Uli Hoeneß könnte schon bald auf freiem Fuß sein, obgleich er die dreieinhalbjährige Freiheitsstrafe, zu der er verurteilt wurde und die er seit Juni 2014 verbüßt, noch lange nicht vollständig abgesessen hat. Was zunächst nach einem Prominentenbonus klingt, ist tatsächlich eine gängige Praxis, die natürlich auch gesetzlich verankert ist.
§ 57 des Strafgesetzbuches erlaubt es, den Rest einer Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Das bedeutet nicht, dass das Strafmaß nachträglich abgemildert wird. Lediglich ein Teil der Freiheitsstrafe wird vorerst nicht vollstreckt. Wie bei einer „normalen“ Bewährungsstrafe kann es Weisungen und Auflagen geben, die der Verurteilte erfüllen muss. Und wenn er innerhalb der Bewährungszeit diesen Weisungen und Auflagen nicht nachkommt oder wieder straffällig wird, kann es sein, dass er auch den ausgesetzten Teil noch verbüßen muss.
Die Entscheidung über die Entlassung obliegt der Strafvollstreckungskammer beim Landgericht, zu dessen Zuständigkeit die Justizvollzugsanstalt gehört, in der der Verurteilte bei Antragstellung einsitzt (§§ 462a, 454 StPO). Im Falle Hoeneß ist es das Landgericht Augsburg, das für die JVA Landsberg zuständig ist.
Entlassung nach zwei Dritteln ist die Regel
In der Regel erfolgt die Strafaussetzung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe gemäß § 57 Abs. 1 StGB. Im Fall Hoeneß wird es wohl auf die etwas seltenere Entlassung nach der Hälfte (§ 57 Abs. 2) hinauslaufen. Von den 42 Monaten, zu denen er verurteilt wurde, hat er bisher knapp 19 abgesessen. Am 1. März 2016 wären die 21 Monate voll, eine Strafaussetzung damit möglich.
Der Gesetzestext lautet insoweit:
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3. die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.
(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn
1. die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2. die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.
Entlassung nach der „Halbzeit“ setzt besondere Umstände voraus
Die einfachere Möglichkeit für eine Halbstrafenentlassung (Abs. 2 Nr. 1) liegt hier nicht vor, da die Freiheitsstrafe über zwei Jahren liegt. Für eine Strafaussetzung nach der Hälfte müssen also folgende Voraussetzungen allesamt erfüllt sein:
- besondere Umstände im Hinblick auf Tat, Persönlichkeit und Entwicklung im Strafvollzug (Abs. 2 Nr. 2)
- Verbüßung von sechs Monaten
- Vertretbarkeit angesichts des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit
- Einwilligung des Verurteilten
Sechs Monate sind längst vorbei, die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt Herr Hoeneß bestimmt nicht und einwilligen dürfte er auch. Das einzige problematische Merkmal sind demnach die besonderen Umstände. Für ihn spricht sicher, dass er erstmals verurteilt wurde, den Schaden wiedergutgemacht hat und es sich um kein Gewaltdelikt handelte. Auch seine Führung im Strafvollzug, sein öffentliches Auftreten seitdem und die Art und Weise, wie er die Lockerung zu produktiver Berufstätigkeit genutzt hat, dürften eher zu seinen Gunsten sprechen.
Entscheidung lässt sich noch nicht absehen
Wie die Entscheidung ausfallen wird, ob diese Umstände also „besonders“ genug sind, lässt sich freilich trotzdem nicht prognostizieren. Das Gericht wird sicher jeden Verdacht eines Promi-Bonusses vermeiden wollen. Von daher wird man davon ausgehen können, dass die Entscheidung, egal ob für oder gegen eine Aussetzung, intensiv und mit Blick auf die Öffentlichkeit begründet sein wird.