Sittensen-Urteil: Bundesgerichtshof muss entscheiden

Im Sittensen-Prozess haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung Revision eingelegt. Beide (also auch die Staatsanwaltschaft) wollen erreichen, dass der Verurteilte nunmehr freigesprochen wird.

Die Entscheidung darüber fällt in zweiter und letzter Instanz der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Dieser ist für die Revisionen gegen alle erstinstanzlichen Urteile der Strafkammern beim Landgericht (hier der Schwurgerichtskammer, weil es um ein Tötungsdelikt geht) zuständig. „Sittensen-Urteil: Bundesgerichtshof muss entscheiden“ weiterlesen

Kamera-Attrappen gegen Persönlichkeitsrecht

Kamera-Attrappen im Hausflur beeinträchtigen das Persönlichkeitsrecht der Mieter nicht. Zwar können Kameras durchaus die Rechte der so Überwachten verletzen – aber eben nur echte Kameras, keine Attrappen. Denn der Rechtseingriff liegt in der Aufnahme von Bildern, nicht in der Schaffung einer Situation, die für anderen Menschen so aussieht, als würden Bilder aufgenommen, während allen Eingeweihten klar ist, dass das nur vorgetäuscht wird.

Das ganze Urteil finden Sie hier: http://vermieter-notruf.de/2014/10/ag-schoeneberg-urteil-vom-30-07-2014-103-c-16014/

Sittensen-Urteil: Neun Monate auf Bewährung

Der Rentner, der einen Räuber auf seinem Grundstück erschossen hat, ist wegen Totschlags zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Was genau das Gericht zu diesem Urteil bewogen hat, wird man in der gebotenen Ausführlichkeit der Urteilsbegründung entnehmen müssen. Klar ist aber eines: Es hielt den Schuss offensichtlich nicht durch Notwehr für gerechtfertigt, sonst hätte es nämlich Freispruch gegeben.

Nach alldem, was man aus den Medien über den Fall weiß, ist diese Verurteilung höchst überraschend. Aber wie immer sollte man sich nicht auf die Berichterstattung verlassen; darum ist es für eine abschließende Bewertung eben wichtig, das Urteil komplett und im Original zu lesen. „Sittensen-Urteil: Neun Monate auf Bewährung“ weiterlesen

Die Präklusion nach § 296 Abs. 1 ZPO

Im letzten Artikel ging es um die Präklusion an sich und um die Bestimmungen des § 296 Abs. 2, der aufgrund seiner recht unverbindlichen Formulierung eher selten zum Zug kommt.

Praktisch höchst bedeutsam ist dagegen § 296 Abs. 1:

Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

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Die Präklusion nach § 296 Abs. 2 ZPO

Beschleunigung ist ein wichtiger Faktor im Zivilprozessrecht. Von der Klageeinreichung bis zum rechtskräftigen Urteil soll möglichst wenig Zeit vergehen, damit schnell Rechtssicherheit herrscht. Und wenn sich schon die Gerichte häufig Zeit lassen (allein schon aus Überlastungsgründen), dann sollen sich wenigstens die Parteien beeilen.

Zentrale Vorschrift dafür ist § 296 ZPO, der es dem Gericht erlaubt, alles, was die Parteien zu spät vorgebracht haben, einfach zurückzuweisen und zu ignorieren. In der juristischen Terminologie spricht man davon, dass das Vorbringen „präkludiert“ ist. Auf diese Weise wird zwar in Kauf genommen, dass das Urteil auf falscher Tatsachenbasis beruht und damit auch falsch ist. Das bedeutet, dass jemand einen eigentlich bestehenden Anspruch nur aufgrund falschen Prozessverhaltens verliert, aber diese negativen Folgen hat sich jede Partei selbst zuzuschreiben. „Die Präklusion nach § 296 Abs. 2 ZPO“ weiterlesen

Nahrungstabu

Dass man gewisse Tiere nicht isst, hat meist einen kulturellen Hintergrund. In aller Regel handelt es sich dabei aber um eine gesellschaftlich tief verankerte Sitte, die nicht durch ein gesetzliches Verbot untermauert wird. Anders dagegen in Deutschland: Die Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung – Tier-LMHV) sieht in § 22 Abs. 1a vor:

Es ist verboten, Fleisch von Hunden, Katzen, anderen hundeartigen und katzenartigen Tieren (Caniden und Feliden) sowie von Affen zum Zwecke des menschlichen Verzehrs zu gewinnen oder in den Verkehr zu bringen.

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Neues aus dem Irrenhaus: Das Burka-Verbot

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das französische Verbot von Vollverschleierung in der Öffentlichkeit vor einiger Zeit bestätigt. In einem Land, in das erste Drittel von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ noch nie eine wirkliche Bedeutung hatte, muss einen das nicht wundern. Aber auch hierzulande finden sich immer wieder Politiker, die sich für ein derartiges Gesetz erwärmen können. Ob das überhaupt verfassungskonform wäre, ist höchst zweifelhaft. Rechtspolitisch ist es jedenfalls grober Unsinn.

Das Schöne am Burka-Verbot ist, dass es die politischen Lager zusammenbringt – es hat also, wenn man so will, Integrationswirkung. Die Linken finden das zumindest überlegenswert, weil es gegen Religion gerichtet ist und ihnen jede Form von Individualität, und sei es nur in der Kleidung, ohnehin suspekt ist. Außerdem kann man damit die allseits beliebte Trumpfkarte der Gleichberechtigung spielen. Die Rechten sind ähnlich kollektivistisch wie die Linken und zudem geht es hier (vor allem) gegen Ausländer, was ja dort schon ein Wert an sich ist. Nur die wenigen Liberalen, die es hierzulande noch gibt, stehen fassungslos in der Mitte und schütteln den Kopf über derartige Verirrungen. „Neues aus dem Irrenhaus: Das Burka-Verbot“ weiterlesen

Die Zustellung im Zivilprozess

Im Zivilprozess haben Schriftsätze – trotz des an sich geltenden Mündlichkeitsprinzips – eine immense Bedeutung. Die Parteien legen ihre Ansicht hauptsächlich dadurch dar und beziehen sich im Prozess meist nur noch darauf. Darum ist es wichtig, sicherzustellen, dass diese Dokumente den Gegner auch tatsächlich erreichen. Zumindest für die wichtigsten Schriftstücke sieht die ZPO daher eine förmliche Zustellung vor. Die Arten dafür sind aber mannigfaltig: „Die Zustellung im Zivilprozess“ weiterlesen

Einwendungen und Einreden

Einwendungen und Einreden sind ein wichtiges Begriffspaar im Recht. Es gibt verschiedene Unterschiede zwischen beidem, aber auch eine große Gemeinsamkeit: Es sind Gegenargumente gegen Forderungen.

Der Hauptunterschied ist, dass Einreden erhoben werden müssen („bei der Einrede muss man reden“), Einwendungen dagegen nicht. Derjenige, der sich mit diesen Argumenten auseinandersetzen muss, also der Richter, hat Einwendungen stets zu berücksichtigen, Einreden aber nur, wenn sich der Begünstigte darauf beruft.

Die Einwendungen werden wiederum nach ihrer Wirkung aufgeteilt: „Einwendungen und Einreden“ weiterlesen

Anspruchsverlust durch Verspätung

Eine der Prozessmaximen der ZPO, also ein eherner Grundsatz, auf dem das Zivilverfahren vor deutschen Gerichten aufbaut, ist das Beschleunigungsprinzip. Gerade heuzutage, wo niemand mehr Zeit hat und Ressourcen knapp sind, muss auch ein Gerichtsverfahren möglichst reibungslos funktionieren. Darum sieht die ZPO an vielen Stellen vor, dass man sich möglichst schnell äußern muss.

Wenn man das nicht tut, hat man oft Pech gehabt. Das wohl schärfste Schwert ist § 296 ZPO: „Anspruchsverlust durch Verspätung“ weiterlesen