ZPO-Wegweiser (IV): Aufrechnung und Widerklage

11. Aufrechnung

Zweck: Hat der Beklagte seinerseits noch eine Forderung gegen den Kläger, kann er diese gegen die Klage einwenden.

Voraussetzungen:

  • 1. Prozesshandlungsvoraussetzungen
  • 2. Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB); hilfsweise Aufrechnung ist als reine Rechtsbedingung zulässig
  • 3. Erfüllbare Hauptforderung und gleichartige, fällige und durchsetzbare Gegenforderung stehen sich gegenüber
  • 4. kein Aufrechnungsverbot (z.B. §§ 390, 393 BGB)
  • 5. keine Präklusion der Aufrechnung
  • 6. Aufrechnung begründet: Gegenforderung besteht

Folge: Ist die Aufrechnung zulässig (Punkt 1 bis 5), so muss das Gericht auch über das Bestehen der Gegenforderung entscheiden; diese Entscheidung wird dann genauso rechtskräftig wie die Entscheidung über die Hauptforderung. Besteht die Gegenforderung demnach, so kann das Gericht den Beklagten nur noch ggf. zur Zahlung der Differenz zwischen beiden Beträgen verurteilen.

12. Widerklage

Zweck: Hat der Beklagte seinerseits noch eine Forderung gegen den Kläger, kann er diese auch in Form einer eigenen Klage im selben Prozess erheben. Es handelt sich damit um eine eigenständige Klage, die so geprüft wird als würde sie in einem separaten Verfahren erhoben. Die Widerklage stellt selbst einen Angriff und nicht nur ein Angriffsmittel dar; sie kann daher nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden.

Voraussetzungen:

  • 1. Klageerhebung durch einfachen Schriftsatz, § 261 Abs. 2 ZPO
  • 2. Örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts, die ggf. über § 33 ZPO hergestellt werden kann
  • 3. Keine anderweitige Rechtshängigkeit = Streitgegenstand mit Hauptklage identisch
  • 4. Rechtshängigkeit der Klage im Moment der Widerklageerhebung
  • 5. Parteiidentität. Streitgenössische Drittwiderklage ist zulässig, wenn Voraussetzungen der Parteierweiterung gegeben. Isolierte Drittwiderklage nur ausnahmsweise, wenn enge Verknüpfung beider Klage und keine Verletzung der Interessen des Dritten.
  • 6. Kein Zusammenhang mit Hauptklage notwendig (Argumente: kein „nur“ in § 33; Paragraph regelt nur Gerichtsstand und will Widerklage privilegieren; § 145 Abs. 2 ZPO wäre sonst überflüssig)

Folge: Gericht entscheidet über beide Klagen separat, aber im gleichen Urteilsspruch. (Bsp.: „Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, …“)

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