Zwei neue Seiten

Erläuterungen zum Grundgesetz finden Sie künftig auf das-grundgesetz.de.
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Die vermehrte Konzentration auf das Verfassungsrecht geht weiter. Aktuell habe ich mir zwei Domains gesichert, bei denen es mich sehr gewundert hat, dass diese noch frei waren:

Auf den Seiten soll zum einen eine Art Kommentar entstehen, in dem die einzelnen Artikel dieser Verfassungen verständlich erläutert werden. Daneben werden aber auch Artikel zum jeweiligen Verfassungsrecht hierhin umziehen.

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Fliegt die FDP doch noch aus dem bayerischen Landtag?

Die FDP, teilweise auch scherzhaft als „Die Liberalen“ bezeichnet, ist nach der Landtagswahl in Bayern wieder im Parlament vertreten. Nun machen Gerüchte die Runde, wonach dieser Wiedereinzug in den Bayerischen Landtag gefährdet sein könnte.

Stimmt es also, dass die FDP vielleicht doch noch an der Fünfprozenthürde scheitern könnte? Um die Freien Demokraten, deren Umgang mit der Frage derzeit zwischen Dünnhäutigkeit und Zweckoptimismus pendelt, zu beruhigen: Nein, höchstwahrscheinlich nicht.

Wer ist Direktkandidat?

Es geht laut Presseberichten darum, dass im niederbayerischen Stimmkreis Nr. 206 (Passau-West) zunächst der Kreisrat Hansi Brandl als FDP-Direktkandidat nominiert wurde. Später annullierte der FDP-Kreisvorstand diese Wahl und führte eine neue Aufstellungsversammlung durch. Nun wurde die örtliche FDP-Vorsitzende Bettina Illein als Kandidatin gewählt.

Das gefiel Herrn Brandl nicht und er setzte sich dagegen vor verschiedenen Partei- und staatlichen Gerichten zur Wehr, bislang jedenfalls ohne Erfolg. Darum blieb der Name von Frau Illein im Wahlvorschlag der FDP und landete somit auch auf den Stimmzetteln.

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Popularklage zur bayerischen Staatsangehörigkeit

flag-1502678_640Der Bayer Michael Lindner wohnt derzeit in der Schweiz wohnt. Deswegen ist er nach bisheriger Rechtslage nicht zum bayerischen Landtag wahlberechtigt und auch nicht wählbar. Hiergegen hat er eine Popularklage zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht. Von diesem erhofft er sich
Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Art. 22 Satz 1 LWG, insoweit für bayerische Staatsangehörige die Wählbarkeit zum Landtag örtlich gebunden ist.
Die Verpflichtung des Landtags auf Erlass eines Staatsangehörigkeitsgesetzes nach Art. 6 Abs. 3 BV.

Bayerische Staatsangehörigkeit existiert

Die Existenz der bayerischen Staatsangehörigkeit, die in Art. 6 der Verfassung festgeschrieben ist, ist ein Symbol bayerischen Selbstverständnisses. Der Freistaat ist eben nicht nur ein Bundesland unter vielen, sondern ein Staatswesen mit reicher Historie, das sich immer noch nicht ganz damit abgefunden hat, aufgrund geschichtlicher Zufälle nun Teil Deutschlands zu sein.

Für viele Bayern hat es einen hohen Stellenwert, dass sie nicht nur rein geographisch in Bayern wohnen, sondern eben auch Bayern sind. Trotzdem gibt es bis heute keine gesetzliche Festlegung dieser Staatsbürgerschaft. Die rechtliche Regelung ergibt sich nur aus der Verfassung, die mit kargen Worten besagt: „Popularklage zur bayerischen Staatsangehörigkeit“ weiterlesen

Die Top Ten für den Juli 2016

Auch im Juli wurden wieder einige interessante Beiträge auf anderen Seiten unseres Netzwerks veröffentlicht:

Im Arbeitsrecht sorgen AGG-Hopper immer wieder für Schlagzeilen: Was sind AGG-Hopper? Haben AGG-Hopper Entschädigungsansprüche?

Die Gemeinnützigkeit ist für Vereine ein wichtiger Aspekt ihrer Tätigkeit. Sie führt dazu, dass sie einerseits selbst nicht steuerpflichtig sind, andererseits aber auch Spenden an sie vom Spender steuerlich abgesetzt werden können. Ein wichtiger Aspekt davon ist die Selbstlosigkeit. Aber wann liegt diese vor?

Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist im Bürgerlichen Recht anerkannt, im BGB aber nicht geregelt. Trotzdem hat sich BGB-FAQ.de mit diesem Rechtsinstitut beschäftigt.

Der Beschuldigten-Notruf beantwortet die Frage, ob und inwieweit sich in einem Strafverfahren die Schadenwiedergutmachung durch den Täter positiv auswirkt.

Im bayerischen Polizeirecht ist die Rechtmäßigkeit einer polizeilichen Maßnahme meistens der strittige Punkt.

BAFöG ist für viele Studenten und andere Personen in verschiedenen Ausbildungen sehr wichtig. Aber auch das Bewilligungsverfahren nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ist natürlich formalisiert: An wen ist der BAFöG-Antrag zu richten? Welches Amt für Ausbildungsförderung ist für mich zuständig? Die Antworten finden Sie auf sozialrecht-faq.de.

Auch Behörden machen Fehler oder entscheiden sich um. Die Aufhebung eines Verwaltungsakts nimmt in der Ausbildung und in der Praxis daher erheblichen Raum ein. Verwaltungsrecht-FAQ beantwortet dazu folgende Fragen:
Kann ein VA genauso aufgehoben werden, wie er erlassen wurde?
Sind §§ 48 und 49 VwVfG auf alle Arten von Verwaltungsakten anwendbar?
Welche Behörde kann einen Verwaltungsakt aufheben?
Muss der Betroffene vor Rücknahme des Verwaltungsakts gehört werden?

In den Mietrecht-FAQ ging es darum, ob die Kündigung eines Mietvertrags per Fax zulässig ist und ob zumindest die Kündigungsfrist durch ein Fax gewahrt werden kann.

Hitler wurde demokratisch zum Reichskanzler gewählt, zumindest zumindest zum Anfang seines Regimes – so eine weit verbreitete Ansicht. Rechtshistorie.de ist dem auf den Grund gegangen.

Dass deutsche Landesverfassungen die Todesstrafe erwähnen, wird teilweise amüsiert, teilweise bestürzt zur Kenntnis genommen. Hat das irgendeine Bedeutung? Damit hat sich verfassungsrecht-faq.de am Beispiel der Todesstrafe in der bayerischen Verfassung sowie in der hessischen Verfassung beschäftigt.

Allgemeinpolitische Beschlussfassungen von Gemeindeparlamenten

Gemeinden ist es untersagt, allgemeinpolitische Beschlüsse zu Themen zu fassen, die zur Zuständigkeit anderer politischer Ebenen gehörden. Solche Themen sind keine Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Denkbar ist aber eine etwas vorsichtigere Form der Beschlussfassung.

In Kommunalparlamenten wie dem Kreistag, Stadtrat oder Gemeinderat gibt es desöfteren Abstimmungen über politische Stellungnahmen zu aktuellen Themen. Der Gegenstand dieser Stellungnahmen ist ein Spiegelbild der jeweiligen politischen Stimmungen: Während des Kalten Kriegs erklärte man sich gern zur „atomwaffenfreien Gemeinde“, später ging es um Gentechnik oder um die Benzinsteuer, heute um Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA und die eine oder andere Resolution zur Flüchtlingskrise wird es auch schon gegeben haben. „Allgemeinpolitische Beschlussfassungen von Gemeindeparlamenten“ weiterlesen

Rechtsbehelfe gegen einen Bebauungsplan

Ein Bebauungsplan besitzt – im Gegensatz zum Flächennutzungsplan – unzweifelhaft Außenwirkung. Er bestimmt ganz wesentlich, ob und wie ein Eigentümer sein Grundstück bebauen darf. Damit stellt sich aber auch die Frage, wie man einen beschlossenen Bebauungsplan anfechten kann. Die folgende Übersicht zeigt die statthaften Rechtsbehelfe nach bayerischem und deutschem Recht:

1. Normenkontrolle, § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO „Rechtsbehelfe gegen einen Bebauungsplan“ weiterlesen

Bayerischer Verfassungsgerichtshof, 12.03.1986, Vf 23-VII-84

hammer-719062_640Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12.03.1986

Aktenzeichen: BayVerfGH, Vf 23-VII-84

Fundstellen: VerfGH 39, 30; BayVBl 1986, 396; JZ 1986, 101; NJW 1986, 2820

Eine kritische Rezension dieses Urteils finden Sie ebenfalls auf dieser Homepage.


1. Art. 1 Abs. 1 des Landeswahlgesetzes und Art. 1 Abs. 1 des Gemeindewahlgesetzes verstoßen nicht dadurch gegen Art. 7 Abs. 2 und Art. 118 Abs. 1 BV, daß sie bei der Regelung der Wahlberechtigung nicht an eine besondere bayerische Staatsangehörigkeit, sondern an die Eigenschaft als Deutscher im Sinn des Art. 116 Abs. 1 GG anknüpfen.

2. Durch Art. 6 BV ist die Bayerische Staatsangehörigkeit als Institution wieder eingeführt worden. Eine konkrete Zuerkennung der bayerischen Staatsangehörigkeit an bestimmte Personen ist aber nicht möglich, solange das in Art. 6 Abs. 3 BV vorgesehene Gesetz über die bayerische Staatsangehörigkeit nicht erlassen ist.

3. Ein bayerisches Gesetz dürfte die bayerische Staatsangehörigkeit nicht Personen zuerkennen, die nicht zugleich Deutsche im Sinn des Grundgesetzes sind. Das im Grundgesetz verankerte bundesstaatliche Prinzip schließt es aus, daß der Kreis der Landesangehörigen insgesamt größer sein könnte als der Kreis der Deutschen.

4. Ein Gesetz über die bayerische Staatsangehörigkeit könnte nur eingrenzende Regelungen darüber enthalten, welche Deutschen im Sinn des Art. 116 Abs. 1 GG zugleich bayerische Staatsangehörige im Sinn des Art. 6 Abs. 1 BV sind und welche nicht.

Aus den Gründen:

(…)

IV. Die Popularklagen sind unzulässig.

(…)

3. Auch die von der Antragstellerin zu 2. erhobene Popularklage ist unzulässig.

a) Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört, daß der Antragsteller substantiiert angeben muß, inwiefern die angefochtene Rechtsvorschrift nach seiner Meinung in Widerspruch zu einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung steht. Die Popularklage ist unzulässig, wenn die geltend gemachte Verletzung einer Grundrechtsnorm nach Sachlage von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs; vgl. Meder, RdNrn. 19 und 21 zu Art. 98 m.w.N.).

Eine substantiierte Grundrechtsrüge liegt schon dann nicht vor, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, daß die angefochtene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Der Verfassungsgerichtshof muß anhand von substantiiert bezeichneten Tatsachen und Vorgängen beurteilen können, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnormen berührt ist (vgl. VerfGH vom 10.12.1985, Vf. 24-VII-83, S. 16, und vom 21.2.1986, BayVBl. 1986, 298/299).

b) Die von der Antragstellerin als verletzt bezeichneten Verfassungsnormen (Art. 7 Abs. 2 und Art 118 Abs. 1 BV) verbürgen Grundrechte. Eine Verletzung dieser Verfassungsnormen erscheint jedoch von vornherein nicht möglich.

aa) Die angefochtenen Bestimmungen des Landeswahlgesetzes und des Gemeindewahlgesetzes knüpfen bei der Regelung der Wahlberechtigten an den Begriff des Deutschen im Sinn des Art. 116 Abs. 1 GG an. Die Antragstellerin zu 2. sieht darin einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 2 und Art. 118 Abs. 1 BV, weil sie davon ausgeht, daß mit den angefochtenen Regelungen ein Teil der bayerischen Staatsangehörigen vom Wahlrecht ausgeschlossen werde oder zumindest ausgeschlossen werden könnte. Sie hält es für denkbar, daß es bayerische Staatsangehörige und damit gemäß Art. 7 Abs. 2 BV wahlberechtigte bayerische Staatsbürger gebe oder auf Grund eines zu erlassenden Staatsangehörigkeitsgesetzes geben könnte, die nicht zugleich Deutsche im Sinn des Grundgesetzes sind. Diese Auffassung trifft nicht zu.

bb) Durch Art. 6 BV ist die bayerische Staatsangehörigkeit als Institution wieder eingeführt worden. Unmittelbare Rechtsfolgen für den einzelnen Bürger ergeben sich daraus aber noch nicht. Art. 6 Abs. 1 BV nennt nur ganz allgemeine Voraussetzungen für den Erwerb der bayerischen Staatsangehörigkeit, wobei an herkömmliche Tatbestände des Staatsagehörigkeitsrechts angeknüpft wird (vgl. Nawiasky/Leusser/Schweiger/Zacher, Die Verfassung des Freistaats Bayern, RdNr. 2 zu Art. 6). Eine konkrete Zuerkennung der bayerischen Staatsangehörigkeit an bestimmte Personen ist aber nicht möglich, solange das in Art. 6 Abs. 3 BV vorgesehene Gesetz über die bayerische Staatsangehörigkeit nicht erlassen ist. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, ist Art. 6 BV ohne ein solches Staatsangehörigkeitsgesetz nicht vollziehbar (VerfGH 12, 171/176 f. = BayVBl. 1960, 84/85; VerfGH vom 8.4.1970, Vf. 132-VI-69, S. 7; vgl. auch BayVGH, BayVBl. 1959, 59/60; Nawiasky/Leusser/Schweiger/Zacher, RdNr. 4 zu Art. 6; Tschira, BayVBl. 1955, 261 ff.; Schlund, Das Standesamt 1962, 314/316). Schon deshalb ist es nicht möglich, daß durch die angefochtenen Vorschriften bayerische Staatsangehörige vom Wahlrecht zum Landtag und zu den Gemeinderäten ausgeschlossen werden könnten.

cc) Aber auch mit der Argumentation, daß der Gesetzgeber zum Erlaß eines Gesetzes über die bayerische Staatsangehörigkeit verpflichtet sei und daß er bei Erlaß eines solches Gesetzes den Kreis der bayerischen Staatsangehörigen über den Kreis der Deutschen hinaus erweitern dürfte, kann ein möglicher Verstoß von Art. 1 Abs. 1 LWG und Art. 1 Abs. 1 GWG gegen Art, 7 ABs. 2 und Art, 118 Abs. 1 BV nicht dargetan werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat in früheren Entscheidungen offengelassen, ob Art. 6 Abs. 3 BV eine Verpflichtung des Gesetzgebers zum Erlaß eines Staatsangehörigkeitsgesetzes begründet (vgl. vor allem VerfGH 18,79/82 m.w.N. = BayVBl. 1965, 378). Die Frage bedarf auch im vorliegenden Popularklageverfahren keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn der Gesetzgeber zum Erlaß eines Gesetzes über die bayerische Staatsangehörigkeit verpflichtet wäre, dürfte er sie doch nicht Personen zuerkennen, die nicht zugleich Deutsche im Sinn des Grundgesetzes sind. Zwar geht auch das Grundgesetz in Art. 74 Nr. 8 davon aus, daß es besondere Regelungen über die Staatsangehörigkeit in den Ländern geben darf und daß diese, da der Bund auf diesem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung noch nicht tätig geworden ist, von den Ländern erlassen werden können (Art. 70, 72 Abs. 1 GG; vgl. Maunz/Dürig, RdNrn. 119 ff. zu Art. 74; Tschria, BayVBl. 1955, 261/263). Das Grundgesetz schließt es aber aus, daß der Kreis der Landesangehörigen insgesamt größer sein könnte als der Kreis der Deutschen (vgl. Maunz in Maunz/Dürig, GG, RdNr. 121 zu Art. 74, Schätzel, Staatsangehörigkeit, in Neumann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, 1954, 2. Band, S. 535/539; Hoffmann, Die Staatsangehörigkeit in den deutschen Bundesländern, AÖR Bd. 81 – 1956 -, S. 300/332/341, Schmellenkamp, Das Ausländerwahlrecht in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage nach den Länderverfassungen, Diss. Köln, 1985, S. 58 ff.; Tschira, BayVBl. 1955, 261/263). Es widerspräche dem Wesen des im Grundgesetz verankerten und ausgestalteten Bundesstaats, wenn es in den einzelnen Ländern Staatsbürger mit unterschiedlicher Rechtsstellung in bezug auf den Bundesstaat einerseits und auf das betreffende Land andererseits gäbe. Die staatsrechtliche Einordnung in den Bundesstaat ist für ein Land so umfassend, daß ihm eine Zweiteilung seiner Staatsbürger in solche, die zugleich Deutsche sind, und in andere, die nicht Deutsche sind, durch das Grundgesetz versagt ist. Das bundesstaatliche Prinzip läßt es nicht zu, daß die Länder, deren Staatsgebiete insgesamt das Bundesstaatsgebiet bilden, in das Bundesvolk nur einen Teil ihres eigenen Staatsvolks einbringen. Wäre es anders, so führte das im Bundesstaat zu Konsequenzen, die bundesverfassungsrechtlich nicht hinnehmbar wären. Die Rechte und Pflichten, die nach dem Grundgesetz den Deutschen zustehen oder auferlegt sind, würden dann jeweils nur einen Teil der Staatsangehörigen eines Bundeslands erfassen. Es könnte also z.B. bayerische Staatsangehörige geben, die – weil sie nicht zugleich Deutsche wären – etwa von den bundesrechtlichen Grundrechte der Versammlungsfreiheit (Artl. 8 Abs. 1 GG), der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ausgeschlossen wären oder an das Ausland ausgeliefert werden dürften (Art. 16 Abs. 2 GG). Gleichzeitig hätten solche Landesangehörige, obwohl sie nicht zugleich Deutsche sind, dennoch das Recht, kraft ihrer Wahlberechtigung im Lande mittelbar an der Ausübung der Staatsgewalt im Bunde mitzuwirken. Das gälte etwa für den Bundesrat, für die Wahl des Bundespräsidenten durch di Bundesversammlung oder für die Wahl der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes. Denn die Landesregierungen, die den Bundesrat bilden (Art. 50 und 51 Abs. 1 GG), die Mitglieder der Bundesversammlung, die den Landesparlamenten angehören (Art. 54 Abs. 3 GG) und die Landesminister, die an der Richterwahl mitwirken (Art. 95 Abs. 1 und Abs. 2 GG), sind nach Landesverfassungsrecht bestellte Organe. Im Gesetzgebungsverfahren des Bundes könnten dann Ausländer im Sinn des Bundesrechts, die aber zugleich Staatsangehörige eines Bundeslandes wären, mittelbar beim Erlaß bundesrechtlicher Regelungen mitwirken, die z.B. nur Rechte und Pflichten für Deutsche begründen. Die Zahl der Beispiele solcher bundesstaatlich unauflösbarer Widersprüche ließe sich vermehren. Es wäre auch nicht zulässig, diese Widersprüche dadurch auszuräumen, daß nach Landesrecht die Zuerkennung der Staatsangehörigkeit im Lande gleichzeitig den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit mit sich brächte; denn die Staatsangehörigkeit im Bunde unterliegt der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 73 Nr. 2 GG).

dd) Ein Gesetz über die bayerische Staatsangehörigkeit dürfte nach alledem kraft höherrangiger Gebote des Grundgesetzes keine Nicht-Deutschen zu Bayern machen, sondern könnte nur eingrenzende Regelungen darüber enthalten, welche Deutschen im Sinn des Art. 116 Abs. 1 GG zugleich bayerische Staatsangehörige im Sinn von Art. 6 Abs. 1 BV sind und welche nicht. Rechtliche Auswirkungen eines solchen Gesetzes wären kaum denkbar, weil alle Rechte, die den bayerischen Staatsangehörigen zuerkannt würden – z.B. das Wahlrecht -, wegen Art. 8 BV, Art. 33 Abs. 1 GG allen anderen Deutschen unter den gleichen Voraussetzungen zustehen müßten (vgl. Maunz/in Maunz/Dürig, GG, RdNr. 121 zu Art, 74). Die Regelungen der Bayerischen Verfassung von 1946 über die bayerische Staatsangehörigkeit haben mit der Einbeziehung Bayerns in die Bundesrepublik Deutschland an Bedeutung verloren.

c) Da keine zulässige Regelung der bayerischen Staatsangehörigkeit in der Weise denkbar ist, daß davon auch Personen erfaßt werden dürften, die nicht zugleich Deutsche im Sinn des Art. 116 Abs. 1 GG wären, können die angefochtenen Vorschriften nicht wegen der Anknüpfung an die Eigenschaft des Deutschen gegen Art. 7 Abs. 2 und Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen. Das Fehlen eines Gesetzes über die bayerische Staatsangehörigkeit ist bei dieser Rechtslage keine entscheidungserhebliche Vorfrage im vorliegenden Verfahren. Daß der einzelne Bürger keinen Anspruch auf Erlaß eines solchen Gesetzes hat, hat der Verfassungsgerichtshof bereits entschieden (VerfGH 18, 79782 f. = BayVBl. 1965, 378).

Bayerische Staatsangehörigkeit: Bayer, aber kein Deutscher?

Bekanntlich ist die deutsche Staatsbürgerschaft für alle Deutschen dieselbe. Es gab einmal Zeiten, in denen dies anders war und die deutsche Staatsangehörigkeit nur von den Staatsangehörigkeiten der Länder abgeleitet war. Man war also beispielsweise Sachse und daraus abgeleitet auch Deutscher. Seit nunmehr 80 Jahren besteht die aktuelle Regelung und es gibt eben nur diese eine deutsche (seit 1990: bundesdeutsche) Staatsangehörigkeit.

Das gilt aber nur für den Bund, denn nur die Staatsangehörigkeit im Bund ist gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes überhaupt vom Bund zu regeln. Daraus folgt denklogisch, dass es auch eine Staatsangehörigkeit der Länder gibt. Eine solche sieht z. B. Bayern in Artikel 6 seiner Verfassung vor:

(1) Die Staatsangehörigkeit wird erworben
1. durch Geburt;
2. durch Legitimation;
3. durch Eheschließung;
4. durch Einbürgerung.

(2) Die Staatsangehörigkeit kann nicht aberkannt werden.

(3) Das Nähere regelt ein Gesetz über die Staatsangehörigkeit.

In der Praxis spielt diese Staatsangehörigkeit keine Rolle, da gemäß Art. 8 der Bayerischen Verfassung und Art. 33 Abs. 1 des Grundgesetzes alle Deutschen in Bayern gleich zu behandeln sind. Darum hat man sich auch nicht lange aufgehalten, das Ausführungsgesetz nach Abs. 3 zu verabschieden, das das „Nähere über die Staatsangehörigkeit“ regelt. Damit ist es sehr schwierig, die bayerische Staatsangehörigkeit in der Praxis zu behandeln, da ziemlich unklar bleibt, wie und nach welchem Verfahren sie erworben und verloren wird. Nach absolut herrschender Meinung ändert das jedoch nichts daran, dass es eine bayerische Staatsangehörigkeit gemäß Verfassung gibt.

Wer also z. B. als Tochter bayerischer Eltern in Bayern geboren wird, ist Bayerin. Es mag einige Zweifelsfälle geben, vor allem, wenn sich die Staatsbürgerschaft nicht bis auf Vorfahren zurückführen lässt, die vor 1934 noch die „echte“ bayerische Staatsbürgerschaft besaßen. Mangels Relevanz gibt es auch nicht viele Gerichtsurteile, die diese feine Trennlinie herausarbeiten konnten. Aber im Großen und Ganzen dürfte schon klar sein, wer Bayer ist und wer nicht.

In dem Zusammenhang stellt sich aber eine interessante Frage, die auch praktische Bedeutung erlangen könnte: Kann man Bayer sein, ohne Deutscher zu sein?

Der Schreiber dieser Zeilen wurde in den 1970er Jahren in Niederbayern geboren. Seine Eltern lebten seit Geburt in Niederbayern, ebenso die Großelterngeneration. Die Urgroßeltern stammten größtenteils aus Niederbayern, ein Urgroßvater aus Oberbayern, eine Urgroßmutter aus Mittelfranken. Sie alle waren bayerische Staatsbürger. Ohne vernünftigen Zweifel bin damit auch ich selbst Bayer nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verfassung („durch Geburt“).

Die deutsche Staatsbürgerschaft habe ich über § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 4 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (das bis zum Anfang dieses Jahrtausends noch völlig anachronistisch „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz“, RuStAG hieß) ebenfalls noch am ersten Lebenstag erhalten und besitze sie noch immer.

Ich könnte die deutsche Staatszugehörigkeit aber ablegen, wenn ich das wollen würde (§ 26 StAG). Das geht zwar nur, wenn ich mehrere Staatsbürgerschaften besäße. Die bayerische nehmen wir hier mal raus, um die Dinge nicht zu verkomplizieren; aber tun wir so als hätte ich daneben noch die österreichische Staatsbürgerschaft, weil ich mich irgendwann einmal (juristisch einwandfrei) hätte einbürgern lassen.

Was passiert dann mit meiner bayerischen Staatsbürgerschaft?

Möglicherweise ist mein Verzicht auf die bayerische Staatsbürgerschaft im Verzicht auf die deutsche schlüssig enthalten. Dahinter müsste man ein großes Fragezeichen setzen, denn so ohne Weiteres wird dieser Wille sicher nicht klar. Wenn ich in die (verpflichtend schriftliche, § 26 Abs. 1 Satz 2 StAG) Erklärung ausdrücklich hinzufüge „Dieser Verzicht erstreckt sich nicht auf die bayerische Staatsangehörigkeit gemäß Art. 6 BV“, dann bleibt für eine anderweitige Auslegung keinerlei Spielraum mehr.

Unter Umständen verliert man mit der deutschen automatisch auch die bayerische Staatsbürgerschaft. Das könnte das bayerische Staatsangehörigkeitsgesetz freilich so anordnen; aber ein solches gibt es ja gerade nicht. Daher bleibt es bei der Regelung des Art. 6 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung, dass die bayerische Staatsangehörigkeit nicht aberkannt werden kann. Damit ist auch untersagt, sie demjenigen zu entziehen, der kein Deutscher sein mag.

In meinem Beispiel wäre ich also Bayer und Österreicher, aber kein Deutscher mehr.

In welchen Konstellationen dies von Bedeutung wäre, werde ich mit dem nächsten Beitrag ansprechen.