Die Bienen im BGB

Bienen müssen äußerst wichtige Tiere sein. Jedenfalls sind sie die einzigen, denen sich das BGB derart ausführlich widmet:

§. 961.
Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigenthümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigenthümer die Verfolgung aufgiebt.

§. 962.
Der Eigenthümer des Bienenschwarmes darf bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht besetzte Bienenwohnung eingezogen, so darf der Eigenthümer des Schwarmes zum Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder herausbrechen. Er hat den entstehenden Schaden zu ersetzen.

§. 963.
Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme mehrerer Eigenthümer, so werden die Eigenthümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigenthümer des eingefangenen Gesammtschwarmes; die Antheile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten Schwärme.

§. 964.
Ist ein Bienenschwarm in eine fremde besetzte Bienenwohnung eingezogen, so erstrecken sich das Eigenthum und die sonstigen Rechte an den Bienen, mit denen die Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen Schwarm. Das Eigenthum und die sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarme erlöschen.

Und wie zeitlos die Bienen und die mit ihnen einhergehenden rechtlichen Probleme sind, zeigt auch, dass diese Paragraphen (im Gegensatz zu praktisch allen anderen Vorschriften) seit 114 Jahren unverändert sind. Bis auf eine Ausnahme natürlich: Den Eigenthümer schreibt man nicht mehr mit th.

Bundesgerichtshof, 09.06.2010, XII ZB 132/09

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. Juli 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1669 €

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Abänderung eines Urteils zum nachehelichen Unterhalt aus der geschiedenen ersten Ehe des Klägers. Das Urteil des Amtsgerichts vom 5. Februar 2009 ist dem Kläger nicht in Ausfertigung, sondern in beglaubigter Abschrift am 27. März 2009 zugestellt worden. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil ist am 23. Mai 2009 beim Oberlandesgericht eingegangen, die Berufungsbegründung am 27. Mai 2009.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingegangen sei. Die Berufungsfrist habe mit Zustellung der beglaubigten Abschrift des Urteils begonnen.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begehrt.

II.

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50/08 – FamRZ 2010, 357 Tz. 7 m.w.N.).

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig. Sie ist auch begründet.

1. Die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung beginnt nach § 517 ZPO mit Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Die Zustellung erfolgt nach § 317 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 166 Abs. 2 ZPO von Amts wegen. Freilich bleibt das Original des Urteils stets bei den Akten. Stattdessen ist eine Ausfertigung zuzustellen (Wieczorek/Schütze/Rensen ZPO 3. Aufl. § 317 Rdn. 7).

a) Eine Ausfertigung ist eine in gesetzlich bestimmter Form gefertigte Abschrift, die dem Zweck dient, die bei den Akten verbleibende Urschrift nach außen zu vertreten (Senatsbeschluss vom 30. Mai 1990 – XII ZB 33/90 – FamRZ 1990, 1227). Durch die Ausfertigung soll dem Zustellungsempfänger die Gewähr der Übereinstimmung mit der bei den Akten verbleibenden Urteilsurschrift geboten werden (BGHZ 100, 234, 237 = NJW 1987, 2868 m.w.N. sowie BGH Beschlüsse vom 20. Juni 1989 – X ZB 12/87 und vom 28. November 2006 – VIII ZB 116/05 – jeweils veröffentlicht bei juris). Der Ausfertigungsvermerk bezeugt als eine besondere Art der Beurkundung, dass die Ausfertigung mit der Urschrift des Urteils übereinstimmt. Wegen dieser Besonderheit verlangt das Gesetz, dass die Ausfertigung von einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen ist (§ 317 Abs. 4 ZPO).

Mit der Unterschrift erklärt der Urkundsbeamte, dass die in der Ausfertigung wiedergegebenen Teile des Urteils gleich lautend mit denen der Urschrift sind. Diese Erklärung braucht nicht wörtlich in dem Ausfertigungsvermerk enthalten zu sein. Das Gesetz sieht eine bestimmte äußere Form für den Ausfertigungsvermerk nicht vor (BGH Urteil vom 13. März 1969 – III ZR 178/67 – VersR 1969, 709, 710). Die Urteilsabschrift muss aber zumindest durch die Unterschrift des Urkundsbeamten, das Gerichtssiegel oder den Dienststempel und Worte wie „Ausfertigung“ oder „ausgefertigt“ erkennen lassen, dass es sich um eine Ausfertigung im Sinne des § 317 Abs. 4 ZPO handeln soll (BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495). Der Bundesgerichtshof hat deswegen bereits mehrfach die Zustellung beglaubigter Abschriften, die den Beglaubigungsvermerk nicht enthielten oder ihn unvollständig wiedergaben, für unwirksam gehalten, weil es damit für den Zustellungsempfänger an der Gewähr fehle, dass das ihm zugestellte Schriftstück der Urschrift entsprach (vgl. BGHZ 100, 234, 237 f. = NJW 1987, 2868).

b) Ob an Stelle einer Urteilsausfertigung auch eine beglaubigte Urteilsabschrift die Zustellungswirkung des § 517 ZPO begründen kann, ist in der Literatur umstritten (vgl. BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495).

aa) Teilweise wird vertreten, dass die in § 517 ZPO vorausgesetzte Amtszustellung statt in der Form einer vollständigen Urteilsausfertigung auch durch eine beglaubigte Abschrift des Urteils erfolgen kann (Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 517 Rdn. 2; Hk-ZPO/Wöstmann 3. Aufl. § 517 Rdn. 2 und MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 517 Rdn. 9).

Überwiegend wird allerdings unter Hinweis auf die Bedeutung einer Ausfertigung und die Vorschrift des § 317 Abs. 1 und 4 ZPO vertreten, dass nur die Zustellung einer Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung die Berufungsfrist nach § 517 ZPO in Lauf setzen kann (Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 317 Rdn. 4; Musielak/Musielak ZPO 7. Aufl. § 317 Rdn. 3; Wieczorek/Schütze/ Rensen ZPO 3. Aufl. § 317 Rdn. 7 und Prütting/Gehrlein/Lemke ZPO § 517 Rdn. 5).

bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

Die nach § 166 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zuzustellenden Dokumente können grundsätzlich in Urschrift, Ausfertigung oder (beglaubigter) Abschrift zugestellt werden. Dabei ist die Zustellung einer beglaubigten Abschrift stets dann ausreichend, wenn das Gesetz keine andere Regelung enthält (Zöller/Stöber ZPO 28. Aufl. § 166 Rdn. 5). Denn eine besondere Form der Zustellung hat der Gesetzgeber ausdrücklich speziellen materiell- oder prozessrechtlichen Vorschriften vorbehalten (BT-Drucks. 14/4554 S. 15). Eine solche spezielle Vorschrift enthält das Gesetz in § 317 ZPO für die Zustellung von Urteilen.

Dass die Übergabe einer bloßen Abschrift des Urteils nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße und wirksame Zustellung erfüllt, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 20. Juni 1989 – X ZB 12/87 – veröffentlicht bei juris). Soweit die Zustellung einer beglaubigten Abschrift für ausreichend erachtet wird, geht dies auf das frühere Recht zurück, das bis Juni 1977 eine Zustellung im Parteibetrieb vorsah. Die darauf beruhende Rechtsprechung beschränkt sich deswegen auf Fälle, in denen eine beglaubigte Abschrift einer bereits vorliegenden Urteilsausfertigung zugestellt wurde (BGH Urteil vom 10. Juni 1964 – VIII ZR 286/63 – MDR 1964, 916 und Beschlüsse vom 1. Juli 1974 – VIII ZB 17/74 – BGHWarn 1974, 475 und vom 29. September 1959 – VIII ZB 5/59 – NJW 1959, 2117, 2118 m.w.N.). Auf die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des Urteils ohne vorliegende Ausfertigung des Urteils ist diese Rechtsprechung nicht übertragbar. Solange keine Ausfertigung der in den Akten verbleibenden Urschrift des Urteils erstellt ist, ist der Zweck, das Urteil nach außen zu vertreten, nicht erreicht (vgl. BGH Beschluss vom 28. November 2006 – VIII ZB 116/05 – veröffentlicht bei juris). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht die Form der Ausfertigung der besonderen Bedeutung und Wichtigkeit der kundzugebenden Entscheidung. Erst der Ausfertigungsvermerk verleiht der Ausfertigung die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde und bezeugt deren Übereinstimmung mit der in den Akten verbleibenden Urschrift (BGHZ 100, 234, 237 = NJW 1987, 2868 m.w.N.; vgl. auch § 47 BeurkG). Entsprechend lautet die amtliche Überschrift des § 317 ZPO auch „Urteilszustellung und -ausfertigung“ und für schriftlich vorliegende Urteile sieht § 317 Abs. 4 ZPO lediglich die Erstellung von Ausfertigungen und Auszügen vor.

Für die Zustellung als Voraussetzung für den Beginn der Rechtsmittelfrist kommt es entscheidend auf äußere Form und Inhalt der zur Zustellung verwendeten Ausfertigung an; bei Abweichungen zwischen Urschrift und Ausfertigung ist allein die Ausfertigung maßgeblich, weil allein sie nach außen in Erscheinung tritt und die Beschwerdepartei ihre Rechte nur anhand der Ausfertigung wahrnehmen kann und muss (Senatsbeschluss vom 24. Januar 2001 – XII ZB 75/00 – NJW 2001, 1653, 1654 und BGH Beschluss vom 25. Mai 2006 – IV ZB 47/05 – FamRZ 2006, 1114, 1115).

2. Die danach für den Beginn der Berufungsfrist nach §§ 517, 317 ZPO notwendige Ausfertigung des angefochtenen Urteils ist dem Kläger nicht bereits am 27. März 2009 zugestellt worden.

a) Allerdings mangelt es nicht schon deshalb an einer wirksamen Zustellung des Urteils, weil – wie die Rechtsbeschwerde meint – die Unterschrift der mitwirkenden Richterin in der zugestellten beglaubigten Abschrift nicht ordnungsgemäß wiedergegeben sei. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall, wenn die Unterschrift in Klammern gesetzt und kein weiterer Hinweis (etwa „gez.“) hinzugefügt ist, dass der Richter das Urteil unterschrieben hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es allerdings aus, wenn in der Ausfertigung die Namen der beteiligten Richter in Maschinenschrift ohne Klammern angegeben sind. Dann ist im Allgemeinen ein weiterer auf die Unterzeichnung hinweisender Zusatz nicht erforderlich (Senatsbeschluss vom 30. Mai 1990 – XII ZB 33/90 – FamRZ 1990, 1227; BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495 und Beschluss vom 1. April 1981 – VIII ZB 24/81 – VersR 1981, 576).

b) Bei der dem Kläger zugestellten Abschrift handelt es sich jedoch nicht um eine Ausfertigung des Urteils. Denn dieser Abschrift fehlt ein Ausfertigungsvermerk, der – wie ausgeführt – nicht durch den vorhandenen Beglaubigungsvermerk ersetzt werden kann.

3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung ergibt sich eine wirksame Zustellung am 27. März 2009 auch nicht aus der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Parteizustellung.

Soweit im Rahmen der bis Juni 1977 vorzunehmenden Parteizustellung eine beglaubigte Abschrift der Urteilsausfertigung zugestellt werden durfte, hing die Wirksamkeit der Zustellung davon ab, dass die beglaubigte Abschrift in allen wesentlichen Punkten mit der zuvor erteilten Ausfertigung übereinstimmte (BGH Beschluss vom 1. Juli 1974 – VIII ZB 17/74 – BGHWarn 1974, 475). Es folgt schon aus der Natur der Sache, dass eine beglaubigte Abschrift nicht erstellt werden kann, bevor das Original – und im Falle einer beglaubigten Abschrift der Ausfertigung die Ausfertigung selbst – erstellt ist. Entsprechend sieht § 317 Abs. 2 ZPO vor, dass Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften eines Urteils nicht erteilt werden dürfen, solange das Urteil nicht verkündet und nicht unterschrieben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Mai 2007 – XII ZB 82/06 – NJW 2007, 3640 Tz. 20).

Hier wurde die vollstreckbare Ausfertigung des angefochtenen Urteils ausweislich der Gerichtsakten erst am 4. Mai 2009 erstellt. Bei der schon zuvor am 27. März 2009 zugestellten beglaubigten Abschrift kann es sich mithin nicht um die Beglaubigung der erst später erstellten Urteilsausfertigung handeln.

4. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beginnt der Lauf der einmonatigen Berufungsfrist aus § 517 ZPO nicht, wenn den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Ausfertigung und Zustellung des erstinstanzlichen Urteils zu stellen sind, nicht Genüge getan ist (BGH Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 8/94 – VersR 1994, 1495). Das ist auch hier der Fall.

Im Zeitpunkt der Zustellung am 27. März 2009 war entgegen der zwingenden Vorschrift des § 317 ZPO noch keine Ausfertigung des angefochtenen Urteils erteilt. Die Zustellung der beglaubigten Abschrift des Urteils hat die Berufungsfrist deswegen noch nicht in Lauf gesetzt. Selbst nach Erteilung der vollstreckbaren Urteilsausfertigung am 4. Mai 2009 ist keine weitere Zustellung an den Kläger erfolgt. Er hat folglich mit der am 23. Mai 2009 eingegangenen Berufungsschrift die Berufungsfrist des § 517 ZPO und mit der am 27. Mai 2009 eingegangenen Berufungsbegründung die Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO gewahrt. Das Berufungsgericht hat die Berufung deswegen zu Unrecht verworfen. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers ist der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur weiteren Veranlassung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Verdachtskündigungen

Nein, keine Angst, ich will mich nicht darüber auslassen, ob es verhältnismäßig ist, eine Kassiererin wegen 1,30 Euro rauszuschmeißen. Und auch ich weiß nicht, wer da was geklaut hat und was die Motive für die Kündigung waren. Zumal es zu diesen Komplexen wohl nichts gibt, was noch nicht in den letzten Tagen in den Weiten des Internets gesagt wurde. Etwas zu kurz kam aber die Frage, warum es Verdachtskündigungen überhaupt gibt. Auf den ersten Blick sträubt sich einem da ja alles. Für einen bloßen Verdacht kann man gekündigt werden? Obwohl man vielleicht unschuldig ist? Sauerei! Inquisition! Willkür! Skandal! Mittelalter! „Verdachtskündigungen“ weiterlesen

Das Recht am eigenen Bild

Das Recht am eigenen Bild ist das Recht, selbst darüber zu bestimmen, ob, wie und wo Bilder von einem selbst veröffentlicht werden. Dabei geht es aber um Bilder, die einen selbst zeigen, nicht um solche, die man selbst aufgenommen hat.

Beispiel: Fotograf F macht vom Prominenten P ein Foto. Das Urheberrecht am Foto liegt nun bei F (§ 72, § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 7 Urheberrechtsgesetz) und er hat das volle Recht, darüber zu verfügen, wie er dies möchte (§ 15 UrhG). Er darf es also vervielfältigen (§ 16 UrhG), senden (§ 20 UrhG) und eigentlich sonst auch alles tun, was ihm in den Sinn kommt.

P ist auf diesem Bild nur das Objekt, er hat also prinzipiell keinerlei Rechte daran. Um dem entgegenzuwirken, gibt es § 22 Abs. 1 des Kunsturhebergesetzes, der dem Fotografierten ein Mitspracherecht einräumt:

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

Diese Einwilligungsnotwendigkeit wird aber durch Absatz 2 der Vorschrift wieder relativiert, der unter anderem den „Bereich der Zeitgeschichte“ ausnimmt. Damit darf man also sehr wohl Politiker, Sportler und Prominente fotografieren und die Bilder veröffentlichen, solange dadurch kein „berechtigtes Interesse des Abgebildeten“ verletzt wird.

Diese Begriffe sind nicht nur für den Laien ziemlich unklar. Wie weit die Zeitgeschichte reicht, ob sie insbesondere auch Bilder aus privaten Lebenssituationen umfasst, beschäftigt die Gerichte immer wieder. Und auch das angesprochene berechtigte Interesse kann nur unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Insofern kann man nur froh sein, dass es vielen Prominenten ja durchaus recht ist, dass sie regelmäßig auf den Titelseiten von Boulevardblättern zu finden sind.

Übrigens war das Kunsturhebergesetz („Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“) aus dem Jahr 1907 der vorläufer des heutigen Urheberrechtsgesetzes („Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“). Aus dem KunstUrhG sind nur noch ganz wenige Paragraphen in Kraft – eben jene über das Recht am eigenen Bild.

Amnesty International: Folterbericht

Im Folterbericht von Amnesty International wird teilweise tatsächliche Folter angeprangert, teilweise die Verwendung von unter Folter gemachten Aussagen. Auch bundesdeutsche Behörden wurden und werden kritisiert. Die Erzwingungen von Aussagen ist natürlich schon in pragmatischer Hinsicht sehr fragwürdig, da der Wahrheitsgehalt derartiger Beweise – ähnlich wie bei der Kronzeugenregelung – sehr unsicher ist. Darum muss man sich schon einmal fragen, wie die Folter denn überhaupt jemals ihren Weg ins Strafrecht gefunden hat. Für uns klingt das heute alles sehr düster, barbarisch und mittelalterlich. Dabei ist das Tragische, dass die Einführung der Folter im Grunde nur die Nebenwirkung einer umfassenden Modernisierung und Rationalisierung des Rechts war. „Amnesty International: Folterbericht“ weiterlesen

Bundesrecht bricht Landesrecht

Bundesrecht bricht Landesrecht.

So kurz diese Vorschrift des Grundgesetzes ist, so schwer wiegt doch ihre Bedeutung. Sie normiert, dass das Recht des Bundes dem der Länder vorgeht. Mehr noch, es wird in ungewohnt metaphorischer Sprache gar „gebrochen“ – zerstört, vernichtet, ausgelöscht. Aber auch, wenn man sich solcher Bilder nicht bedient, bringt der Artikel doch das Blut jedes ausgewiesenen Föderalisten zum Kochen: Der unbedingte und ausnahmslose Vorrang des Bundesrechts unterdrückt die Gliedstaaten und verringert ihre Rechtssetzungsbefugnis quasi bis auf null. Und das alles wird mit drei einfachen Worten ausgedrückt. Könnte man meinen.

Es ist natürlich keine Frage, dass das Bundesrecht dem Landesrecht vorgeht. Nur kann dafür der Artikel nichts. Der Vorrang des Bundesrechts ist das Wesen jeder Föderation. Wenn man – unabhängig von der genauen Ausgestaltung – nicht davon ausgeht, dann braucht es eigentlich keinen Bundesstaat. Mit dem Zusammenschluß geben die Länder gewisse Kompetenzen an den Bund ab (pragmatischerweise in einem Vertrag oder einer Verfassung) und insoweit kann dieser dann Recht setzen. Einer allgemeinen Norm hierfür bedarf es dann im Grunde nicht.

Anders gesagt: Würde das Bundesrecht dem Landesrecht nicht vorgehen, dann könnte der Bund gar keine Vorschrift erlassen, die vorsieht, dass Bundesrecht dem Landesrecht vorgeht. Allerdings könnte das Bundesrecht durchaus den umgekehrten Fall anordnen, also dass das Landesrecht Vorrang genießt. Bekanntestes historisches Beispiel ist wohl die Reichskammergerichtsordnung von 1495, nach der die Richter (des Reiches) zuerst das Landesrecht anwenden sollten und nur, wenn dieses keine Regelung enthielt, auf das allgemeine (römische) Reichsrecht zurückgreifen sollten.

Im Grundgesetz war eine solche Subsidiarität gänzlich unbekannt, bis man vor einigen Jahren im Zuge der Föderalismusreform in Art. 73 Abs. 3 GG den Ländern die Möglichkeit zum Abweichen von Bundesgesetzen in einigen wenigen Fällen eröffnete. Art. 73 Abs. 3 ist also eine Ausnahme zu Art. 31 GG, könnte man wiederum meinen. Aber auch das ist falsch. Denn einen Rückgriff auf Art. 31 braucht es schon deswegen nicht, weil die Gesetzgebungszuständigkeiten in Art. 70 Abs. 1 abschließend geregelt sind: Die Länder sind zuständig, soweit nicht laut Grundgesetz der Bund zuständig ist. Wann der Bund zuständig ist, steht in Art. 71 bis 74. Über Art. 70 Abs. 1 kann es also immer nur entweder eine Zuständigkeit des Bundes oder der Länder geben. Wenn der Bund nicht zuständig ist, ist ein trotzdem erlassenes Bundesgesetz nichtig; dito für die Länder. Dass es sich widersprechende Bundes- und Landesgesetze gibt und dann Art. 31 einen Vorrang des Bundesrechts anordnen würde, kann nicht vorkommen. Die einzige Ausnahme ist der oben erwähnte Art. 73 Abs. 3, aber auch der braucht den 31er nicht, da er eine eigene spezielle Regelung trifft.

Nun geht es aber insgesamt um „Bundesrecht“, also nicht nur um Gesetze. Recht sind bspw. auch Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften. Aber auch die haben ihre eigenen Regelung in den Art. 84 bis 86, die der Gesetzgebung weitgehend angepaßt sind. Recht sind auch die Verfassungen. Deren Grundrechte bleiben gem. Art. 142 GG nur insoweit in Kraft, als sie mit denen des Grundgesetzes identisch sind, sie werden also faktisch abgeschafft; warum dies explizit als Abweichung von Art. 31 bezeichnet wird, bleibt freilich ein Geheimnis. Recht sind auch Gerichtsurteile. Deren Wirkungsbereich wird wiederum durch Art. 100 Abs. 1 GG sowie durch den Instanzenzug der Prozeßordnungen zurechtgestutzt; ein zusammenhangloses Nebeneinander von Bundes- und Landesgerichten, das eine Vorrangregelung bräuchte, existiert auch hier nicht.

Einen echten Geltungskonflikt gibt es also nirgends. So verwundert es auch nicht, dass man in Urteilsdatenbanken relativ wenige Entscheidungen zu dieser Norm findet. Und dort, wo sie zitiert wird, kommt es beim Urteil in aller Regel nicht darauf an. (Allenfalls wird im Zusammenspiel mit erwähntem 142 darüber gestritten, ob man nun vor dem Landesverfassungsgericht klagen kann, was allenfalls prozeßtaktisch zu verstehen ist.) So fragt man sich dann doch, wie der Artikel überhaupt dereinst ins Grundgesetz gekommen ist. Ich nehme an, dass man einer derartigen Vorschrift wohl einen größeren Anwendungsbereich zugeschrieben hatte oder zumindest einen Basisgedanken des Bundesstaates deklarieren wollte. Vielleicht wollte man, und dafür spricht auch der resolute Wortlaut, im Hinblick auf die entstehende Republik auch den Vorrang des Bundes allgemein kodifizieren. Einfacher gesagt: Den Ländern zeigen, wo der Hammer hängt.

Italienische Forscher verurteilt: Ein großes Beben

In Italien sind mehrere Forscher wegen fahrlässiger Tötung zu teils erheblichen Haftstrafen verurteilt worden. Die heftige Empörung darüber folgte schnell, sowohl südlich als auch nördlich der Alpen. Man könne Wissenschaftler doch nicht dafür verurteilen, dass sie keine Hellseher sind. Das sei sogar empörend und gefährlich.

Sieht man sich das Urteil näher an, so kommt man jedoch zu dem Schluss, dass genau diese Unwägbarkeit bei der Vorhersage von Naturkatastrophen, die man zur Verteidigung der verurteilten Forscher anführt, das ist, was sie in Wirklichkeit belastet. „Italienische Forscher verurteilt: Ein großes Beben“ weiterlesen

Three Strikes

Das „Three Strikes“-Konzept kommt aus dem Baseball. Wer dreimal den Ball nicht trifft, ist draußen. Seit längerer Zeit steht es aber auch für ein sicherheitspolitisches Konzept. Der Staat reagiert in drei Strikes auf Verbrechen und beim dritten ist man dann für sehr lange Zeit weg – zumindest im „Land of the free“, hierzulande hat sich das noch nicht durchgesetzt. Zulauf hat die Idee dagegen im Zuge der Diskussion um Internetsperren bekommen. Quasi als Retourkutsche dafür gab es dann eine Forderung, die „Three Strikes“ auch gegen Politiker anzuwenden: Wer dreimal einem verfassungswidrigen Gesetz zustimmt, ist sein Mandat los. Das ganze ist, nehme ich an, durchaus ernst gemeint. dass es aber nicht umgesetzt werden wird, dürfte dem Verfasser auch klar gewesen sein. Meine Meinung vorweg: Prinzipiell kein schlechter Ansatz, aber so sicher nicht umsetzbar. Dem war sich wohl auch der Verfasser bewusst, siehe die abschließenden „Anregungen für die Online-Diskussion“. Wie würde das Parlamentsgeschäft mit so einem Gesetz in der Praxis ausschauen? „Three Strikes“ weiterlesen

Die Berufung im Strafverfahren

Jedes Urteil kann falsch sein. Darum kann man (fast) jedes Urteil mit einem Rechtsmittel angreifen. Das wohl bekannteste und umfassendste Rechtsmittel ist die Berufung.

Umfassend ist die Berufung deswegen, weil die Berufungsverhandlung eine völlig neue Hauptverhandlung darstellt. Die Beweise werden erneut erhoben, Zeugen noch einmal befragt, Gutachter tragen ein zweites Mal vor. Dabei wird das erstinstanzliche Urteil zwar verlesen (§ 324 Abs. 1 Satz 2 StPO), im Übrigen wird es aber praktisch als nichtexistent betrachtet. Es ist also nicht zulässig, einfach frühere Aussagen vor dem ersten Gericht zu verlesen (§§ 323 Abs. 2 Satz 1, 325 Satz 2).

Das Berufungsgericht bildet sich also eine komplett eigene Meinung, es kann die Beweise anders gewichten, es muss neu entscheiden, wem der Beteiligten es glaubt, es muss feststellen, welche Gesetzesvorschriften heranzuziehen sind und es muss aufgrund seiner Erkenntnisse zu einem Urteil kommen. Das Urteil kann selbstverständlich trotzdem mit dem der Vorinstanz identisch sein, wenn das Berufungsgericht zu denselben Schlussfolgerungen kommt wie das Ausgangsgericht.

Die Berufung kann dabei nur gegen Urteile des Amtsgerichts (Strafrichter oder Schöffengericht) eingelegt werden. Diese sind für kleine bis mittlere Kriminalität zuständig, also beispielsweise nicht für Tötungsverbrechen. Theoretisch kann das Amtsgericht Freiheitsstrafen bis zu vier Jahren verhängen, die allermeisten Urteile bewegen sich aber im Bereich der Geld- oder Bewährungsstrafen (bis zu zwei Jahre Haft). Für „große Kriminalität“ ist das Landgericht (oder ganz selten: das Oberlandesgericht) im ersten Rechtszug zuständig zuständig. Gegen diese Urteile gibt es keine Berufung, sondern nur die Revision, um die es hier aber nicht geht.

Und es ist tatsächlich irritierend, dass ausgerechnet bei bedeutenden Tatvorwürfen, die regelmäßig eine lange bis lebenslange Freiheitsstrafe nach sich ziehen, keine Berufung möglich ist. Was das Landgericht als Tatsache feststellt, ist grundsätzlich in Stein gemeißelt. Die offizielle Begründung dafür ist, dass die Tatsachenaufklärung bei diesen Urteilen ohenhin besonders gründlich passiert ist. Das ist wenig überzeugend: Zum einen ist der damit einhergehende Vorwurf gegenüber Amtsrichtern, man könne ihnen weniger trauen, kaum nachzuvollziehen. Zum anderen wäre es für eine detaillierte Erforschung der Wahrheit sicher nicht verkehrt, wenn auch die höheren Gerichte eine Kontrollinstanz über sich hätten.

Der Rechtsgedanke, dass die Berufung bei weniger schweren Delikten nicht unbedingt notwendig ist, ist dem Gesetz dabei auch gar nicht fremd: So bedarf die Berufung bei Geldstrafen von höchstens 15 Tagessätzen (das entspricht einem halben Monatsgehalt) der besonderen Zulassung durch das Berufungsgericht, die relativ selten erfolgt. Die Berufung ist also bei ganz leichter und bei schwerer Kriminalität nicht vorgesehen, nur für den „eher leichten“ bis mittleren Bereich gibt es sie. Diese Logik verstehe, wer will.

Und ein weiteres Problem existiert: Angeklagter und Staatsanwaltschaft sind waffengleich. Beide können die Berufung gleichermaßen einlegen. (Eine kleine Einschränkung gibt es: Die Staatsanwaltschaft kann nicht gegen einen Freispruch vorgehen, wenn sie selbst nicht mehr als 30 Tagessätze Geldstrafe, also ein Monatsgehalt, gefordert hat.) Das bedeutet also, dass die Staatsanwalt aus einem Freispruch des Angeklagten durch die Berufung zum Landgericht eine Verurteilung machen kann. Kommt die Strafkammer beim Landgericht zu einer anderen Beurteilung der Angelegenheit, steht am Ende auf einmal ein Schuldspruch. Dieser Schuldspruch ist dann nur noch aus Rechtsgründen durch die Revision anfechtbar.

Der Grundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) wird dadurch erheblich eingeschränkt. Auch, wenn das Berufungsgericht gerade keinen Zweifel gesehen und darum verurteilt hat: Die erste Instanz war anderer Meinung. Und das allein sollte reichen, die Sicherheit des Urteil, die man von einem Rechtsstaat erwarten können sollte, verneinen.

Noch eine Sache wirft ein eher problematisches Licht auf diese Konstellation: Wäre der Angeklagten in erster Instanz verurteilt und in der zweiten freigesprochen worden, würde der Freispruch bestehenbleiben. Dabei ist auch diese Situation nichts wesentlich anderes. Von zwei Gerichten hat eines so und eines so entschieden. Dafür, dass sich das landgerichtliche Urteil durchsetzt, gibt es keinen durchschlagenden Grund. Ein Richter am Landgericht mag länger im Amt sein und über mehr Erfahrung verfügen. Bei der Feststellung von Tatsachen ist er kaum kompetenter als sein Kollege am Amtsgericht.

Sinnvoller wären daher folgende Änderungen:

Nur der Angeklagte kann Berufung einlegen. Hat eine von beiden Tatsacheninstanzen Zweifel an seiner Schuld, so reicht das. Die Staatsanwaltschaft bleibt auf eine Rechtskontrolle (Revision) beschränkt.

Berufung ist nur gegen Urteile mit erheblicher Strafzumessung möglich. Wo man die Grenze zieht, ist Sache des Gesetzgebers, aber gerade bei Schwerverbrechen muss Berufung möglich sein.

Keine Zwangsbegutachtung in Sorgerechtsstreitigkeiten

Der BGH hat entschieden (Beschluss vom 17. Februar 2010, XII ZB 68/09), dass eine Zwangsbegutachtung eines Elternteils in einem Sorgerechtsverfahren nicht zulässig ist:

a) In Verfahren nach § 1666 BGB kann ein Elternteil mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht gezwungen werden, sich körperlich oder psychiatrisch/psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem Sachverständigen zu erscheinen (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2009, 944 f.; 2004, 523 f.).
b) Verweigert in Verfahren nach § 1666 BGB ein Elternteil die Mitwirkung an der Begutachtung, kann dieses Verhalten nicht nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung gewürdigt werden.
c) In Betracht kommt allerdings, den die Begutachtung verweigernden Elternteil in Anwesenheit eines Sachverständigen gerichtlich anzuhören und zu diesem Zweck das persönliche Erscheinen des Elternteils anzuordnen und gegebenenfalls gemäß § 33 FGG durchzusetzen (vgl. auch § 33 FamFG).

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