Das deutsche Betäubungsmittelgesetz regelt nicht nur die Strafbarkeit von Drogenvergehen, sondern sieht auch einige Sonderregelungen bei Verurteilungen auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit vor. Diese bevorzugen Abhängige gegenüber sonstigen Straftätern ganz erheblich.
Im Vordergrund steht dabei die Überlegung, diesen Menschen eine Chance und einen Anreiz zur Überwindung ihrer Drogensucht zu geben. So erlauben die § 35 und 36 des Betäubungsmittelgesetzes eine Zurückstellung der Freiheitsstrafe zugunsten einer Therapie.
Im Folgenden finden Sie eine genaue Aufschlüsselung dieser Vorschriften und ihres Sinngehalts:
§ 36 Abs. 1 BtMG
(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Die Entscheidung über die Anrechnungsfähigkeit trifft das Gericht zugleich mit der Zustimmung nach § 35 Abs. 1.
Die Zeit in der Therapie ist der Freiheitsstrafe grundsätzlich gleichgestellt, gilt also als Verbüßung der Strafe. Dies gilt aber nur bis zum Zweidrittelzeitpunkt – denn ab diesem kann der Rest der Freiheitsstrafe ohnehin zur Bewährung ausgesetzt werden. Nicht möglich ist nach dieser Vorschrift aber das komplette Verbüßen der Freiheitsstrafe.
Sind durch die Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt oder ist eine Behandlung in der Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, so setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.
Sobald die Therapie erfolgreich verlaufen ist, ist eine Strafrestaussetzung möglich – also sogar schon vor Verbüßung von zwei Dritteln.
§ 36 Abs. 2 BtMG
(2) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte einer anderen als der in Absatz 1 bezeichneten Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder des Strafrestes zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.
Falls die Therapie in einer staatlich nicht anerkannten Einrichtung geschehen ist, ist eine Aussetzung trotzdem möglich. Prüfstein ist auch hier das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit.
§ 36 Abs. 3 BtMG
(3) Hat sich der Verurteilte nach der Tat einer Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so kann das Gericht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen, anordnen, daß die Zeit der Behandlung ganz oder zum Teil auf die Strafe angerechnet wird, wenn dies unter Berücksichtigung der Anforderungen, welche die Behandlung an den Verurteilten gestellt hat, angezeigt ist.
Bei einer anderen Behandlung, die also nicht aufgrund der Zurückstellung geschehen ist, kann die Zeit ganz oder teilweise angerechnet werden, wenn sie positive Ergebnisse gezeigt hat.
§ 36 Abs. 4 BtMG
(4) Die §§ 56a bis 56g und 57 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches gelten entsprechend.
Die Vorschriften, die bei „normaler“ Strafaussetzung zur Bewährung gelten, werden auch hier angewandt.
§ 36 Abs. 5 BtMG
(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft das Gericht des ersten Rechtszuges ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Vollstreckungsbehörde, der Verurteilte und die behandelnden Personen oder Einrichtungen sind zu hören.
Selbsterklärend.
Gegen die Entscheidungen ist sofortige Beschwerde möglich. Für die Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 3 und nach Absatz 2 gilt § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung entsprechend; die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes erteilt das Gericht.
Wenn eine Strafaussetzung erfolgen soll, kann das Gericht Sachverständige hören, soll es den Verurteilten belehren usw.