Die Top Ten für den März 2018

https://vereinsrecht-faq.de/2018/03/duerfen-an-ehrenamtlich-taetige-mitglieder-aufwandsentschaedigungen-gezahlt-werden/

https://rechtshistorie.de/2018/03/20/warum-nehmen-die-bienen-eine-wichtige-stellung-im-bgb-ein/

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Vermutung und Fiktion

Die Vorstellungswelt des Gesetzgebers ist einfach: Tatbestand und Rechtsfolge werden einfach verknüpft – wenn etwas bestimmtes gegeben ist, dann tritt eine bestimmte Rechtsfolge ein. Der Eigentümer kann vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. (§ 985) Wenn der eine Eigentümer und der andere Besitzer einer Sache ist, dann erhält Ersterer die Sache von Letzterem. Die Schwierigkeit liegt nicht darin, diese völlig banale Norm anzuwenden; bedeutend schwieriger kann es sein, das Vorliegen der Voraussetzungen auch zu beweisen.

Aus diesem Grunde gibt es verschiedene juristische Methoden, das Vorliegen bestimmter Tatsachen dadurch festzustellen, dass man sich an anderen Tatsachen orientiert, die leichter zu beweisen sind. „Vermutung und Fiktion“ weiterlesen

Katze trifft Auto

Man nehme folgenden Fall: Eine Katze läuft in ein Auto. Die Katze wird verletzt, es entstehen Tierarztkosten. Das Auto wird beschädigt und muss repariert werden. Wer zahlt?

Das deutsche Schadenersatzrecht ist vom Verschuldensgrundsatz geprägt. Zahlen muss nur der, den ein Verschulden trifft, der als „etwas dafür kann“. In diesem Fall kann man (wenn sich beide ordnungsgemäß verhalten haben) weder dem Besitzer der Katze noch dem Autofahrer einen Vorwurf machen. Also müsste jeder seinen Schaden selbst zahlen und keiner hätte einen Anspruch gegen den anderen. „Katze trifft Auto“ weiterlesen

Umständliche Ausdrucksweise

Juristen sind eigentlich dafür bekannt, sich umständlich auszudrücken – das denkt zumindest die Allgemeinheit. Tatsächlich pflegt die Juristerei (meistens) eine ziemlich präzise Sprache. Ein bestimmter Begriff mag nicht gleich verständlich sein, aber wenn man ihn einmal verstanden hat, kann man Gesetze, an denen dieser Begriff wiederum verwendet wird, sehr einfach interpretieren. Zumindest sollte das so sein, leider hat die Begriffsschärfe bei neuen Gesetzen in den letzten Jahren und Jahrzehnten etwas nachgelassen.

Aber auch der Satzbau von Rechtsnormen ist nicht immer leicht zu verstehen. Wenn dem so ist, dann mag das aber nicht nur daran liegen, dass man sich einer absichtlich verkomplizierten juristischen Geheimsprache bedient. Manchmal hat das schon seinen Sinn.

So sagt § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB (eine der wichtigsten Grundnormen des neuen Schuldrechts):

Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.

Satz 2 schränkt das Recht auf Schadenersatz aber wieder ein:

Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

„Zu vertreten“ bedeutet hier ganz einfach „fahrlässig oder vorsätzlich“ und wird normalerweise mit dem Begriff „schuldhaft“ zusammengefasst. Man hätte also theoretisch den zweiten Satz ganz weglassen und einfach schreiben können:

Verletzt der Schuldner schuldhaft eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.

Dass man es anders gelöst hat, liegt nicht nur daran, dass man den unschönen Zusammenprall dreier Wörter mit „Schuld“ vermeiden wollte. Auch das doppelte „nicht“ im zweiten Satz hat eine Funktion. Dadurch wird das Verschulden des Schuldners vermutet. Kann er nichts dafür, muss er seine Schuldlosigkeit vermeiden. Man muss diesen Satz also so lesen:

Dies gilt nur dann nicht, wenn der Schuldner beweisen kann, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Warum man es dann nicht so ins Gesetz geschrieben hat? Nun ja, das ist dann wohl doch wieder Teil einer absichtlich verkomplizierten juristischen Geheimsprache.

Die Bienen im BGB

Bienen müssen äußerst wichtige Tiere sein. Jedenfalls sind sie die einzigen, denen sich das BGB derart ausführlich widmet:

§. 961.
Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigenthümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigenthümer die Verfolgung aufgiebt.

§. 962.
Der Eigenthümer des Bienenschwarmes darf bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht besetzte Bienenwohnung eingezogen, so darf der Eigenthümer des Schwarmes zum Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder herausbrechen. Er hat den entstehenden Schaden zu ersetzen.

§. 963.
Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme mehrerer Eigenthümer, so werden die Eigenthümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigenthümer des eingefangenen Gesammtschwarmes; die Antheile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten Schwärme.

§. 964.
Ist ein Bienenschwarm in eine fremde besetzte Bienenwohnung eingezogen, so erstrecken sich das Eigenthum und die sonstigen Rechte an den Bienen, mit denen die Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen Schwarm. Das Eigenthum und die sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarme erlöschen.

Und wie zeitlos die Bienen und die mit ihnen einhergehenden rechtlichen Probleme sind, zeigt auch, dass diese Paragraphen (im Gegensatz zu praktisch allen anderen Vorschriften) seit 114 Jahren unverändert sind. Bis auf eine Ausnahme natürlich: Den Eigenthümer schreibt man nicht mehr mit th.

Schlüsselgewalt

Die Schlüsselgewalt ist ein Institut des Eherechts. § 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuchs definiert sie folgendermaßen:

Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.

Um die Bedeutung dieser Vorschrift zu erfassen, muss man wissen, dass sich Recht und allgemeines Verständnis über die Wirkungen der Ehe hier sehr unterscheiden. Für Normalsterbliche ist es klar, dass die Ehepartner eine wirtschaftliche Einheit sind. Es gibt ein Familieneinkommen, das vom einen oder anderen oder von beiden erwirtschaftet wird. Und es gibt Familienausgaben, die vom einen oder anderen oder von beiden getätigt werden, um die Bedürfnisse der Familie zu decken. Eine strikte Trennung in „dein“ und „mein“ findet in aller Regel nicht statt.

Anders sieht es aber das BGB. Es gibt einen sogenannten „ehelichen Güterstand“, der normalerweise derjenige der Zugewinngemeinschaft ist. Das bedeutet, dass „das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten werden; dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt“ (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). Jeder behält also alles, was er verdient oder sonst erwirbt, für sich.

Nun geht das Ende des 19. Jahrhunderts konzipierte BGB noch von einer sehr klassischen Rollenverteilung aus. Der Mann arbeitet und bringt das Geld nach Hause, die Frau kümmert sich um die Kinder und den Haushalt. Nun stünde die Frau aber vor dem Problem, dass sie die mit dem Haushalt zusammenhängenden Alltagsgeschäfte gar nicht erledigen könnte, da sie ja kein Geld verdient und das Geld ihres Mannes eben nicht das ihre ist.

Um dem abzuhelfen, gibt es zunächst einen Unterhaltsanspruch. Der verdienende Ehepartner muss dem anderen so viel Geld zukommen lassen, wie es „nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen“ (§ 1360a Abs. 1 BGB).

Ergänzend hierzu existiert aber noch die genannte Schlüsselgewalt, über die Mann und Frau zu Vertragspartnern werden, egal, wer von beiden das Geschäft abgeschlossen hat. Bei Haushaltsgeschäften wird also die Vermögenstrennung durchbrochen, weil das Geschäft eben beide gleichermaßen angeht.

Dadurch, dass beide Ehegatten verpflichtet und berechtigt werden, kann sich der Vertragspartner also direkt an den Berufstätigen halten, der in aller Regel einfach zu belangen ist. Und eine weitere Wertung ist historisch zu beachten: Da (auch) der Mann sämtliche Rechte aus dem Vertrag geltend machen kann, ist die Frau nicht in der misslichen, dass sie selbst vor Gericht ziehen muss, wenn der neue Geschirrspüler nicht funktioniert. Hier kann der Mann selbst klagen, ohne dass er eine Abtretung, Bevollmächtigung oder ähnliche Erlaubnis seitens seiner Frau bräuchte.

Die Schlüsselgewalt nimmt eine Schlüsselstellung im Rahmen des Eherechts ein. Sie hat sicherlich archaische Wurzeln, ist aber auch heute noch von einiger Bedeutung. Zumindest verhindert sie (neben einigen anderen Vorschriften), dass sich die Eheleute einig sind, stets den möglichst mittellosen Partner teure Verträge abschließen zu lassen.