Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (II): Bewertung, Teil 1

paragraph-736864_640Gestern wurde hier eine kurze Zusammenfassung des geplanten Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz) veröffentlicht. Heute wollen wir uns intensiver mit den einzelnen Vorschriften beschäftigen und erläutern, warum diese problematisch sind und das Gesetz daher in einer freiheitlichen Staatsordnung nichts verloren hat. Aufgrund des Umfangs wurde der Artikel in zwei Teile aufgeteilt, von denen der nächste morgen erst veröffentlicht wird.

Auswirkung auf viele Dienste

Das Gesetz wird nicht nur, was eigentlich der Sinn und Zweck ist, Inhalte auf Facebook, Twitter und Youtube betreffen. Wenngleich gerade diese Netzwerke, wohl aufgrund ihrer Popularität und Verbreitung, stets als Anlass dafür herangezogen wird, sind alle Plattformen, die ein Übermitteln oder Veröffentlichen von Inhalten erlauben, erfasst. Das dürfte damit – was das Justizministerium momentan noch bestreitet – auch für Messengerdienste und Bloganbieter gelten. Die Schwelle von zwei Millionen Anmeldungen aus Deutschland dürfte da schneller überschritten sein als man zunächst meint – es gibt bei all diesen Diensten zahllose „tote Accounts“, die irgendjemand irgendwann einmal angelegt und dann vergessen hat, die aber alle bei der Berechnung mitzählen. Auch Gaming-Plattformen könnten betroffen sein. „Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (II): Bewertung, Teil 1“ weiterlesen

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (I): Kurzzusammenfassung

shield-107861_640Der Name allein ist schon ein Treppenwitz – Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Sollen damit Netzwerke durchgesetzt werden? Dabei haben sich die sozialen Netzwerke doch schon durchgesetzt, ganz ohne Gesetz. Oder sollen die Netzwerke eher durchsetzt werden? Also durch den Staat, durch durchsetzende Staatsdiener, die praktisch ihr eigenes Netzwerk im Netzwerk gründen?

Der Langname des Gesetzes klärt einiges: Es geht um das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken. Also nicht die Netzwerke selbst werden durch(ge)setzt, sondern das Recht. Sozusagen ein Netzwerkrechtsdurchsetzungsgesetz. Und dafür liegt nun ein Entwurf des Justizministeriums vor, das bekanntlich die grundgesetzlich festgesetzte Netzwerkrechtsdurchsetzungsgesetzeskompetenz besitzt.

Aber was steht nun in diesem Gesetz? „Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (I): Kurzzusammenfassung“ weiterlesen

Häufige Fragen zur Körperverletzung

Was ist eine Körperverletzung?

§ 223 Abs. 1 StGB sagt:

Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Es gibt also zwei Tatalternativen: Körperliche Misshandlung und Gesundheitsschädigung. Diese liegen bei vielen Körperverletzungen gleichzeitig vor, eine der beiden Möglichkeiten ist aber ausreichend, um eine Strafbarkeit zu begründen.

Was ist eine körperliche Misshandlung?

Körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das Wohlbefinden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt.

Was ist eine Gesundheitsschädigung?

Eine Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn ein pathologischer (krankhafter) körperlicher oder psychischer Zustand hervorgerufen oder gesteigert wird. „Häufige Fragen zur Körperverletzung“ weiterlesen

Zu Besuch in Landsberg – als Anwalt im Gefängnis

jail-1817900_640Das Betreten eines Gefängnisses ist immer mit einem mulmigen Gefühl verbunden. Auch, wenn man nur als Besucher da ist. Das ändert sich auch für Anwälte nicht so schnell, die schon oft in Gefängnissen waren.

Als Rechtsanwalt, der sich (auch) mit Strafrecht beschäftigt, lassen sich Besuche im Gefängnis nicht vermeiden. Für viele inhaftierte Mandanten ist es sehr wichtig, dass auch der persönliche Kontakt zum Anwalt bestehen bleibt. Und man kann auch nicht alles nur per Brief oder über (ohnehin nur sporadisch mögliche) Telephonanrufe klären.

Anwalt darf Mandanten besuchen

Die Besuchsregelungen für Anwälte sind daher recht kulant – eine übermäßige Einschränkung würde ja auch die Verteidigung behindern und wäre daher mit dem Recht auf ein faires Verfahren schwer vereinbar. Man ist als Anwalt nicht an die allgemeinen Besuchszeiten und an die normalen Besuchshäufigkeiten gebunden. Man versucht aber natürlich, die organisatorischen Notwendigkeiten der Justizvollanstalt einigermaßen zu berücksichtigen. „Zu Besuch in Landsberg – als Anwalt im Gefängnis“ weiterlesen

Die Top Ten für den Februar 2017

Zur Frage, wann eine berufstypische Handlung eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zu einer Straftat begründet, hat sich der BGH schon öfter geäußert. Auf urteilsbesprechungen.de wird ein Beschluss des fünften Senats hierzu thematisiert.

Auf Elternbeirat-Bayern geht es um die Wahlmodalitäten des Elternbeirats.

Wenn einem Anwalt nichts mehr einfällt, beruft er sich auf Treu und Glauben (§ 242 BGB). Eine besondere Rolle spielt dieses Rechtsinstitut bei Auskunftsansprüchen, für die es meist keine geschriebene Rechtsgrundlage gibt. Wann besteht ein solcher Auskunftsanspruch und welche Varianten gibt es dazu? „Die Top Ten für den Februar 2017“ weiterlesen

Häufige Fragen zur Urkundenfälschung

Was ist eine Urkunde?

Eine Urkunde ist eine verkörperte Gedankenerklärung, die im Rechtsverkehr zum Beweis geeignet und bestimmt ist und den Aussteller erklären lässt. Hieraus ergeben sich folgende Funktionen:

  • Perpetuierungsfunktion: Die Erklärung muss durch die Urkunde auf Dauer festgehalten werden und muss visuell erkennbar sein.
  • Beweisfunktion: Die beurkundete Erklärung muss geeignet und bestimmt sein, eine rechtserhebliche Tatsache im Rechtsverkehr zu beweisen.
  • Garantiefunktion: Der Aussteller muss erkennbar sein, also entweder namentlich angegeben sein oder sich aus den Gesamtumständen erschließen lassen.

Wann ist eine Urkunde gefälscht?

§ 267 Abs. 1 kennt drei Tatbestandsalternativen:

  • Herstellen einer unechten Urkunde
  • Verfälschen einer echten Urkunde
  • Gebrauch einer unechten oder verfälschten Urkunde

„Häufige Fragen zur Urkundenfälschung“ weiterlesen

Die Top Ten für den Januar 2017

Im Verein braucht es einen Schriftführer – dieser oftmals unterschätzte Posten genießt aber ein hohes Vertrauen und hat wichtige Aufgaben.

Bei Verkehrsrecht-FAQ ging es darum, ob die Verkehrsrechtsschutzversicherung auch die Kosten eines Bußgeldverfahrens nach einem Verkehrsunfall trägt.

War die DDR ein Einparteienstaat, in dem es nur die SED gab? Diese Frage beleuchtet rechtshistorie.de. „Die Top Ten für den Januar 2017“ weiterlesen

Häufige Fragen zur Strafbarkeit des Versuchs

Was ist der Unterschied zwischen einer vollendeten und einer versuchten Straftat?

Davon, was ein Versuch ist, hat man wohl auch ohne juristisches Studium eine ziemlich zutreffende Vorstellung: Der Täter wollte eine Straftat begehen, es hat aber nicht funktioniert.

Entscheidend ist jedoch, dass bereits das Nichtvorliegen nur eines Tatbestandsmerkmals reicht. So bedarf bspw. der Tatbestand des Betrug eine Täuschung, eines Irrtums, einer Vermögensverfügung und eines Vermögensschadens – fehlt nur eines davon, ist der Betrug nicht vollendet, man muss also das Vorliegen eines Versuchs prüfen.

Wann ist der Versuch strafbar?

Gemäß § 23 Abs. 1 StGB ist der Versuch eines Verbrechens, also einer schweren Straftat mit einer Mindeststrafe von wenigstens einem Jahr Gefängnis (§ 12 Abs. 1), immer strafbar.

Bei weniger schweren Straftaten (Vergehen) muss die Versuchsstrafbarkeit eigens im Gesetz angeordnet sein, was in der Regel durch den lapidaren Satz „Der Versuch ist strafbar.“ geschieht. Dies ist mittlerweile bei weiten Teilen der Alltagskriminalität der Fall (z.B. § 223 Abs. 2, § 239 Abs. 2, § 240 Abs. 3, § 242 Abs. 2, § 246 Abs. 3, § 259 Abs. 3, § 263 Abs. 2, § 265 Abs. 2, § 265a Abs. 2, 267 Abs. 2, § 303 Abs. 3, § 331 Abs. 2 Satz 2).

Warum ist der Versuch überhaupt strafbar?

Man könnte natürlich sagen, dass es bei einem bloßen Versuch keinen Grund für strafrechtliches Einschreiten gibt, denn es ist ja „nichts passiert“. Allerdings sprechen folgende Gesichtspunkte für eine strafrechtliche Erfassung:

  • Das geschützte Rechtsgut wurde zumindest gefährdet.
  • Der Täter soll seine Tat nicht gefahrlos solange versuchen können, bis sie endlich funktioniert.
  • Das Vertrauen der Allgemeinheit in die öffentliche Sicherheit und in die Geltung der Gesetze muss geschützt werden.
  • Der Täter zeigt schon durch den Versuch, dass von ihm eine Gefahr ausgeht.

Ist auch die Vorbereitung strafbar?

Nein, in aller Regel nicht. Eine allgemeine Vorbereitungsstrafbarkeit gibt es nicht.

Strafbar ist aber die Verabredung eines Verbrechens (nicht jedoch eines Vergehens, siehe oben) zwischen mehreren Personen. Da hier die Gefahr besteht, dass einer der Beteiligten unabhängig von den anderen handelt, besteht die Gefährlichkeit der Vorbereitung auch schon vor Versuchsbeginn.

Daneben sind noch spezielle Vorbereitungshandlungen für Taten, die sich auf besonders wichtige Rechtsgüter des Staates beziehen, strafbar: Angriffskrieg (§ 80), Hochverrat (§ 83), Geldfälschung (§ 149), Ausweisfälschung (§ 275), Anschläge mit Sprengstoffen oder radioaktiven Stoffen (§ 310).

Bemerkenswert ist also, dass sogar Mordvorbereitungen eines Einzeltäters nicht strafbar sind.

Wann liegt ein Versuch vor?

Der Tatbestand des Versuchs umfasst den Tatentschluss und das unmittelbare Ansetzen zur Tat.

  • Tatentschluss bedeutet Vorsatz bezüglich aller objektiver Tatbestandsmerkmale der vollendeten Tat. Er muss also die gesamte Tat genau so wollen wie das Gesetz es vorsieht.
  • Unmittelbares Ansetzen bedeutet, dass sich der Tatentschluss auch in irgendeiner Weise manifestiert haben muss – denn die bloße kriminelle Gesinnung ist noch nicht strafbar. Unmittelbar ist das Ansetzen demnach nur, wenn entweder einzelne Tatbestandsmerkmale bereits erfüllt sind oder die Handlung nach Vorstellung des Täters ohne wesentliche Zwischenschritte in die Erfüllung eines Tatbestandsemrkmals übergehen würde. Diese Formel wird häufig auf die Tätervorstellung „Jetzt geht’s los“ reduziert.

Bemerkenswert ist hier aus Juristensicht, dass zunächst der subjektive und danach erst der objektive Tatbestand geprüft wird. Dies liegt daran, dass sich der Versuch ja in erster Linie im Vorstellungsbild des Täters abspielt.

Was ist ein untaugliche Versuch?

Untauglich ist der Versuch dann, wenn der Tatplan von vornherein nicht zur Vollendung führen konnte. Dabei ist zu unterscheiden:

  • Der abergläubische Versuch ist überhaupt kein Versuch im Sinne des StGB. Dabei wird ein Tatmittel verwendet, das ist keiner Weise auch nur theoretisch geeignet sein könnte, das angestrebte Ziel zu erreichen. Häufigstes Beispiel ist das „Verhexen“ einer anderen Person.
  • Der grob unverständige untaugliche Versuch kann dagegen gemäß § 23 Abs. 3 StGB mit einer deutlich niedrigeren Strafe belegt werden. Grober Unverstand liegt dann vor, wenn der Täter geringere kriminelle Energie an den Tag gelegt hat, indem er ein viel zu harmloses Tatmittel gewählt hat. Wer z.B. einen anderen dadurch töten will, dass er ihn mit einem Tischtennisball bewirft, begeht keinen abergläubischen Versuch, denn mit einem schwereren Wurfgeschoß kann man tatsächlich einen Mord begehen. Trotzdem ist das so harmlos, dass man es bei der Strafzumessung berücksichtigen muss.
  • Andere untaugliche Versuche werden dagegen wie normale Versuche behandelt. Benutzt man also von einem an sich tauglichen Gift versehentlich nur die halbe tödliche Dosis, ist das kein unverständig-harmloser Versuch mehr.

Wann beginnt der Versuch für einen Mittäter?

Sobald einer der Mittäter unmittelbar zur Tat entsprechend dem Tatplan ansetzt, beginnt für alle Mittäter der Versuch.

Wann beginnt der Versuch für den mittelbaren Täter?

Der mittelbare Täter, der nicht selbst, sondern durch eine andere Person handelt, begeht den Versuch, sobald seine Einwirkung auf diese Person abgeschlossen ist und eine naheliegende Gefahr der Vollendung besteht.

Wann beginnt der Versuch der Begehung durch Unterlassen?

Der Versuch durch Unterlassen statt durch Handeln beginnt dann, wenn das Nichthandeln eine naheliegende Gefahr der Vollendung hervorruft.

Was ist der Rücktritt vom Versuch?

Ein Rücktritt gemäß § 24 StGB ist dann gegeben, wenn der Täter freiwillig davon absieht, die Tat zu vollenden. Dabei werden verschiedene Konstellationen unterschieden:

    Unbeendeter Versuch (§ 24 Abs. 1 Satz 1, erste Alternative): Der Täter glaubt, noch nicht alles zur Vollendung Notwendige getan zu haben. Bloße Tataufgabe reicht.

    Beendeter Versuch (§ 24 Abs. 1 Satz 1, zweite Alternative, und Satz 2): Der Täter glaubt, schon alles zur Vollendung Notwendige getan zu haben. Dann muss der Täter für einen Rücktritt die Vollendung aktiv verhindern.

    Alleintäter (§ 24 Abs. 1): Eigene Tataufgabe/Verhinderung reicht.

    Gemeinschaftstat (§ 24 Abs. 2): Einwirkung auf Mittäter und ggf. Rückgängigmachung des eigenen Tatbeitrag notwendig.

Folge eines Rücktritts ist die Straflosigkeit des Täters auch wegen des Versuchs.

Die Top Ten für den Dezember 2016

Anwälte nehmen eine aktive Rolle bei der Zustellung von Dokumenten in Gerichtsverfahren ein, aber welche Dokumente sind hiervon betroffen? Mehr dazu auf anwaltsrecht-faq.de.

Das Landgericht Tübingen hält an seine Rechtsprechung fest, dass die Landesrundfunkanstalten keine Behörden sind. Urteilsbesprechungen.de hat sich mit dem neuesten Beschluss dazu (LG Tübingen, 09.12.2016, 5 T 280/16) auseinandergesetzt. „Die Top Ten für den Dezember 2016“ weiterlesen

Warum man besser unbewaffnet zum Einkaufen geht

burglar-157142_640Eines Diebstahls verdächtigt zu werden, kann jedem passieren. Man schiebt ein Produkt im Supermarkt in die Manteltasche statt es in den Einkaufswagen zu legen. Man vergisst etwas im Einkaufswagen und legt es nicht aufs Band. Oder man hat bereits bezahlte Ware in der Tasche.

Das ist insofern meistens nicht allzu schlimm, weil man normalerweise einigermaßen glaubwürdig darlegen kann, dass man nichts stehlen wollte und es sich nur um einen dummen Zufall oder ein Versehen handelt – sofern die Zufälle oder Versehen nicht regelmäßig vorkommen. „Warum man besser unbewaffnet zum Einkaufen geht“ weiterlesen