Häufige Fragen zur Strafbarkeit des Versuchs

Was ist der Unterschied zwischen einer vollendeten und einer versuchten Straftat?

Davon, was ein Versuch ist, hat man wohl auch ohne juristisches Studium eine ziemlich zutreffende Vorstellung: Der Täter wollte eine Straftat begehen, es hat aber nicht funktioniert.

Entscheidend ist jedoch, dass bereits das Nichtvorliegen nur eines Tatbestandsmerkmals reicht. So bedarf bspw. der Tatbestand des Betrug eine Täuschung, eines Irrtums, einer Vermögensverfügung und eines Vermögensschadens – fehlt nur eines davon, ist der Betrug nicht vollendet, man muss also das Vorliegen eines Versuchs prüfen.

Wann ist der Versuch strafbar?

Gemäß § 23 Abs. 1 StGB ist der Versuch eines Verbrechens, also einer schweren Straftat mit einer Mindeststrafe von wenigstens einem Jahr Gefängnis (§ 12 Abs. 1), immer strafbar.

Bei weniger schweren Straftaten (Vergehen) muss die Versuchsstrafbarkeit eigens im Gesetz angeordnet sein, was in der Regel durch den lapidaren Satz „Der Versuch ist strafbar.“ geschieht. Dies ist mittlerweile bei weiten Teilen der Alltagskriminalität der Fall (z.B. § 223 Abs. 2, § 239 Abs. 2, § 240 Abs. 3, § 242 Abs. 2, § 246 Abs. 3, § 259 Abs. 3, § 263 Abs. 2, § 265 Abs. 2, § 265a Abs. 2, 267 Abs. 2, § 303 Abs. 3, § 331 Abs. 2 Satz 2).

Warum ist der Versuch überhaupt strafbar?

Man könnte natürlich sagen, dass es bei einem bloßen Versuch keinen Grund für strafrechtliches Einschreiten gibt, denn es ist ja „nichts passiert“. Allerdings sprechen folgende Gesichtspunkte für eine strafrechtliche Erfassung:

  • Das geschützte Rechtsgut wurde zumindest gefährdet.
  • Der Täter soll seine Tat nicht gefahrlos solange versuchen können, bis sie endlich funktioniert.
  • Das Vertrauen der Allgemeinheit in die öffentliche Sicherheit und in die Geltung der Gesetze muss geschützt werden.
  • Der Täter zeigt schon durch den Versuch, dass von ihm eine Gefahr ausgeht.

Ist auch die Vorbereitung strafbar?

Nein, in aller Regel nicht. Eine allgemeine Vorbereitungsstrafbarkeit gibt es nicht.

Strafbar ist aber die Verabredung eines Verbrechens (nicht jedoch eines Vergehens, siehe oben) zwischen mehreren Personen. Da hier die Gefahr besteht, dass einer der Beteiligten unabhängig von den anderen handelt, besteht die Gefährlichkeit der Vorbereitung auch schon vor Versuchsbeginn.

Daneben sind noch spezielle Vorbereitungshandlungen für Taten, die sich auf besonders wichtige Rechtsgüter des Staates beziehen, strafbar: Angriffskrieg (§ 80), Hochverrat (§ 83), Geldfälschung (§ 149), Ausweisfälschung (§ 275), Anschläge mit Sprengstoffen oder radioaktiven Stoffen (§ 310).

Bemerkenswert ist also, dass sogar Mordvorbereitungen eines Einzeltäters nicht strafbar sind.

Wann liegt ein Versuch vor?

Der Tatbestand des Versuchs umfasst den Tatentschluss und das unmittelbare Ansetzen zur Tat.

  • Tatentschluss bedeutet Vorsatz bezüglich aller objektiver Tatbestandsmerkmale der vollendeten Tat. Er muss also die gesamte Tat genau so wollen wie das Gesetz es vorsieht.
  • Unmittelbares Ansetzen bedeutet, dass sich der Tatentschluss auch in irgendeiner Weise manifestiert haben muss – denn die bloße kriminelle Gesinnung ist noch nicht strafbar. Unmittelbar ist das Ansetzen demnach nur, wenn entweder einzelne Tatbestandsmerkmale bereits erfüllt sind oder die Handlung nach Vorstellung des Täters ohne wesentliche Zwischenschritte in die Erfüllung eines Tatbestandsemrkmals übergehen würde. Diese Formel wird häufig auf die Tätervorstellung „Jetzt geht’s los“ reduziert.

Bemerkenswert ist hier aus Juristensicht, dass zunächst der subjektive und danach erst der objektive Tatbestand geprüft wird. Dies liegt daran, dass sich der Versuch ja in erster Linie im Vorstellungsbild des Täters abspielt.

Was ist ein untaugliche Versuch?

Untauglich ist der Versuch dann, wenn der Tatplan von vornherein nicht zur Vollendung führen konnte. Dabei ist zu unterscheiden:

  • Der abergläubische Versuch ist überhaupt kein Versuch im Sinne des StGB. Dabei wird ein Tatmittel verwendet, das ist keiner Weise auch nur theoretisch geeignet sein könnte, das angestrebte Ziel zu erreichen. Häufigstes Beispiel ist das „Verhexen“ einer anderen Person.
  • Der grob unverständige untaugliche Versuch kann dagegen gemäß § 23 Abs. 3 StGB mit einer deutlich niedrigeren Strafe belegt werden. Grober Unverstand liegt dann vor, wenn der Täter geringere kriminelle Energie an den Tag gelegt hat, indem er ein viel zu harmloses Tatmittel gewählt hat. Wer z.B. einen anderen dadurch töten will, dass er ihn mit einem Tischtennisball bewirft, begeht keinen abergläubischen Versuch, denn mit einem schwereren Wurfgeschoß kann man tatsächlich einen Mord begehen. Trotzdem ist das so harmlos, dass man es bei der Strafzumessung berücksichtigen muss.
  • Andere untaugliche Versuche werden dagegen wie normale Versuche behandelt. Benutzt man also von einem an sich tauglichen Gift versehentlich nur die halbe tödliche Dosis, ist das kein unverständig-harmloser Versuch mehr.

Wann beginnt der Versuch für einen Mittäter?

Sobald einer der Mittäter unmittelbar zur Tat entsprechend dem Tatplan ansetzt, beginnt für alle Mittäter der Versuch.

Wann beginnt der Versuch für den mittelbaren Täter?

Der mittelbare Täter, der nicht selbst, sondern durch eine andere Person handelt, begeht den Versuch, sobald seine Einwirkung auf diese Person abgeschlossen ist und eine naheliegende Gefahr der Vollendung besteht.

Wann beginnt der Versuch der Begehung durch Unterlassen?

Der Versuch durch Unterlassen statt durch Handeln beginnt dann, wenn das Nichthandeln eine naheliegende Gefahr der Vollendung hervorruft.

Was ist der Rücktritt vom Versuch?

Ein Rücktritt gemäß § 24 StGB ist dann gegeben, wenn der Täter freiwillig davon absieht, die Tat zu vollenden. Dabei werden verschiedene Konstellationen unterschieden:

    Unbeendeter Versuch (§ 24 Abs. 1 Satz 1, erste Alternative): Der Täter glaubt, noch nicht alles zur Vollendung Notwendige getan zu haben. Bloße Tataufgabe reicht.

    Beendeter Versuch (§ 24 Abs. 1 Satz 1, zweite Alternative, und Satz 2): Der Täter glaubt, schon alles zur Vollendung Notwendige getan zu haben. Dann muss der Täter für einen Rücktritt die Vollendung aktiv verhindern.

    Alleintäter (§ 24 Abs. 1): Eigene Tataufgabe/Verhinderung reicht.

    Gemeinschaftstat (§ 24 Abs. 2): Einwirkung auf Mittäter und ggf. Rückgängigmachung des eigenen Tatbeitrag notwendig.

Folge eines Rücktritts ist die Straflosigkeit des Täters auch wegen des Versuchs.

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