Ein Berliner Schüler hatte sein Mobiltelephon im Unterricht benutzt. Der Lehrer zog das Handy daraufhin ein und gab es erst am nächsten Schultag, einem Montag heraus. Daraufhin klagten der Schüler und seine Eltern gegen die Einbehaltung des Geräts über das Wochenende. Das Verwaltungsgericht Berlin (4. April 2017, Az. VG 3 K 797.15) hat diese Klage als unzulässig abgewiesen.
Daraufhin haben zahlreiche Medien behauptet, das Gericht habe entschieden, dass die Einziehung des Handys rechtmäßig gewesen sei. Das stimmt aber in dieser Form nicht:
Warum wurde die Klage abgewiesen?
Abweisungsgrund war die Unzulässigkeit der Klage. Da das Handy längst zurückgegeben wurde, handelt es sich um eine erledigte Angelegenheit. Der Kläger hat von einem solchen Urteil grundsätzlich nichts mehr, sondern nur noch die Genugtuung, im Recht gewesen zu sein. Darum sind solche Klagen (je nach Konstellation als allgemeine Feststellungsklage oder als Fortsetzungsfeststellungsklage bezeichnet) nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig. Das wäre zum Beispiel bei Wiederholungsgefahr (hier nicht gegeben, weil der Schüler mittlerweile die Schule gewechselt hat) oder bei einem schweren Grundrechtseingriff (hier nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben) der Fall.
Hat das Gericht über die Entziehung des Handys gar nicht entschieden?
Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht, bislang liegen nur eine Pressemitteilung und verschiedene Berichte darüber vor. Grundsätzlich muss das Gericht bei einer schon unzulässigen Klage gar nicht mehr über deren Begründetheit entscheiden.
Teilweise äußern sich Gerichte aber trotzdem kurz zur Sache. Ob das hier erfolgt ist, lässt sich noch nicht beurteilen.
Darf ein Lehrer überhaupt Handys abnehmen?
Grundsätzlich schon. Das Berliner Schulgesetz lässt die vorübergehende Einziehung von Gegenständen bei Unterrichtsstörungen zu (§ 62 Abs. 2 Nr. 6 SchG BE). Deutlich spezifischer ist bspw. das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz (Art. 56 Abs. 5 BayEUG):
Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände sind Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten. Die unterrichtende oder die außerhalb des Unterrichts Aufsicht führende Lehrkraft kann Ausnahmen gestatten. Bei Zuwiderhandlung kann ein Mobilfunktelefon oder ein sonstiges digitales Speichermedium vorübergehend einbehalten werden.
In beiden Gesetzen ist das Einbehalten als auf einen „vorübergehenden“ Zeitraum begrenzt.
Wie lange ist vorübergehend?
„Vorübergehend“ ist grundsätzlich nur das Gegenteil von „dauerhaft“. Vorübergehend sind zehn Sekunden, aber auch zehn Jahre. Wie lang eine vorübergehender Zeitraum nun in diesem Fall ist, muss man durch Auslegung feststellen.
Der Normzweck ist natürlich, dass die weitere Beschäftigung des Schülers mit dem Handy unterbunden wird. Dementsprechend wird man wohl davon ausgehen können, dass eine Einziehung jedenfalls bis zum Stundenende zulässig sein dürfte. Da eine Verwendung während des Unterrichts (und in Bayern sogar auf dem Schulgelände) untersagt ist, könnte man auch argumentieren, dass dem Schüler das Handy am Schultag ohnehin nicht von Nutzen ist; dann wäre wohl auch eine Einziehung bis zum Ende des Schultags zulässig.
Dass aber die Schule dem Schüler das Mobiltelephon auch in seiner Freizeit vorenthalten kann, erschließt sich nicht. Sobald er das Schulgelände verlassen hat, steht es ihm natürlich völlig frei, welche „Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien“ er verwendet. Eine Einbehaltung über den Schultag hinaus, in diesem Fall sogar für das gesamte Wochenende, ist im Endeffekt wohl nicht zu rechtfertigen.
Ob diese Frage irgendwann noch einmal gerichtlich entschieden wird, bleibt abzuwarten. Auch eine unterschiedliche Handhabung in den Bundesländern ist nicht auszuschließen.
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