K.O.-Tropfen: BMJ will „gefährliche Mittel“ im StGB ergänzen

Das Justizministerium hat einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Qualifikationstatbestände bei Sexualdelikten (§ 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB) und schwerem Raub (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) um „Mittel“ erweitert. Damit soll klargestellt werden: Wer bei Vergewaltigung oder Raub nicht nur Waffen oder gefährliche Werkzeuge, sondern auch gefährliche Mittel (etwa Flüssigkeiten) einsetzt, fällt unter die Qualifikation – mit Mindeststrafe von fünf Jahren. Der Entwurf geht nach Angaben des Ministeriums in die Länder- und Verbändeanhörung.

Bisherige Rechtslage: Die genannten Qualifikationen nennen bislang nur „Waffen oder ein anderes gefährliches Werkzeug“. Auf dieser Grundlage hat der BGH entschieden, dass K.O.-Tropfen kein „Werkzeug“ sind: „Werkzeug“ meine einen geformten Gegenstand; Flüssigkeiten oder Gase hätten keine feste Form und erfüllten das Merkmal deshalb nicht. Strafschärfungen blieben bislang v. a. der Strafzumessung vorbehalten; in Extremfällen kommen andere Qualifikationen in Betracht (z. B. konkrete Todesgefahr bei § 177 Abs. 8 Nr. 2 b StGB).

Geplante Änderung im Detail: Künftig sollen die Tatbestände ausdrücklich „gefährliche Werkzeuge oder Mittel“ erfassen – nach der Begründung als Einheit gemeint und „alle festen, flüssigen oder gasförmigen Mittel“ einschließend, die im Einzelfall geeignet sind, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Damit zieht der Entwurf eine Linie zur Systematik des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB („Gift und andere gesundheitsschädliche Stoffe“) und adressiert speziell den Einsatz von K.O.-Tropfen. Eine unmittelbare äußere Einwirkung des Täters soll nicht erforderlich sein.

Verfahren und Kritik: Laut Entwurf ist die Veröffentlichung für die Anhörung vorgesehen; Stellungnahmen sollen bis 19. Dezember eingehen. Anwaltsverbände hatten bereits einen ähnlich gelagerten Bundesratsvorstoß (BT-Drs. 21/551) als aktionistisch kritisiert und eine echte Regelungslücke verneint; der BGH habe die Fälle auch nach geltendem Recht ausreichend erfassbar beschrieben.

Einordnung: Mit der Ergänzung „Mittel“ soll die dogmatische Lücke geschlossen werden, die der BGH mit dem Werkzeug-Begriff markiert hat. Praktisch stärkt das die Qualifikationsschiene bei heimlicher Verabreichung sedierender Substanzen – zugleich bleibt die Beweisführung anspruchsvoll (Nachweis der Beibringung, Kausalität, Gefährlichkeit im konkreten Fall). Im parlamentarischen Verfahren werden deshalb Fragen der Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit zentral sein.

Außerdem muss genau umschrieben werden, wie „KO-Tropfen“ nun definiert sind. Dies ergibt sich auch dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.

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