Serie: Das bayerische Polizeirecht

Mit dieser Serie wollen wir einen Überblick über das bayerische Polizei- und Sicherheitsrecht geben. Dieses Rechtsgebiet ist für jeden Bürger von gewissem Interesse, denn er kann jederzeit in Kontakt mit Polizeikräften geraten – in aller Regel unfreiwillig. Und während die meisten Begegnungen mit der Polizei nicht weiter tragisch sind, kann es auch zu ganz erheblichen Grundrechtseingriffen kommen. Daher ist es wichtig, zu wissen, warum, wie und gegen wen die Polizei überhaupt handeln darf.

Wir werden uns dabei vor allem mit folgenden Gesetzen beschäftigen:

  • Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei
    (Polizeiaufgabengesetz, PAG)
  • Gesetz über die Organisation der Bayerischen Staatlichen Polizei
    (Polizeiorganisationsgesetz, POG)
  • Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht
    auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
    (Landesstraf- und Verordnungsgesetz, LStVG)

Das Internet und die Meinungsfreiheit

freedom-of-speech-156029_1280Vielleicht kennen Sie das auch: Sie schreiben einen Beitrag oder einen Kommentar auf Facebook, in Online-Foren oder in Blogs und irgendwann verschwindet dieser, aus welchem Grunde auch immer. Häufig folgen dann Beschwerden über Zensur und angeblich fehlende Meinungsfreiheit. Heute möchten wir darlegen, warum es eine Berufung auf die Meinungsfreiheit hier falsch ist und warum Plattformbetreibern zu raten ist, sehr genau auf die Inhalte ihrer Angebote zu achten.

Der erste Grund dafür ist nicht juristischer, sondern rein praktischer Natur – und liegt natürlich in der Verantwortung des einzelnen Betreibers: Es macht keinen so besonders guten Eindruck, wenn man beim Betreten einer Facebook-Gruppe gleich mit Beiträgen über die Mondlandungsverschwörung, das Übel des Zinseszinses und die Weltherrschaftspläne der Bilderberger konfrontiert wird. „Das Internet und die Meinungsfreiheit“ weiterlesen

Vermutung und Fiktion

Die Vorstellungswelt des Gesetzgebers ist einfach: Tatbestand und Rechtsfolge werden einfach verknüpft – wenn etwas bestimmtes gegeben ist, dann tritt eine bestimmte Rechtsfolge ein. Der Eigentümer kann vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. (§ 985) Wenn der eine Eigentümer und der andere Besitzer einer Sache ist, dann erhält Ersterer die Sache von Letzterem. Die Schwierigkeit liegt nicht darin, diese völlig banale Norm anzuwenden; bedeutend schwieriger kann es sein, das Vorliegen der Voraussetzungen auch zu beweisen.

Aus diesem Grunde gibt es verschiedene juristische Methoden, das Vorliegen bestimmter Tatsachen dadurch festzustellen, dass man sich an anderen Tatsachen orientiert, die leichter zu beweisen sind. „Vermutung und Fiktion“ weiterlesen

Die Geschäftsführung ohne Auftrag

Als Geschäft bezeichnet man in der Regel einen formellen Vertragsabschluss. Im Rahmen der GoA ist dies aber nicht notwendig.
Als Geschäft bezeichnet man in der Regel einen formellen Vertragsabschluss. Im Rahmen der GoA ist dies aber nicht notwendig.
Die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB, „GoA“) ist ein wichtiges Rechtsinstitut des deutschen Zivilrechts. Sie ist immer dann einschlägig, wenn jemand irgendeine wirtschaftlich relevante Handlung vorgenommen hat, die zum Rechtssphäre eines anderen gehört. Dabei bezeichnet man denjenigen, der das fremde Geschäft geführt hat, als Geschäftsführer, denjenigen, um dessen Geschäft es sich gehandelt hat, als den Geschäftsherrn.

Die Prüfung eines Anspruchs aus den GoA-Vorschriften verläuft nach folgenden Schritten: „Die Geschäftsführung ohne Auftrag“ weiterlesen

Die Form eines Verwaltungsakts

Kaum eine offizielle Maßnahme ist derart formfrei wie ein Verwaltungsakt. Dies liegt daran, dass ein Verwaltungsakt („jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist“, § 35 Satz 1 VwVfG) eine tagtägliche Handlungsform von Behörden ist. Permanent wird irgendetwas gegenüber dem Bürger geregelt. Gleichzeitig bezieht sich der eine Begriff des Verwaltungsakts aber auf viele verschiedene Rechtsgebiete und Situationen. Für diese alle einheitliche Formvorschriften festzusetzen, wäre einfach zu pauschal.

So ist es möglich, einen VA schriftlich, elektronisch oder mündlich zu erlassen. Und noch mehr, er kann auch in anderer Weise erlassen werden. (§ 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Diese andere Weise ist zum Beispiel – das mag sich makaber anhören – körperlich. Wenn ein Polizist mit dem Knüppel zuschlägt, dann handelt es sich dabei um einen Verwaltungsakt des unmittelbaren Zwangs, denn der Polizist sagt gleichzeitig „Dulde dieses Zwangsmittel!“. Diese Einordnung stammt noch aus früheren Zeiten, als der verfügbare Rechtsschutz gegen Nicht-Verwaltungsakte noch nicht so ausgeprägt war und man sich darum bemühte, auch solche staatlichen Eingriffe als VA zu deklarieren. „Die Form eines Verwaltungsakts“ weiterlesen

Das Freiwillige an der Freiwilligen Gerichtsbarkeit

Die Existenz einer „Freiwilligen Gerichtsbarkeit“ begegnet häufig gewissem Unglauben: Ist ein Gericht nicht eher eine Institution, die auf die Freiwilligkeit der Beteiligten eher wenig Rücksicht nimmt? Staatliche Machtausübung setzt sich grundsätzlich gegen den Willen des Betroffenen durch.

„Freiwillige Gerichtsbarkeit“ klingt danach als würde da jemand freiwillig, ja vielleicht sogar gerne hingehen. Warum man bereits mit dem „Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (FGG) im Jahr 1900 diesen Begriff verwendet hat und im neuen „Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (FamFG) fortgeführt hat, lässt sich nur historisch begründen. Bereits die Römer kannten die „actio voluntaria“, die freiwillige Klage. Aber: Auch die war schon nicht übermäßig freiwillig. „Das Freiwillige an der Freiwilligen Gerichtsbarkeit“ weiterlesen

Die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens

In den letzten Jahrzehnten hat der Staat Vieles, was dereinst seine Kernaufgaben waren, privatisiert. Seien es nun Flughäfen, die Bundespost, die Bahn oder sogar die Bundesdruckerei, privatrechtliche Strukturen scheinen den alten Beamtenapparaten überlegen zu sein. Der Staat schätzt nun einmal die Flexibilität, die er auf diese Weise gewinnt. Im unmittelbar hoheitlichen Bereich erscheint dagegen eine Privatisierung undenkbar: Einen selbstständigen Richter wird es wohl ebensowenig geben wie eine Söldner-Bundeswehr oder eine outgesourcte Polizei.

Eine andere Kaste von Staatsdienern wollte man aber vor einiger Zeit sehr wohl privatisieren: Die Gerichtsvollzieher. Das überrascht durchaus, denn Gerichtsvollzieher üben Hoheitsgewalt im engsten Sinne aus. Sie sind der verlängerte Arm der Gerichte und greifen ganz tiefgehend in Grundrechte ein, indem sie in Wohnungen eindringen, Eigentum pfänden und Schuldner zur Offenbarung ihrer gesamten Vermögensverhältnisse zwingen. „Die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens“ weiterlesen

Verteidigungslinien im Strafverfahren: Wiederaufnahmeantrag

Ein Wiederaufnahmeantrag will erreichen, dass das Verfahren von neuem durchgeführt wird. Dann wird die Rechtskraft durchbrochen, um ein falsches Urteil durch ein richtiges zu ersetzen. Die Voraussetzungen dafür sind von Gesetzes wegen (§ 359 StPO) eigentlich recht großzügig: Neben gefälschten Urkunden, strafbaren Falschaussagen von Zeugen und rechtsbeugendem Verhalten von Richtern sind grundsätzlich alle neuen Tatsachen und Beweise ein Wiederaufnahmegrund, sofern sie einen Freispruch oder die Anwendung eines milderen Gesetzes begründen können. „Verteidigungslinien im Strafverfahren: Wiederaufnahmeantrag“ weiterlesen

Homosexuellen-Ehe: Pyrrhus-Sieg vor dem Supreme Court?

Heute ist der 4. Juli, der Nationalfeiertag der USA. Daher haben wir heute auch extra ein US-amerikanisches Thema auf Lager, das zudem sehr aktuell ist:

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat entschieden, dass gleichgeschlechtliche Heiraten (auch bekannt als „Homo-Ehe“) legal sind. So oder so ähnlich liest man es in den Medien hierzulande. Diese Darstellung ist grundsätzlich falsch. Vielmehr wurde in der Entscheidung „Obergefell vs. Hodges“ (Urteile werden in den USA gewöhnlich nach den Beteiligten benannt) eine Pflicht sämtlicher Bundesstaaten zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe statuiert. „Homosexuellen-Ehe: Pyrrhus-Sieg vor dem Supreme Court?“ weiterlesen

Verteidigungslinien im Strafverfahren: Gnadengesuch

Mit einem Gnadengesuch wird das Staatsoberhaupt (der Bundespräsident bzw. die Ministerpräsidenten/Regierenden Bürgermeister der Länder) gebeten, die Strafe zu mildern. Die tatsächliche Überprüfung und Entscheidung erfolgt natürlich nicht durch das jeweilige Staatsoberhaupt selbst, sondern durch die jeweils ermächtigte Bürokratie.

Die Gnadenentscheidung ist kein Rechtsmittel und eigentlich auch kein juristischer Akt, sondern ein rein politischer. Und daher ist man sehr vorsichtig damit, Gnade zu gewähren. Rechtliche oder tatsächliche Fehler sind normalerweise kein Grund, denn diese hätten im gerichtlichen Verfahren geklärt werden müssen. Die Ministerialangestellten maßen sich hier nicht an, schlauer als das Oberlandesgericht oder Bundesgerichtshof zu sein und dessen Rechtsprechung korrigieren zu müssen. Dies wäre auch mit der Gewaltenteilung nicht vereinbar.

Der Gnadenweg ist vor allem da sinnvoll, wo das Urteil aufgrund bestimmter Tatsachen überzogen erscheint, dies aber nicht zu einer Korrektur auf rechtlichem Weg führen kann. Ein häufigerer Fall ist z.B. die Reduzierung der Höhe des Tagessatzes bei einer Geldstrafe, wenn der Verurteilte den Strafbefehl übersehen hat.

Mehr dazu:
abamatus.de – Gnadengesuch