten Abschrift handelt es sich jedoch nicht um eine Ausfertigung des Urteils. Denn dieser Abschrift fehlt ein Ausfertigungsvermerk, der – wie ausgeführt – nicht durch den vorhandenen Beglaubigungsvermerk ersetzt werden kann.

3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung ergibt sich eine wirksame Zustellung am 27. März 2009 auch nicht aus der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Parteizustellung.

Soweit im Rahmen der bis Juni 1977 vorzunehmenden Parteizustellung eine beglaubigte Abschrift der Urteilsausfertigung zugestellt werden durfte, hing die Wirksamkeit der Zustellung davon ab, dass die beglaubigte Abschrift in allen wesentlichen Punkten mit der zuvor erteilten Ausfertigung übereinstimmte (BGH Beschluss vom 1. Juli 1974 – VIII ZB 17/74 – BGHWarn 1974, 475). Es folgt schon aus der Natur der Sache, dass eine beglaubigte Abschrift nicht erstellt werden kann, bevor das Original – und im Falle einer beglaubigten Abschrift der Ausfertigung die Ausfertigung selbst – erstellt ist. Entsprechend sieht § 317 Abs. 2 ZPO vor, dass Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften eines Urteils nicht erteilt werden dürfen, solange das Urteil nicht verkündet und nicht unterschrieben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Mai 2007 – XII ZB 82/06 – NJW 2007, 3640 Tz. 20).

Hier wurde die vollstreckbare Ausfertigung des angefochtenen Urteils ausweislich der Gerichtsakten erst am 4. Mai 2009 erstellt. Bei der schon zuvor am 27. März 2009 zugestellten beglaubigten Abschrift kann es sich mithin nicht um die Beglaubigung der erst später erstellten Urteilsausfertigung handeln.

4. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beginnt der Lauf der einmonatigen Berufungsfrist aus § 517 ZPO nicht, wenn den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Ausfertigung und Zustellung des erstinstanzlichen Urteils zu stellen sind, nicht Genüge getan ist (BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495). Das ist auch hier der Fall.

Im Zeitpunkt der Zustellung am 27. März 2009 war entgegen der zwingenden Vorschrift des § 317 ZPO noch keine Ausfertigung des angefochtenen Urteils erteilt. Die Zustellung der beglaubigten Abschrift des Urteils hat die Berufungsfrist deswegen noch nicht in Lauf gesetzt. Selbst nach Erteilung der vollstreckbaren Urteilsausfertigung am 4. Mai 2009 ist keine weitere Zustellung an den Kläger erfolgt. Er hat folglich mit der am 23. Mai 2009 eingegangenen Berufungsschrift die Berufungsfrist des § 517 ZPO und mit der am 27. Mai 2009 eingegangenen Berufungsbegründung die Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO gewahrt. Das Berufungsgericht hat die Berufung deswegen zu Unrecht verworfen. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers ist der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur weiteren Veranlassung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.