Eine Verfassungsversammlung für die USA?

In den US-Medien wird derzeit darüber diskutiert, ob es eine Verfassungsversammlung (Constitutional Convention) geben muss. Hintergrund ist eine Bestimmung der amerikanischen Verfassung. Artikel V der amerikanischen Verfassung ermöglicht es den Staaten, eine Versammlung einzuberufen, die Verfassungsänderungen (im Rechtsterminus „amendments“, also eigentlich „Zusätze“) vorschlagen kann, die dann auf dem üblichen Weg ratifiziert werden.

Dafür müssen zwei Drittel der Staaten zustimmen, derzeit also 34 von 50. Ob diese „magische Zahl“ 34 nun erreicht ist oder nicht, kann nur beantwortet werden, wenn man sich über die Zählweise im Klaren ist. Und dies wirft viele Fragen auf. „Eine Verfassungsversammlung für die USA?“ weiterlesen

Aufhebung des Kooperationsverbots: Zentralisierung durch die Hintertür

Wer zahlt, schafft an – so lautet ein allgemein bekanntes Motto. Aus diesem Grund ist es dem Bund auch grundsätzlich gemäß § 104b GG verboten, den Ländern für die Bereiche Geldmittel zur Verfügung zu stellen, bezüglich derer sie die alleinige Gesetzgebung haben. Dieses „Kooperationsverbot“ will vergiftete Geschenke verhindern, die sich so gestalten, dass der Bund Finanzanreize setzt, wenn die Länder bestimmte Maßnahmen ergreifen. Das bedeutet vor allem im Bildungsbereich, dass der Bund Schulen und Hochschulen nicht finanzieren darf, da diese Sache der Länder sind. „Aufhebung des Kooperationsverbots: Zentralisierung durch die Hintertür“ weiterlesen

Warnwestenpflicht ab 1. Juli 2014

Die 48. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, die der Bundesrat bereits vor fast einem Jahr verabschiedet hat, führt eine Warnwestenpflicht in die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) ein. Damit soll die Sichtbarkeit der Fahrzeuginsassen, die bei einer Panne oder einem Unfall das Fahrzeug verlassen und am Straßenrand warten, verbessert werden.

Ab 1. Juli 2014 wird es so gemäß § 53a Abs. 2 Nr. 3 StVZO Pflicht in Deutschland, eine Warnweste im Auto mitzuführen. Und zwar genau eine. Egal, wie viele Menschen im Auto Platz haben, egal, wie viele Menschen mitfahren, und egal, wie viele im Falle einer Panne aussteigen. Es reicht nach dem Willen des Verordnungsgebers, wenn ein einzelner Fahrzeuginsasse gut sichtbar ist. „Warnwestenpflicht ab 1. Juli 2014“ weiterlesen

Schlechte juristische Argumentation (IV)

Die vierte Folge unserer Artikelreihe zu schlechter juristischer Argumentation. Alle Artikel, auch die künftigen, finden Sie unter dem gleichnamigen Schlagwort.

12. Hüpfen Sie wild umher Schlechte juristische Argumentation (IV)“ weiterlesen

Gesetzgebungstätigkeit im historischen Vergleich

Immer mehr Gesetze? Ja, der Eindruck ist nicht so falsch.
Immer mehr Gesetze? Ja, der Eindruck ist nicht so falsch.
Gesetze und bedeutende Rechtsnormen werden im Bundesgesetzblatt, Teil I, veröffentlicht, um Wirksamkeit zu erlangen. Auf diese Weise kann sie (theoretisch) jeder Bürger nachlesen und so erkennen, was erlaubt und verboten ist. Diesen Vorgang nennt man „Verkündung“. (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG)

Dieses Prinzip der Verkündung gibt es vielen Staaten und dies kennt der deutsche Staat schon seit seiner Gründung. Die damalige Verfassung des Kaiserreichs sah in Art. 2 Satz 2 vor:

Die Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Reichswegen, welche vermittelst eines Reichsgesetzblattes geschieht.

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Bayern und das Grundgesetz

bavaria-595684_640Immer wieder wird der Mythos beschworen, Bayern (genauer gesagt: der bayerische Landtag bzw. die CSU-Mehrheit) hätte das Grundgesetz abgelehnt. Das ist völliger Unsinn.

Richtig ist, dass der bayerische Landtag am 19. Mai 1949 das „Bonner Grundgesetz“ diskutierte und nach lebhafter Debatte am frühen Morgen des 20. Mai gegen das GG als Verfassung für den potentiellen neuen deutschen Staat stimmte. Aber noch in derselben Sitzung, nur wenige Stunden später, wurde entscheiden, dass das Grundgesetz trotzdem auch in Bayern gelten solle. „Bayern und das Grundgesetz“ weiterlesen

Fall Peggy: Schuldspruch gegen Freispruch

Im Fall Peggy wurde Ulvi K. zunächst vom einen Gericht als Mörder verurteilt, dann vom anderen freigesprochen. Wie kann es nun sein, dass derselbe Sachverhalt derart gegensätzlich bewertet wird? Wenn die Entscheidungen so unterschiedlich ausfallen, ist es dann nicht von Vornherein ein Glücksspiel, welchen Richter man bekommt? „Fall Peggy: Schuldspruch gegen Freispruch“ weiterlesen

Fall Peggy: Lebenslänglich für einen geistig Behinderten

Im der ersten Auflage des „Peggy-Prozesses“ ist der Angeklagte Ulvi K. trotz eines angeblich nachgewiesenen Intelligenzquotienten von 68 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Wie kann es nun sein, dass ein geistig Behinderter – auch, wenn das Verbrechen derart schwer war – zur Höchststrafe verurteilt wird?

Das Strafgesetzbuch kennt die Schuldunfähigkeit, § 20 StGB. Wer nicht zurechnungsfähig ist, kann für seine Handlungen auch nicht bestraft werden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vollständig vor, ist der Täter zumindest teilweise zurechnungsfähig. Gemäß § 21 StGB liegt verminderte Schuldfähigkeit vor, wenn die „Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, bei Begehung der Tat erheblich vermindert“ ist. „Fall Peggy: Lebenslänglich für einen geistig Behinderten“ weiterlesen

Fall Peggy: Welchen Beweiswert hat ein Geständnis?

Eines der bedeutendsten Beweismittel im „Fall Peggy“ war das (später widerrufene) Geständnis des zunächst Verurteilten und jetzt Freigesprochenen Ulvi K. Aber was genau bedeutet ein Geständnis für den Prozess?

Wenn jemand eine Tat gestanden hat, dann war er der Täter. Das dürfte zumindest in den Medien und in der landläufigen Meinung anerkannt sein. Wer in einem Zivilprozess zugibt, dass eine fremde Sache unrechtmäßiger Weise zerstört hat, und sich bereit erklärt, den Schadenersatz leisten, wird unweigerlich dazu verurteilt. Und im US-Strafprozess, den wir aus Filmen und Serien kennen, ist es nicht anders: Wer sich schuldig bekennt, ist schuldig. „Fall Peggy: Welchen Beweiswert hat ein Geständnis?“ weiterlesen

Fall Peggy: Freispruch für Ulvi K.

Ulvi K.*, vor neun Jahren als Mörder im „Fall Peggy“ verurteilt, ist heute im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden. Neben der sich aufdrängenden Frage, wer nun tatsächlich der Mörder ist, sind aber auch noch andere Dinge zu interessant:

Diesen Fragen werden wir uns in den nächsten Tagen widmen.

* Der volle Name wird in den Medien in schönem Wechsel mit der Abkürzung genannt, sodass er mittlerweile sich kein Geheimnis mehr ist. Wir begnügen uns trotzdem damit, die Abkürzung zu verwenden.