Ich bin des öfteren auf dem Weg nach Landsberg. Teils in die dortige JVA, teils zum Amtsgericht, vor dem ich immer wieder zivil- oder strafrechtliche Verfahren bestreite.
Um auf dem Weg dorthin arbeiten zu können, benutze ich grundsätzlich den Zug. Mit diesem fahre ich zunächst von München-Pasing nach Kaufering, wo ich dann in den Landsberger Zug umsteige. Der Kauferinger Zug hingegen setzt seine Reise ins Allgäu fort, u.a. in Richtung Füssen.
Meine Mitreisenden sind daher zu einem ganz erheblichen Anteil Japaner und US-Amerikaner auf dem Weg in ein bekanntes bayerisches Königsschloss. Deswegen bezeichne ich den Zug auch als „Neuschwanstein-Express“.
Wie man sich auch als Einheimischer vorstellen kann, sind diese Touristen oftmals etwas überfordert, was den richtigen Fahrkartenkauf angeht. Dass man bspw. bei einem BayernTicket den eigenen Namen vor Fahrtantritt eintragen muss, wussten bspw. meine Eltern bis vor Kurzem auch nicht.
Ebenso wenig wusste das die Mitreisende aus North Carolina, die im heutigen ALEX ein paar Sitze weiter saß. Die Schaffnerin erklärte ihr daher bei der Fahrkartenkontrolle sehr freundlich, dass sie diesen doch bitte nachtragen sollte. Der ALEX ist übrigens ein privater Zug.
Die Strecke wird auch von der staatlichen Deutschen Bahn bedient und auch dort gibt es das Problem mit ausländischen Fahrgästen, die nicht genau wissen, welche Ticketvorschriften gelten.
Und da war ich vor einigen Monaten Zeuge eines äußerst unangenehmen Vorfalls: Ein älteres japanisches Ehepaar hatte ein BayernTicket gelöst, war aber schon in den Zug eingestiegen, der um kurz vor 9 Uhr (und damit vor Geltungsbeginn des BayernTickets) in Pasing losfuhr. Als der Kontrolleur das Ticket sah, stürzte er sich förmlich auf die beiden und schrie die beiden im – Entschuldigung, diese Vergleiche sind normalerweise nicht meine Art, aber das war und ist meine unmittelbare Assoziation – SS-Ton an. „One-hundert-twenty euros please! Sis is no wällid ticket, one-hundert-twenty euros please!“
Nachdem er sich gegenüber den Japanern, denen diese Situation sichtlich peinlich war, die aber auch nicht verstanden, was er ihnen in bestem sächsischem Englisch sagen wollte, abgeregt hatte, stellt er ihnen schließlich Fahrkarten mit Bordzuschlag aus und ließ sie weiterfahren. Der kleine Mann, dem man ein bisschen Macht gegeben hat…
Ich verspürte einen gewissen Drang, mich bei den Touristen im Namen Bayerns zu entschuldigen.
Natürlich kann man immer auf formalen Rechtspositionen bestehen. Und man kann Urlaubern, die in unser schönes Land kommen, einen Haufen Geld hier lassen und danach wieder heimfahren, noch ein bisschen mehr Geld abnehmen, wenn sie nicht jede Nuance des Bahn-Tarifs kennen.
Man kann aber auch Kulanz zeigen und den Menschen entgegenkommen. Juristisch fährt man so meist besser.