Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsrecht

Im Verwaltungsrecht spielt der vorläufige Rechtsschutz eine erhebliche Rolle. Sinn dieses Rechtsinstituts ist es, eine schnelle Regelung herbeizuführen, ohne den oft jahrelangen Rechtsstreit bis zur Entscheidung der Hauptsache abwarten zu müssen.

Dabei kennt die Verwaltungsgerichtsordnung im Wesentlichen zwei voneinander zu unterscheidende Möglichkeiten: Die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5) sowie die einstweilige Anordnung (§ 123). Ersteres ist dabei spezieller, eine einstweilige Anordnung kommt gemäß § 123 Abs. 5 nur in Betracht, wenn § 80 nicht einschlägig ist.

A. Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5)

I. Statthaftigkeit

Die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kommt nur in Betracht, wenn sich der Betroffene gegen einen Verwaltungsakt wehrt. „Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsrecht“ weiterlesen

Allgemeinpolitische Beschlussfassungen von Gemeindeparlamenten

Gemeinden ist es untersagt, allgemeinpolitische Beschlüsse zu Themen zu fassen, die zur Zuständigkeit anderer politischer Ebenen gehörden. Solche Themen sind keine Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Denkbar ist aber eine etwas vorsichtigere Form der Beschlussfassung.

In Kommunalparlamenten wie dem Kreistag, Stadtrat oder Gemeinderat gibt es desöfteren Abstimmungen über politische Stellungnahmen zu aktuellen Themen. Der Gegenstand dieser Stellungnahmen ist ein Spiegelbild der jeweiligen politischen Stimmungen: Während des Kalten Kriegs erklärte man sich gern zur „atomwaffenfreien Gemeinde“, später ging es um Gentechnik oder um die Benzinsteuer, heute um Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA und die eine oder andere Resolution zur Flüchtlingskrise wird es auch schon gegeben haben. „Allgemeinpolitische Beschlussfassungen von Gemeindeparlamenten“ weiterlesen

Schottische Unabhängigkeit: Warum ein zweites Referendum legitim wäre

War’s das? Haben zwei Millionen im Jahr 2014 wahlberechtigte schottische Bürger das Schicksal des Landes als Teil des Vereinigten Königreichs für alle Zeit besiegelt? Oder gibt es doch die Möglichkeit, ein weiteres Mal abzustimmen?

Die Schotten haben sich mit einer Mehrheit von 55 zu 45 % für einen zeitweiligen Verbleib im Königreich von Großbritannien und Nordirland ausgesprochen. Schnell entbrannte jedoch eine Diskussion darüber, dass diese Entscheidung möglicherweise nicht in Stein gemeißelt ist, sondern in einigen Jahren eine zweite Abstimmung folgen könnte. Wäre ein solches Referendum legitim? Diese Frage lässt sich nur klären, wenn man sowohl juristische als auch politische Gesichtspunkte miteinbezieht. „Schottische Unabhängigkeit: Warum ein zweites Referendum legitim wäre“ weiterlesen

Die Wiederaufnahme des Verfahrens (II)

In letztem Artikel habe ich die Gründe für eine Wiederaufnahme eines Strafverfahrens beschrieben. Heute soll es darum gehen, wie das Verfahren zur Wiederaufnahme konkret abläuft.

Zuständiges Gericht

Für die Frage der Zuständigkeit des Gerichts verweist § 367 Abs. 1 Satz 1 StPO auf das Gerichtsverfassungsgesetz. § 140a GVG sieht vor, dass das „ein anderes Gericht mit gleicher sachlicher Zuständigkeit als das Gericht, gegen dessen Entscheidung sich der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens richtet“, zuständig ist. Wird also ein Urteil des Landgerichts Augsburg angefochten, kann bspw. das Landgericht München zuständig sein. Die genaue Zuständigkeitsverteilung wird durch das Präsidium des jeweiligen Oberlandesgerichts festgelegt.

Antrag

Der Antrag des Verurteilten muss von einem Anwalt unterzeichnet sein (§ 366 Abs. 2 StPO) und den Wiederaufnahmegrund sowie die Beweismittel dafür angeben (§ 366 Abs. 1 StPO). Es muss also ganz konkret gesagt werden, dass das Urteil bspw. wegen Urkundenfälschung aufgehoben werden soll, und zudem, woraus sich ergibt, dass die Urkunde gefälscht war. Das ist ein Gegensatz zu einem normalen Rechtsmittel das in der Regel nicht extra begründet werden muss.

Das zuständige Gericht entscheidet dann zunächst darüber, ob der Antrag überhaupt zulässig ist, also ob er formell korrekt ist, ein vorgesehener Wiederaufnahmegrund geltend gemacht wurde und dafür ein Beweismittel angeboten wird (§ 368 Abs. 1 StPO). Dabei geht es aber noch nicht darum, ob der Wiederaufnahmeantrag Erfolg haben wird – es findet also keine prozessmäßige Prüfung des Beweises statt. Das Gericht weist den Antrag also nur dann als unzulässig zurück (es „verwirft ihn“), wenn es nicht einmal aus Sicht des Antragstellers (wenn also alles, was er beweisen will, als bewiesen vorausgesetzt wird) eine Erfolgsaussicht gibt. Das ist z.B. dann der Fall, wenn er einfach nur behauptet, das Urteil wäre falsch, oder wenn eine angeblich falsche Zeugenaussage moniert wird, ohne einen Beweis anzubieten, aus dem sich das ergeben soll.

Beweisaufnahme

Ist der Antrag zulässig, bestimmt das Gericht einen Richter, der die Beweisaufnahme durchführt, § 369 Abs. 1 StPO. Dabei hat er ziemlich freie Hand, wie er dies bewerkstelligt. Ein „richtiger“ Prozess unter Anwesenheit der Beteiligten findet dabei nur statt, um Zeugen und Sachverständige zu vernehmen. Im Übrigen werden hauptsächlich schriftliche Stellungnahmen und Erklärungen ausgetauscht.

Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass ein Wiederaufnahmegrund vorliegt, ordnet es eine neue Hauptverhandlung an (§ 370 Abs. 2 StPO). Nur, wenn absolut klar ist, dass das Urteil nicht anders als Freispruch lauten kann, kann das Wiederaufnahmegericht den Angeklagten selbst freisprechen (§ 371 Abs. 2 StPO).

Neue Hauptverhandlung

Die neue Hauptverhandlung ist durchzuführen wie jede andere Hauptverhandlung auch. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass zwar der Wiederaufnahmegrund bestätigt wird, das Urteil aber dasselbe bleibt. Wenn ein Zeuge der Falschaussage überführt ist, kann es trotzdem sein, dass die übrigen Beweismittel immer noch die Schuld des Angeklagten belegen.

Da es theoretisch sein könnte, dass das neue Gericht die Angelegenheit gravierender beurteilt als das ursprüngliche, darf die Strafe nicht schwerer ausfallen als beim ursprünglichen Urteil. Der Angeklagte soll also kein Risiko eingehen müssen, wenn er sich schon auf den beschwerlichen Weg der Wiederaufnahme macht. Dementsprechend gilt dies nur, wenn der Antrag vom Verurteilten selbst oder von der Staatsanwaltschaft zu seinen Gunsten gestellt wurde.