Warum man besser unbewaffnet zum Einkaufen geht

burglar-157142_640Eines Diebstahls verdächtigt zu werden, kann jedem passieren. Man schiebt ein Produkt im Supermarkt in die Manteltasche statt es in den Einkaufswagen zu legen. Man vergisst etwas im Einkaufswagen und legt es nicht aufs Band. Oder man hat bereits bezahlte Ware in der Tasche.

Das ist insofern meistens nicht allzu schlimm, weil man normalerweise einigermaßen glaubwürdig darlegen kann, dass man nichts stehlen wollte und es sich nur um einen dummen Zufall oder ein Versehen handelt – sofern die Zufälle oder Versehen nicht regelmäßig vorkommen.

Normaler Diebstahl wird häufig eingestellt

Wenn einem der Ladendetektiv bzw. Filialleiter das nicht glaubt, wird ein solches Verfahren mit einiger Sicherheit von der Staatsanwaltschaft nach dem althergebrachten Grundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) eingestellt. Die Täterschaft ist unklar, zudem handelt es sich (wenn man nun nicht gerade einen Einbauherd versehentlich mitgenommen hat) regelmäßig um einen geringen Wert, sodass ohnehin nur ein Bagatelldelikt gegeben wäre.

Zwar sieht das StGB heute noch (wie zu Kaisers Zeiten) eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren für den normalen Diebstahl gemäß § 242 vor. In der Praxis wird aber in aller Regel nur eine geringe Geldstrafe verhängt.

Erhebliche Strafdrohung für Diebstahl mit Waffen

gun-937682_640Anders ist das aber beim sogenannten Diebstahl mit Waffen. § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB lautet:

Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt.

Diese Strafandrohung wird zwar bei minder schweren Fällen noch einmal halbiert, aber nun befinden wir uns auf einmal im Bereich der zumindest mittleren Kriminalität. Ein solches Verfahren stellt der Staatsanwalt auch nicht so einfach ein.

Aber andererseits: Wer geht denn schon mit dem Revolver in der Tasche einkaufen? Um den Revolver geht es nicht. In den allermeisten Fällen ist das corpus delicti ein „gefährliches Werkzeug“ – ein Pfefferspray, ein Taschenmesser oder auch ein Schraubenzieher.

Bewusstsein des Mitführens reicht

Dabei kommt es nicht darauf an, dass man dieses Werkzeug gegen Personen eingesetzt hat – dann wäre man im Bereich des Raubes oder räuberischen Diebstahls mit deutlich höheren Strafdrohungen. Es geht nicht einmal darum, dass man das Werkzeug einsetzen wollte.

screwdriver-280460_640Es reicht ganz normaler Vorsatz dahingehend, dass man diesen Gegenstand „bei sich führt“. Und der Vorsatz ist recht leicht nachzuweisen, denn gerade als gesetzestreuer Bürger wird man der herbeigerufenen Polizei ohne Umschweife sagen „Ja, ja, das hab ich immer dabei“ – und damit wusste man von dieser „Waffe“ und ist im Bereich des § 244.

Vorschrift ist dem Gesetzgeber missglückt

Die Vorschrift ist, da ist sich die Rechtswissenschaft absolut einig, gesetzestechnisch völlig missglückt. Weniger einig ist man sich, wie dieses Dilemma zu beheben ist. Die Obergerichte haben sich in der Regel damit begnügt, allzu krasse Auswüchse dieser Strafandrohung aus dem Tatbestand herauszunehmen.

Die Lehre, die man daraus ziehen muss, ist aber ganz klar: Nur ohne Waffen zum Einkaufen gehen!

Ist ein Autoschlüssel eigentlich ein gefährliches Werkzeug…?

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