Das Staatshaftungsgesetz von 1982

Das Staatshaftungsgesetz des Bundes wurde 1981 verabschiedet und trat zum 1. Januar 1982 in Kraft. Es galt bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 18. Oktober 1982 (also nicht einmal zehn Monate). Das BVerfG entschied, dass das Gesetz nicht in die Zuständigkeit des Bundes, sondern der Bundesländer gehört, und es daher nichtig sei. Seitdem gilt in Deutschland wieder das bisherige System der Amtshaftung, das vor allem auf Gewohnheits- und Richterrecht aufbaut.

Staatshaftungsgesetz (StHG)

1. Abschnitt

Haftung für rechtswidriges Verhalten der öffentlichen Gewalt

§ 1 Haftung der öffentlichen Gewalt

(1) Verletzt die öffentliche Gewalt eine Pflicht des öffentlichen Rechts, die ihr einem anderen gegenüber obliegt, so haftet ihr Träger dem anderen für den daraus entstehenden Schaden nach diesem Gesetz. „Das Staatshaftungsgesetz von 1982“ weiterlesen

Herr Richter, unterschreiben Sie!

Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben.

Das sagt § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Und dennoch wird kaum ein Beteiligter an einem Rechtsstreit jemals die handschriftliche Unterzeichnung des Richters gesehen haben. Dabei verlangt § 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO doch:

Die Urteile werden den Parteien (…) zugestellt.

Wenn das Urteil vom Richter unterschrieben ist und das Urteil zugestellt wird, dann muss doch auf dem, was zugestellt wird, die Unterschrift des Richters sein.

Das Problem dabei ist nur, dass das Gesetz mit dem einheitlichen Begriffe „Urteil“ ganz verschiedene Dinge meint, die sich erst aus dem Zusammenhang ergeben. „Herr Richter, unterschreiben Sie!“ weiterlesen

Eingliederungshilfe für Ausländer

Zur Zeit geistert die Abbildung eines angeblichen Arbeitslosengeld-II-Bescheids durch das Internet, auf dem für eine vierköpfige Familie ein Gesamtbetrag von über 4000 Euro monatlich ausgewiesen ist. Diese Summe setzt sich, neben den eher bescheidenen „Hartz IV“-Leistungen von 289 bzw. 345 Euro sowie Unterkunftskosten, vor allem aus einer „Eingliederungshilfe“ in Höhe von stolzen 2262,50 Euro zusammen. In reißerischer Sprache und fehlerhaftem Deutsch wird dazu erklärt, dies sei eine ausländische Familie und „Asylanten erhalten neben Hartz IV zusätzlich Eingliederungshilfe“.

Ist da etwas Wahres dran? Wirft unser Staat ohne nachvollziehbaren Grund allen Asylanten über 500 Euro pro und Monat hinterher, damit sie sich mit diesem Geld irgendwie „eingliedern“? Oder ist das eine von mittlerweile vielen Internet-Enten? „Eingliederungshilfe für Ausländer“ weiterlesen

Kein Reisepass für Steuerschuldner

passport-249420_640Wer Steuern schuldigt bleibt, darf nicht in den Urlaub fahren. So könnte man ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin (Beschluss vom 27. August 2014, 23 L 410.14) zusammenfassen. Ganz richtig ist das so allgemein gesagt nicht, denn im vorliegenden Fall ging es schon um ganz erhebliche Steuerschulden (mehr als eine halbe Million Euro) und der Zahlungspflichtige hatte keine Anstalten zu deren Begleichung gemacht und seinen Wohnsitz immer wieder geändert, ohne sich korrekt umzumelden.

Gesetzliche Grundlage für diesen Entzug ist § 7 des Passgesetzes:

(1) Der Paß ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, daß der Paßbewerber

4. sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen (…) will

§ 8 PaßG sieht vor, dass in diesem Fall ein bereits erteilter Pass auch entzogen werden kann.

Neben Steuerschulden sind noch einige andere Tatbestände geregelt, nämlich sicherheits- und strafrechtliche (Nr. 1 bis 3, 10) und wehrpflichtbezogene (Nr. 6 bis 9). Der einzige privatrechtliche Tatbestand ist Nr. 5, nachdem keinen Reisepass bekommt, wer im Verdacht steht, sich seiner Unterhaltspflicht entziehen zu wollen.

Private Schulden sind dagegen nirgends umfasst. Wer also 20 Millionen Euro Schulden bei einer Privatperson hat, kann trotzdem lustig in der Welt herumreisen. Der Staat hält seine Bürger nur fest, wenn es um sein eigenes Geld, also in Form von Steuern, geht. Auch der Tatbestand „Unterhaltspflicht“ schützt bei genauerem Hinsehen vor allem den Staat, der sonst unter Umständen in Vorleistung für den Unterhalt gehen müsste.

Es ist wieder einer dieser Fälle, in denen sich der Staat gegenüber den Bürgern massiv bevorteilt.

Und nein, der Staat soll nicht allen säumigen Schuldnern die Ausreise verweigern. Ein großflächiger Schuldturm namens Bundesrepublik nützt wahrscheinlich keinem Gläubiger. Aber der Staat sollte einfach aufhören, seine Interessen und Ansprüche über diejenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer zu stellen.

Der online informierte Mandant

Durch das Internet sind Informationen jederzeit und für jeden verfügbar. Das gilt natürlich auch für juristische Informationen und darum sieht sich ein Anwalt heute häufig schon beim ersten Beratungsgespräch einem bereits eingehend online informierten Mandanten gegenüber. Welche Auswirkungen das hat, wollen wir heute zumindest kurz andiskutieren. „Der online informierte Mandant“ weiterlesen

Buchbesprechung: Politische Parteien verwalten und gestalten. Praxisrelevantes Überblickswissen für Parteigründer, Amtsträger und Mitglieder

Das Parteienrecht führt ein ziemlich ambivalentes Dasein: Zum einen gehört es zum Staatsrecht, also zum erweiterten Kreis der Verfassungsrechts. Ohne demokratische Parteistrukturen gibt es keine demokratischen Wahlkandidaturen (auch, wenn die Parteien heute nicht mehr nur als Wahlvorbereitungsorganisationen angesehen werden) und damit in letzter Konsequenz auch keine demokratischen Wahlen. Trotz dieser immensen Bedeutung führen die Parteien in der Rechtswissenschaft ein Schattendasein. Literatur und Ratgeber zu Vereinen gibt es en masse (weil es eben auch Verein en masse gibt und daher die Zahl der Abnehmer entsprechend groß ist), aber die vereinsrechtlichen Grundsätze lassen sich in vieler Hinsicht nicht auf Parteien übertragen und gerade in der staatspolitischen Bedeutung der Parteien ist das Vereinsrecht ziemlich uninteressant.

Die parteienrechtliche Literatur wurde nun durch ein Buch des Fachverlags Vepowar (Verlag für Politik, Wahlen und Recht) bereichert: Mit „Politische Parteien verwalten und gestalten. Praxisrelevantes Überblickswissen für Parteigründer, Amtsträger und Mitglieder“ von Markus Mayer, Jürgen Carstensen, Sophie Lengerich und Gerd Lang-Müller ist ein in zweierlei Weise herausragendes Werk gelungen. Herausragend, weil es sehr unkonventionell geschrieben ist, und herausragend, weil es konsequent in die bedeutsamen Nischenfragen geht, die von den bisherigen Standardwerken wenig behandelt werden. „Buchbesprechung: Politische Parteien verwalten und gestalten. Praxisrelevantes Überblickswissen für Parteigründer, Amtsträger und Mitglieder“ weiterlesen

Das Internet als Teil des Lebens

Ein bemerkenswert lebensnahes Urteil hat der BGH (Urteil vom 24. Januar 2014, III ZR 98/12) zur heutigen Bedeutung des Internets gefällt:

Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer, jedenfalls vor dem hier maßgeblichen Jahreswechsel 2008/2009 beginnender Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. „Das Internet als Teil des Lebens“ weiterlesen

Staatsvolk, Staatsgebiet, Staatsgewalt – die Staatlichkeits-Trias

flags-69190_1920Nach klassischer Völkerrechtslehre besteht ein Staat aus Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt. Nur, wenn diese drei Elemente vorhanden sind, kann man von einem Staat sprechen. Diese „Drei-Elemente-Lehre“ geht auf den großen Staatsrechtler Georg Jellinek zurück.

Staatsvolk sind die dauerhaften Bewohner des Landes, Staatsgebiet ist seine geographische Ausdehnung auf der Erdoberfläche und Staatsgewalt ist die Autorität, die offizielle Stellen aufgrund von Gesetzen ausüben. „Staatsvolk, Staatsgebiet, Staatsgewalt – die Staatlichkeits-Trias“ weiterlesen

Argument 861

Auch in den USA gibt es Bürger, die eher ungern Steuern zahlen. Aber neben den üblichen Abschreibungs-, Anrechnungs- und anderen Steuersparmodellen gibt es auch noch die sogenannten „tax protestors“. Diese versuchen nicht, innerhalb des bestehenden Rechts die möglichst günstigste Steuergestaltung für sich herauszuholen, sondern gehen von der Ungültigkeit von Steuergesetzen aus oder davon, dass diese einen völlig anderen Inhalt haben als der Gesetzgeber, sämtliche Juristen und die Rechtsprechung meinen.

Und weil wir hier desöfteren schlechte juristische Argumentation beleuchten, widmen wir uns auch dieser Diskussion in der gebotenen kurzen Weise. Heute soll es um eine ganz spezielle These gehen, das sogenannte Argument 861. „Argument 861“ weiterlesen

Der Zweifel als Wegbegleiter

Es ist nicht einfach, sich einzugestehen, dass man einem Irrtum aufgesessen ist.

Das äußerte vor kurzem ein Kollege über eine Auseinandersetzung mit – zugegebenermaßen ziemlich logikresistenten – Diskussionspartnern. Diese Aussage hat mich zum Nachdenken gebracht. Ja, es mag sein, dass in diesem Fall das Eingestehen des eigenen Irrtums schmerzlich ist. Aber gilt das immer?

Mein Ergebnis ist, dass vielmehr das Gegenteil der Fall ist bzw. sein sollte. Der Zweifel an der eigenen Erkenntnis ist Teil jedes wissenschaftlichen Strebens nach Erkenntnis, gerade in der Juristerei. „Der Zweifel als Wegbegleiter“ weiterlesen