„Bullen raus aus der Versammlung!“

Dieser Satz hat den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) 250 Euro gekostet. Nicht, weil sich ein Polizist wegen dieser etwas despektierlichen Bezeichnung beleidigt gefühlt hätte. Es ging vielmehr um die Art und Weise, wie der Satz gefallen ist: Durch ein Megaphon bei einer Demonstration.

Eine Demonstration ist eine Versammlung, die durch die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) geschützt ist. Für Versammlungen braucht man grundsätzlich keine Erlaubnis. Das Versammlungsgesetz des Freistaats Bayern sieht lediglich vor, dass man die Versammlung anmelden muss (Art. 13 VersG). Man teilt also spätestens 48 Stunden vor Beginn der Versammlung der zuständigen Behörde (Landkreis oder Kreisfreie Stadt) mit, was man vor hat. Man muss nun keine Antwort und erst keine Genehmigung der Behörde abwarten, man hat damit seiner Pflicht vollauf Genüge getan. „„Bullen raus aus der Versammlung!““ weiterlesen

Bemerkungen zum Hobby-Lobby-Urteil

In einer juristischen Auseinandersetzung zwischen dem US-Gesundheitsministerium und der Heimwerkerkette Hobby Lobby hat der US Supreme Court entschieden, dass die Regierung kein Recht hat, Arbeitgeber zum Abschluss einer Krankenversicherung für ihre Angestellten zu verpflichten, die auch Abtreibungen finanziert. Eine Zusammenfassung des Urteil finden Sie hier und die Zitate beziehen sich auch hierauf und nicht auf die an vielen Stellen schwer verständliche Original-Entscheidung. „Bemerkungen zum Hobby-Lobby-Urteil“ weiterlesen

Hobby Lobby

Außerhalb der USA mag man sich fragen, was „Hobby Lobby“ denn sein soll. In den USA kannten bisher wohl auch nicht so viele Menschen den Heimwerkermarkt, denn gut 500 Filialen sind in einem derart riesigen Land nicht so wahnsinnig viel. Das dürfte sich nun geändert haben und „schuld“ ist der Supreme Court, das oberste Gericht der USA.

Ein Kernstück der Obama-Regierung war die Einführung einer bundesweiten Pflicht-Krankenversicherung für alle Bürger. Diese hat längst an Popularität verloren, da sich ihre zahlreiche praktischen Probleme gezeigt haben. Von nicht funktionierenden Anmelde-Homepages über explodierende Versicherungsprämien bis hin zu der Tatsache, dass Krankenhäuser nun Obdachlose und andere Sozialfälle nicht mehr kostenlos behandeln dürfen, hat diese Reform bisher hauptsächlich Ärger eingebracht. Auch aus prinzipiellen Gründen lehnen die meisten Bürger in den traditionell freiheitlich orientierten Vereinigten Staaten diese Form der Staatswirtschaft ab. „Hobby Lobby“ weiterlesen

Sonderstatusverhältnis: Die besondere Gewalt gegen Schüler, Beamte und Häftlinge

Grundrechte sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. In allen anderen Konstellationen gelten Grundrechte nicht: Sie gelten nicht für den Bürger gegenüber dem anderen Bürger und nicht für Teile des Staates gegenüber dem Staat.

Nun hat sich gewohnheitsrechtlich die Figur entwickelt, dass Personen, die in die staatliche Organisation eingebunden sind, insoweit keine Grundrechte geltend machen können, da sie eben selbst Teil des Staates werden. Das nannte sich ursprünglich „besonderes Gewaltverhältnis“, heute bezeichnet man es weniger martialisch als „Sonderstatusverhältnis“ oder „Sonderrechtsverhältnis“. Ein Beamter (das typische Beispiel) ist also in seiner Dienstzeit kein individuelles Wesen mehr, das seine Grundrechte ausübt, sondern ein neutrales Werkzeug des Staates. Als solcher kann er bspw. nicht jederzeit seine Meinung sagen (Art. 5 Abs. 1 GG) oder dem normalen Bürger nicht auch noch als Vertreter eines Verein (Art. 9 Abs. 1 GG) entgegentreten. „Sonderstatusverhältnis: Die besondere Gewalt gegen Schüler, Beamte und Häftlinge“ weiterlesen

Verfassungsrecht außerhalb des Grundgesetzes?

In einem der letzten Beiträge ging es um das Verhältnis von Grundgesetz und Verfassung im Allgemeinen. Um es kurz zusammenzufassen: Eine Verfassung im eigentlichen Sinne ist die gesamte Verfassungsrechtsordnung, ein Verfassungsgesetz (auch Grundgesetz genannt) ist die zentrale geschriebene Rechtsnorm der Verfassung. Die Verfassungsrechtsordnung kann also noch andere Bestandteile beinhalten als nur das Grundgesetz. Daher stellt sich im Speziellen auch die Frage, ob es in Deutschland Verfassungsrecht gibt, das nicht im Grundgesetz niedergeschrieben ist. „Verfassungsrecht außerhalb des Grundgesetzes?“ weiterlesen

Verfassung und Grundgesetz

the-basic-law-2454404_640Die deutsche Verfassung heißt bekanntlich (und auch aus den bekannten historischen und politischen Gründen, die mit rechtlichen Dingen wenig zu tun haben) Grundgesetz. Auch zahlreiche andere Verfassungen auf der Welt tragen den Namen Grundgesetz. Aber kann man das so verkürzt überhaupt sagen? Sind das Verfassungen mit dem Namen „Grundgesetz“ und sind eine Verfassung und ein Grundgesetz überhaupt dasselbe?

Wie so oft in der Juristerei muss man sagen: Das kommt auf die Sichtweise an. „Verfassung und Grundgesetz“ weiterlesen

US-Verfassungsversammlung: Wie wäre die Constitutional Convention zusammengesetzt?

In einem der letzten Beiträge ging es um die Möglichkeit einer Versammlung, die Änderungen an der US-Verfassung auf den Weg bringen kann. Auch, wenn deren Voraussetzungen derzeit nicht vorliegen, stellt sich doch die Frage, wie genau das Prozedere einer solchen Versammlung wäre. Die Verfassung selbst sagt nur „The Congress (…) shall call a Convention“.

Wie sich diese Versammlung zusammensetzen soll, geht nicht hervor. Dass die Einzelstaaten selbst entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihre Delegierten wählen, liegt auf der Hand. Unklar ist aber die Zahl der Vertreter, die jedem US-Staat zustehen würde. „US-Verfassungsversammlung: Wie wäre die Constitutional Convention zusammengesetzt?“ weiterlesen

Eine Verfassungsversammlung für die USA?

In den US-Medien wird derzeit darüber diskutiert, ob es eine Verfassungsversammlung (Constitutional Convention) geben muss. Hintergrund ist eine Bestimmung der amerikanischen Verfassung. Artikel V der amerikanischen Verfassung ermöglicht es den Staaten, eine Versammlung einzuberufen, die Verfassungsänderungen (im Rechtsterminus „amendments“, also eigentlich „Zusätze“) vorschlagen kann, die dann auf dem üblichen Weg ratifiziert werden.

Dafür müssen zwei Drittel der Staaten zustimmen, derzeit also 34 von 50. Ob diese „magische Zahl“ 34 nun erreicht ist oder nicht, kann nur beantwortet werden, wenn man sich über die Zählweise im Klaren ist. Und dies wirft viele Fragen auf. „Eine Verfassungsversammlung für die USA?“ weiterlesen

Aufhebung des Kooperationsverbots: Zentralisierung durch die Hintertür

Wer zahlt, schafft an – so lautet ein allgemein bekanntes Motto. Aus diesem Grund ist es dem Bund auch grundsätzlich gemäß § 104b GG verboten, den Ländern für die Bereiche Geldmittel zur Verfügung zu stellen, bezüglich derer sie die alleinige Gesetzgebung haben. Dieses „Kooperationsverbot“ will vergiftete Geschenke verhindern, die sich so gestalten, dass der Bund Finanzanreize setzt, wenn die Länder bestimmte Maßnahmen ergreifen. Das bedeutet vor allem im Bildungsbereich, dass der Bund Schulen und Hochschulen nicht finanzieren darf, da diese Sache der Länder sind. „Aufhebung des Kooperationsverbots: Zentralisierung durch die Hintertür“ weiterlesen

Bayern und das Grundgesetz

bavaria-595684_640Immer wieder wird der Mythos beschworen, Bayern (genauer gesagt: der bayerische Landtag bzw. die CSU-Mehrheit) hätte das Grundgesetz abgelehnt. Das ist völliger Unsinn.

Richtig ist, dass der bayerische Landtag am 19. Mai 1949 das „Bonner Grundgesetz“ diskutierte und nach lebhafter Debatte am frühen Morgen des 20. Mai gegen das GG als Verfassung für den potentiellen neuen deutschen Staat stimmte. Aber noch in derselben Sitzung, nur wenige Stunden später, wurde entscheiden, dass das Grundgesetz trotzdem auch in Bayern gelten solle. „Bayern und das Grundgesetz“ weiterlesen