Bin ich ein Organ der Rechtspflege?

Anwälte sind Organe der Rechtspflege. Das zumindest sagt das anwaltliche Berufsrecht (§ 1 Bundesrechtsanwaltsordnung). Damit soll zum einen zum Ausdruck kommen, dass der Anwalt nicht nur für seinen aktuellen Mandanten da ist, sondern das große Ganze der Rechtsordnung im Auge haben muss. Andererseits bedeutet das aber auch, dass es keine Überordnung der staatlichen Juristen wie Richter oder Staatsanwälte gibt, sondern der Anwalt eine genauso vertrauensvolle Stellung genießt.

Trotzdem kann ich mich mit diesem Titel nicht ganz anfreunden. Warum das so ist, möchte ich hier kurz ausführen.

Zum einen bedeutet „Organ“ eine gewisse Distanzierung von sich selbst. Ein Verfassungsorgan ist bspw. entpersonalisiert, der Inhaber des Amtes handelt nicht mehr als Privatperson, sondern mehr als Sachwalter des Staates. Ebenso ist der Vorstand eines Vereins ein organisatorischer Teil desselben und nicht mehr als individuelle Person erkennbar, sondern muss die Gesamtinteressen über die eigenen, aktuellen stellen.

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Die Top Ten für den Oktober 2017

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Die Verwertbarkeit früherer Aussagen

Wenn der Angeklagte oder ein Zeuge im Ermittlungsverfahren zunächst aussagen, dann aber in der Hauptverhandlung von ihrem Weigerungsrecht Gebrauch machen, stellt sich die Frage, ob und wie diese Aussagen trotzdem verwertbar sind. Dabei ergeben sich verschiedene Antworten, je nachdem, ob es sich um den Angeklagten, einen „normalen“ Zeugen, einen Zeugen mit Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO (v.a. Angehörige) oder einen Zeugen mit Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO (der sich also selbst belasten müsste) handelt.

Der Stand der Rechtsprechung lässt sich in folgender Tabelle darstellen:

Verlesung Vorhalt Vernehmung Verhörperson
Angeklagter Nur Richter, 254 I. Immer zulässig. Immer zulässig.
Zeuge
(§ 52)
Nein, § 252. Bei Weigerung ist jede weitere Vernehmung unzulässig, Vorhalt daher unnötig. Bei Aussage gilt 253 (siehe unten). Nur Richter, nur sofern Belehrung nach 52 III.
Zeuge
(§ 55)
Grds unzulässig, 250 S. 2. Ausnahme bei lediglich teilweiser Aussageverweigerung. Bei Weigerung ist jede weitere Vernehmung in diesem Punkt unzulässig, Vorhalt daher unnötig. Bei Aussage gilt 253 (siehe unten). Immer zulässig.
sonstiger
Zeuge
Grds unzulässig, 250 S. 2. Ausnahme bei unmöglicher Vernehmung, 251 I Nr. 2. An sich kein Vorhalt nötig, da ohnehin umfassende Aussagepflicht, bei Weigerung Verlesung. Möglich aber bei Erinnerungslücken oder Widerspruchen, 253. Immer zulässig.