Die Sachurteilsvoraussetzungen einer verwaltungsgerichtlichen Klage

Heute wollen wir auf die sogenannten Sachurteilsvoraussetzungen von Klagen im Verwaltungsrecht eingehen. Dieser sperrige Begriff erklärt sich daraus, dass die Verwaltungsgerichte in der Sache nur über Klagen urteilen dürfen, für die der Verwaltungsrechtsweg auch tatsächlich eröffnet ist. Eine „falsch adressierte“ Klage ist aber nicht unzulässig, sondern wird nur an das richtige Gericht verwiesen. Das gleiche gilt für die Frage, ob das angegangene Gericht auch instanziell und örtlich zuständig ist. Daher fasst man die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, die Gerichtszuständigkeit und die „echten“ Zulässigkeitsvoraussetzungen als „Sachurteilsvoraussetzungen“ zusammen.

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg (§ 40 I 1 VwGO)

Zunächst muss der Verwaltungsrechtsweg gegeben sein. „Die Sachurteilsvoraussetzungen einer verwaltungsgerichtlichen Klage“ weiterlesen

Einführung ins Wasserrecht

Das Wasserrecht ist – man verzeihe das Wortspiel – eine ziemlich trockene Angelegenheit. Die übergroße Mehrheit der Bürger wird noch niemals etwas davon gehört haben (und eher selten selbst davon betroffen sein) und auch die meisten Juristen hören, wenn überhaupt, erst im Referendariat davon.

Dabei kann dieses Rechtsgebiet enorme Bedeutung haben. Es gehört zum öffentlichen Recht, also zum Verhältnis zwischen Staatsverwaltung und Bürger. Es präsentiert sich häufig als Anhang des Baurechts, aber während es beim Baurecht darum geht, ob man sein Eigentum bebauen darf, beschäftigt sich das Wasserrecht mit Einwirkungen auf Grundwasser und Oberflächengewässer, was beides als Allgemeingut angesehen wird, das dem Zugriff des Grundstückseigentümers entzogen ist.

Welche Gesetze gelten im Wasserrecht?

Seit der Föderalismusreform gilt die Bundeszuständigkeit für das Wasserrecht nicht mehr als Rahmengesetzgebung, sondern als konkurrierende Gesetzgebung mit Abweichungskompetenz der Länder. So gibt es einerseits das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz, WHG) des Bundes, andererseits aber auch das Bayerische Wassergesetz (BayWG) des Freistaats.

Worauf ist das Wasserrecht anwendbar?

Wasser im Sinne des Wasserrechts sind das Grundwasser, alle oberirdischen natürlich oder künstlichen Gewässer in Betten (Seen, Bäche, Flüsse), das Meer, jedes wild abfließende Wasser (Quellen, Regenwasser, Schmelzwasser) sowie Heilquellen, nicht jedoch Be- und Entwässerungsgräben sowie isolierte kleine Teiche und Weiher. Die Definition ergibt sich aus §§ 2 und 3 Nr. 1 bis 3 WHG sowie Art. 1 BayWG.

Welche Handlungen regelt das Wasserrecht?

Das Wasserrecht beschäftigt sich mit folgenden Einwirkungen auf das Wasser:

  • Ausbau (Herstellung, Beiseitigung oder Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer)
  • echte/reguläre Benutzung (unmittelbare und absichtliche Einwirkung auf ein Gewässer zur Erreichung bestimmter Ziele)
  • unechte/fiktive Benutzung (unabsichtliche Einwirkung auf ein Gewässer als Folge einer anderen Handlung)
  • Unterhaltung (Pflege und Entwicklung eines Gewässers)
  • Errichtung oder Veränderung von Anlagen (Bau von Einrichtungen gewisser Dauerhaftigkeit, die auf das Wasser einwirken könnte)

Wie handelt die Verwaltung im Wasserrecht?

Die staatliche Verwaltung ist grundsätzlich präventiv tätig, sie schützt die Gewässer also dadurch, dass sie entscheidet, welche Einwirkung auf das Wasser sie erlaubt und welche nicht. Dabei kann sie folgende Genehmigungen erteilen…

… beim Ausbau:

  • Planfeststellung, § 68 I WHG (umfassende Prüfung des Ausbaus darauf, ob er wasserwirtschaftlich zu rechtfertigen ist mit Wirkung ggü. der Behörde und ggü. Dritten, z.B. Nachbarn)
  • Plangenehmigung, § 68 II WHG (eingeschränkte Prüfung des Ausbaus mit eingeschränkter Wirkung ggü. Dritten)

… bei Benutzungen:

  • Bewilligung, § 14 WHG (Schaffung einer befristeten, gesicherten Rechtsstellung für die Benutzung mit Wirkung ggü. Dritten)
  • gehobene Erlaubnis, § 15 WHG (Unbedenklichkeitsbescheinigung mit eingeschränkter Wirkung ggü. Dritten, für die ein besonderes Interesse besteht)
  • beschränkte Erlaubnis, § 10 WHG, Art. 15 BayWG (widerrufliche Befugnis zur Benutzung mit Duldungspflicht Dritter, für die kein besonderes Interesse bestehen muss)

… bei Anlagen:

  • Genehmigung, § 36 WHG, Art. 20 BayWG (ergänzende Genehmigungspflicht für Bauvorhaben, die nach dem Baurecht verfahrensfrei sind)

Welche Interessen werden gegeneinander abgewogen?

Grundsätzlich haben die Belange der Wasserwirtschaft und der Allgemeinheit Vorrang gegenüber privaten Interessen des Bauherrn. Zwingende öffentliche Belange und Rechte Dritter können nicht übergangen werden.

Konkret müssen allgemeine Sorgfaltspflichten (§ 5 WHG), die Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung (§ 6) und die Reinhaltung des Wasser (§§ 32, 45 und 48) beachtet werden. Auch Vorschriften anderer Rechtsbereiche (z.B. Baurecht, Naturschutzrecht, Immissionsschutzrecht) werden berücksichtigt.

Dabei kommt die präventive Ausrichtung des Wasserrechts stets zum Tragen: Es ist nicht entscheidend, dass es sicher Nachteile für die zu berücksichtigenden Rechstgüter gibt, vielmehr reicht eine konkrete Wahrscheinlichkeit für den Einzelfall.

Die Klagearten der Verwaltungsgerichtsordnung

Die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) regelt das gerichtliche Verfahren im Verwaltungsrecht. Wenn der Bürger gegen die Amtsausübung von Behörden vorgehen will, muss er sein Verlangen an den Vorgaben der VwGO ausrichten. Eine Besonderheit ist hier, dass es – im Gegensatz bspw. zum Zivilrecht – verschiedene Klagearten gibt, die sich nach ihrem Ziel und ihren Voraussetzungen unterscheiden. Dabei sind diese Klagearten längst nicht alle im Gesetz geregelt, sondern fußen teilweise auf Gewohnheitsrecht, teilweise werden sie deswegen anerkannt, weil die VwGO im einen oder anderen Nebensatz von ihrer Existenz ausgeht.

Eine erste grobe Differenzierung ist diejenige in drei Oberkategorien nach dem grundsätzlichen Klageziel: Bei einer Gestaltungsklage soll ein Verwaltungsakt aufgehoben werden, bei einer Leistungsklage wird eine Leistung (Tun, Dulden oder Unterlassen) gefordert und bei einer Feststellungsklage soll das Gericht eine Feststellung treffen. „Die Klagearten der Verwaltungsgerichtsordnung“ weiterlesen

Das bayerische Polizeirecht (III): Gefahrbegriffe

Das Vorliegen einer Gefahr ist Voraussetzung für vielerlei Eingriffsbefugnisse der Verwaltung. Vor allem im Polizeirecht, aber auch in anderen Bereichen des öffentlichen Rechts gibt es verschiedene Gefahrbegriffe. Diese wollen wir hier kurz erläutern.

Gefahr: Dreh- und Angelpunkt ist natürlich die Gefahr an sich. Darunter versteht man eine Sachlage, bei der ohne Einschreiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Schaden für bestimmte Schutzgüter eintritt. Dieser bloße Begriff ist noch nicht sonderlich erhellend, denn gefährlich ist im Grunde alles – ja, sogar das Leben selbst ist voller Gefahren. „Das bayerische Polizeirecht (III): Gefahrbegriffe“ weiterlesen

Das bayerische Polizeirecht (II): Übersicht über das PAG

Das Polizeiaufgabengesetz ist – zumindest vom Grundsatz her – ein sehr übersichtliches Gesetz. Es ist in verschiedene Abschnitte unterteilt, die alle in sich relativ geschlossen sind. Es braucht kaum Verweisungen durch das halbe Gesetz. Zudem gibt es einen „bayerischen Prüfungsaufbau“, der es ermöglicht, polizeiliches Handeln genau so auf Rechtmäßigkeit zu prüfen, dass es der Struktur des Polizeiaufgabengesetzes engtspricht.

Das PAG kennt folgende Abschnitte:

  1. Art. 2 und 3: Aufgabenbereich der Polizei
  2. Art. 4 und 5: Handlungsgrundsätze
  3. Art. 7 bis 10: Maßnahmerichtung (Adressat)
  4. Art. 11 bis 48: Eingriffsbefugnisse zur Gefahrenabwehr (Primärebene)
    • Art. 11 bis 29: Einzelne Befugnisse
      • Art. 11: Verweisung und Generalklausel
      • Art. 12 bis 14: Auskunft und Identifizierung
      • Art. 15 bis 20: div. Freiheitseinschränkungen
      • Art. 21 bis 24: Durchsuchungen
      • Art. 25 bis 28: Sicherstellung
    • Art. 30 bis 36: Datenerhebung
    • Art. 37 bis 48: Datenverarbeitung
  5. Art. 53 bis 69: Vollstreckung polizeilicher Anordnungen (Sekundärebene)
  6. Art. 53 bis 59: durch Zwangsmittel
  7. Art. 60 bis 69: durch unmittelbaren (körperlichen) Zwang
  8. Art. 70 bis 73: Folgenabwicklung für polizeiliches Handeln (Tertiärebene)

Fehlende Paragraphen beinhalten Definitionen, Verweise auf nichtpolizeiliche Aufgaben der Polizei und Schlussbestimmungen.

Das bayerische Polizeirecht (I): Der Begriff der Polizei

Wenn man sich mit Gesetzen, die sich um die Polizei drehen, beschäftigt, muss man sich zunächst einmal fragen, welche Personen mit dem Begriff „Polizei“ überhaupt gemeint sind. Das ist nicht so klar, denn es gibt mehrere Polizeibegriffe.

Historisch verstand man unter „Polizey“ praktisch jede Form von Staatsverwaltung. Später wurden Sonderbereiche wie Militär, Justiz und Finanzverwaltung ausgegliedert.

Der formelle Polizeibegriff definiert die Polizei über ihre Aufgaben: Polizei ist, wer zur Gefahrenabwehr oder zur Strafverfolgung berufen ist. „Das bayerische Polizeirecht (I): Der Begriff der Polizei“ weiterlesen

Buchvorstellung: Jura-Klausuren richtig schreiben

Bücher über die richtige Klausurtechnik in juristischen Prüfungen gibt es viele. Leider kranken die meisten daran, dass sie eine weitschweifige Theorie zur Wissenschaft hinter dem Klausurschreiben an sich ausarbeiten, die der Student in der Klausursituation ohnehin nicht abrufen und anwenden kann.

Tipps vom Korrektor

Das neue Werk Jura-Klausuren richtig schreiben“ von Joachim Kern, das jetzt im renommierten Fachverlag Vepowar erschienen ist, stellt die Klausurschreibkunst vom Kopf auf die Füße. Statt langatmiger Diskussion auf der Meta-Ebene hilft dieses Buch den Studenten, ganz einfach das zu schreiben, was der Korrektor hören will. Als roter Faden zieht sich die Frage durch das Buch, was verlangt wird und wofür der Prüfer die Noten vergibt. „Buchvorstellung: Jura-Klausuren richtig schreiben“ weiterlesen

Serie: Das bayerische Polizeirecht

Mit dieser Serie wollen wir einen Überblick über das bayerische Polizei- und Sicherheitsrecht geben. Dieses Rechtsgebiet ist für jeden Bürger von gewissem Interesse, denn er kann jederzeit in Kontakt mit Polizeikräften geraten – in aller Regel unfreiwillig. Und während die meisten Begegnungen mit der Polizei nicht weiter tragisch sind, kann es auch zu ganz erheblichen Grundrechtseingriffen kommen. Daher ist es wichtig, zu wissen, warum, wie und gegen wen die Polizei überhaupt handeln darf.

Wir werden uns dabei vor allem mit folgenden Gesetzen beschäftigen:

  • Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei
    (Polizeiaufgabengesetz, PAG)
  • Gesetz über die Organisation der Bayerischen Staatlichen Polizei
    (Polizeiorganisationsgesetz, POG)
  • Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht
    auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
    (Landesstraf- und Verordnungsgesetz, LStVG)

Das Internet und die Meinungsfreiheit

freedom-of-speech-156029_1280Vielleicht kennen Sie das auch: Sie schreiben einen Beitrag oder einen Kommentar auf Facebook, in Online-Foren oder in Blogs und irgendwann verschwindet dieser, aus welchem Grunde auch immer. Häufig folgen dann Beschwerden über Zensur und angeblich fehlende Meinungsfreiheit. Heute möchten wir darlegen, warum es eine Berufung auf die Meinungsfreiheit hier falsch ist und warum Plattformbetreibern zu raten ist, sehr genau auf die Inhalte ihrer Angebote zu achten.

Der erste Grund dafür ist nicht juristischer, sondern rein praktischer Natur – und liegt natürlich in der Verantwortung des einzelnen Betreibers: Es macht keinen so besonders guten Eindruck, wenn man beim Betreten einer Facebook-Gruppe gleich mit Beiträgen über die Mondlandungsverschwörung, das Übel des Zinseszinses und die Weltherrschaftspläne der Bilderberger konfrontiert wird. „Das Internet und die Meinungsfreiheit“ weiterlesen

Vermutung und Fiktion

Die Vorstellungswelt des Gesetzgebers ist einfach: Tatbestand und Rechtsfolge werden einfach verknüpft – wenn etwas bestimmtes gegeben ist, dann tritt eine bestimmte Rechtsfolge ein. Der Eigentümer kann vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. (§ 985) Wenn der eine Eigentümer und der andere Besitzer einer Sache ist, dann erhält Ersterer die Sache von Letzterem. Die Schwierigkeit liegt nicht darin, diese völlig banale Norm anzuwenden; bedeutend schwieriger kann es sein, das Vorliegen der Voraussetzungen auch zu beweisen.

Aus diesem Grunde gibt es verschiedene juristische Methoden, das Vorliegen bestimmter Tatsachen dadurch festzustellen, dass man sich an anderen Tatsachen orientiert, die leichter zu beweisen sind. „Vermutung und Fiktion“ weiterlesen