Warum ein Anwalt kostet, was er kostet

Nicht selten wird sich über die hohen Kosten bei der Beauftragung anwaltlicher Dienste beklagt. Warum für vermeintlich überschaubare Tätigkeiten oder für einzelne Schreiben gleich mehrere hundert Euro anfallen sollen, geht Vielen nicht ein.

Daher soll dieser Artikel einmal kurz darlegen, welche Kosten mit dem Betrieb einer Anwaltskanzlei verbunden sind und wie sich diese auf das Preisniveau auswirken.

150 Arbeitsstunden pro Monat

Der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer arbeitet nach Abzug von Wochenende, Feiertagen, Urlaub, Krankheit und ähnlichem Ausfall knapp 1700 Stunden pro Jahr. Das sind rund 140 Stunden pro Monat. Nehmen wir nun aus Gründen kalkulatorischer Sicherheit und runder Zahlen an, dass ein freiberuflicher Rechtsanwalt durch Selbstausbeutung auf 150 Stunden im Monat kommt.

In diesen 150 Stunden muss er also die gesamten Kosten seiner Kanzlei hereinarbeiten und zudem noch seinen Lebensunterhalt verdienen. Anders gesagt: Von allen monatlichen Kosten muss man ein Hundertfünfzigstel berechnen und diesen Betrag vom Stundenlohn abziehen.

Fangen wir bei den Kanzleikosten an. In München sollte man für einigermaßen repräsentative Büroräume (oder wie in meinem Fall: für zwei Kanzleien) schon um die 3000 Euro warm rechnen. Das sind 20 Euro, die auf jede der 150 Stunden im Monat entfallen. Hinzu kommen noch sonstige Nebenkosten, die direkt mit den Versorgern abgerechnet werden. Hier ist man mit 600 Euro (oder 4 Euro pro Stunde) dabei.

Zwischensumme: 24 Euro

Für einen vernünftigen Kanzleibetrieb braucht man noch ca. zwei Angestellte. Mit Sozialabgaben und anderen Lohnnebenkosten kann man rund 7500 Euro rechnen – mindestens. Das sind dann aber auch wieder 50 Euro pro Stunde.

Weil man immer einen Fehler machen kann, muss man als Anwalt versichert sein. Die Berufshaftpflicht ist nicht nur ratsam, sondern absolute Berufspflicht des Anwalts. Ohne Versicherung keine Zulassung. Deren Kosten sind von der versicherten Deckungssumme, vom Umsatz der Kanzlei, vom sonstigen Service und vom Anbieter abhängig. 150 Euro Monat oder 1 Euro pro Arbeitsstunde sind aber realistisch.

Zwischensumme: 75 Euro

Werbung durch Anwälte war früher verpönt, heute ist sie überlebenswichtig. Ob ein Telephonbucheintrag, Homepages oder andere Formen – 300 bis 500 Euro pro Monat sollten es schon sein. Also ungefähr 3 Euro pro Stunde.

In Zeiten von Flatrates bei Telephongebühren muss längst nicht mehr jedes Telephongespräch einzeln bezahlt werden. Andererseits reicht aber auch der normale DSL-Hausanschluss für eine professionelle Anwaltskanzlei nicht unbedingt aus. Will man eine größere Zahl von Leitungen, benötigt man überdurchschnittliche Datenvolumen und Bandbreiten oder braucht man eine besondere Anlage, sind 150 Euro im Monat aber schon realistisch.

Die Ausstattung einer halbwegs großen und modernen Kanzlei geht leicht ins Fünfstellige. Aber auch, wenn Mobiliar, Geräte, Teppiche, Tapeten, Vorhänge und alles andere angeschafft sind, muss all das immer wieder erneuert und gewartet werden. In einem durchschnittlichen Jahr fallen so ungefähr 3000 Euro an, sodass hier weitere 1,50 Euro verdient werden müssen.

Die gleiche Summe fällt ungefähr für Büromaterial an, seien es nun banales Druckerpapier, die dazugehörigen Toner oder Hängeregisterordner aus dem juristischen Fachhandel.

Zwischensumme: 82 Euro

Das Recht ist ein schnelllebiges Geschäft. Regelmäßig ändern sich Gesetze oder es kommen neue Urteile heraus, die beachtet werden müssen. Die bloßen Gesetzestexte braucht man zwar in der Regel nicht mehr in gedruckter Form, dafür aber Kommentare, die diese Gesetze erläutern, Fachzeitschriften und den Zugang zu juristischen Online-Datenbanken. All das ist, je nach Breite des genutzten Angebots, ein erheblicher Kostenfaktor. Setzen wir einmal eine mittlere Summe von 300 Euro pro Monat oder 1,50 Euro pro Stunde an.

Da man sich aber nicht alles anlesen kann und will, kommt man als Anwalt um Fortbildungen nicht herum. Man ist sogar berufsrechtlich verpflichtet, sich auf dem Laufenden zu halten. Führt man einen Fachanwaltstitel, gilt dies im gewählten Fach erst recht. Für eine gewissenhafte Fortbildung sollte man aber knapp 2000 Euro im Jahr einrechnen – das entspricht wieder einem Euro pro Stunde.

Zwischensumme: 85 Euro

Meine aktuelle Fahrkarte für öffentliche Verkehrsmittel kostet mich genau 71,50 Euro im Monat und deckt das Münchner Stadtgebiet sowie den ersten „Ring“ des Umlands ab. Hinzu kommen noch Fahrtkosten mit dem Auto, die ich zwar ich Rahmen halt, aber nicht immer vermeidbar sind. Mit rund um 80 Euro Betriebskosten muss man dabei wohl rechnen, sodass wiederum 1,00 Euro verdient werden muss.

Weitere Fahrtkosten wie Fernzüge, BayernTickets oder gelegentlich mal ein Taxi summieren sich über das Jahr gesehen in ähnlicher Größenordnung.

Zwischensumme: 87 Euro

Reinigungspersonal wird man – sehr sparsam gerechnet – bei 300 bis 500 Euro inklusive Lohnnebenkosten ansetzen müssen.

Für die Rechtsanwaltskammer sowie andere Mitgliedschaften in Anwaltsvereinen u.ä. sollte man zusätzlich 75 Euro rechnen.

Endsumme: 90 Euro

Diese Kosten können natürlich sehr schwanken. Der eine oder andere Kollege wird manche Posten einsparen oder sehr viel niedriger ansetzen, dafür hat er andere Ausgaben umso mehr. Vielleicht ist man beim Büromaterial verschwenderischer, leistet sich dafür aber seltener neue Kommentare.

Irgendwo in dieser Gegend bleibt man trotzdem. Mit jeder Stunde, in der er arbeitet, muss der Anwalt zuerst einmal seine Kosten erwirtschaften. Das mögen nun runtergebrochen 70 oder 90 oder 100 Euro sein, aber es ist eine erhebliche Summe. Diese Summe muss der Mandant aufbringen – wer auch sonst?

Brutto ist nicht netto

Und auch von dem, was über diese Grundkosten hinausgeht, kann der Rechtsanwalt nicht seinen Goldspeicher oder seine Badewanne voller Euroscheine füllen. Von jedem Euro bekommt die Krankenkasse 14,6 % und das Rentenversorgungswerk 18,6 % – zusammen ist das ziemlich genau ein Drittel. Und die restlichen zwei Drittel fließen natürlich ebenso zu einem erheblichen Teil in Form von Steuern an den Staat.

Mein Mandant muss also nicht nur mich und meinen Lebensunterhalt finanzieren, sondern auch den meiner Angestellten und der Menschen, deren Dienste ich in Anspruch nehmen muss. So verwundert es dann nicht, dass ein Anwalt Stundensätze von 200 bis 500 Euro verlangt. Er macht das nicht aus Geldgier, sondern weil es wirtschaftlich unbedingt notwendig ist.

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