Die Kündigungsarten im Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht gibt es unterschiedliche Arten, den Arbeitsvertrag zu beenden.

Sofern das Kündigungsschutzgesetz gilt, schränkt dieses die allgemeine zivilrechtliche Kündigungsmöglichkeit des § 620 Abs. 2 BGB erheblich ein. Demnach ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Wann sie sozial gerechtfertigt ist, erklärt im Wesentlichen Abs. 2 der Vorschrift. Demnach muss die Kündigung verhaltensbedingt, personenbedingt oder betriebsbedingt sein.

Verhaltensbedingte Kündigung

Bei der verhaltensbedingten Kündigung steht – wie der Name sagt – ein Verhalten des Arbeitnehmers im Mittelpunkt.

  • Dieses muss geeignet sein, eine Kündigung zu veranlassen.
    • Zunächst einmal braucht es dafür einen Verstoß gegen eine arbeitsvertragliche Pflicht.
    • Die Kündigung ist aber nicht die Sanktion für den Pflichtverstoß. Vielmehr wird der Verstoß zum Anlass genommen, eine Prognose über den weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses abzugeben; kommt man dabei nicht zu dem Schluss, dass mit weiteren, ähnlichen Störungen zu rechnen ist, liegt auch kein Kündigungsgrund vor.
    • Schließlich darf die Kündigung nur ultima ratio, das letzte Mittel sein. Kommt eine weniger schwerwiegende Maßnahme, bspw. die Versetzung oder eine bloße Abmahnung, auch in Betracht, muss diese zunächst ergriffen werden. Dabei ist es natürlich auch von Bedeutung, ob zuvor bereits eine Abmahnung wegen des gleichen Verstoßes ausgesprochen wurde.
  • Ist die Kündigung vom Grundsatz her möglich, muss noch eine Interessenabwägung für den konkreten Fall vorgenommen werden.
    • Nicht zwingend erforderlich, aber für die Abwägung relevant ist die Frage, ob die Pflichtverletzung vorwerfbar ist. Je höher der Verschuldensgrad (z.B. absichtliches Handeln), desto eher fällt die Abwägung zugunsten des Arbeitgebers aus. Auch unverschuldete Pflichtverstöße können einen Kündigungsgrund darstellen, allerdings müssen hier die abzuwägenden Interessen des Arbeitgebers umso gewichtiger sein.
    • Im Übrigen ist das Bestandsinteresse des Arbeitnehmers mit dem Beendigungsinteresse des Arbeitgebers zu vergleichen.

Schema für die verhaltensbedingte Kündigung:
1. Verhalten des An. geeignet, Kündigung zu veranlassen
a) Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflicht
b) Negativprognose: mit weiteren Störungen zu rechnen
c) Kündigung als ultima-ratio-Mittel verhältnismäßig
2. Interessenabwägung
– Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzung
– Bestandsinteresse ggü. Beendigungsinteresse

Personenbedingte Kündigung

Begrifflich ähnlich, aber in der Sache durchaus unterschiedlich zur verhaltensbedingten Kündigung ist die personenbedingte Kündigung. Auch sie hat ihren Grund in der Sphäre des Arbeitnehmers, allerdings in diesem Fall nicht in seinem Handeln, sondern in seiner Persönlichkeit. Es geht hier also um Eigenschaften des Arbeitnehmers, die er nicht willentlich steuern kann. Häufige Fälle sind eine Erkrankung oder der Verlust einer bestimmten Fähigkeit (z.B. Fahrerlaubnis oder bei Ausländern die Arbeitserlaubnis). Auch die Unfähigkeit, aufgrund einer Inhaftierung seiner Arbeit nachzugehen, gehört in diese Kategorie.

  • Am Anfang steht dabei eine negative Prognose bezüglich der weiteren Entwicklung dieses Grunds. Vor allem bei Erkrankungen darf eine Genesung nach objektiven Maßstäben nicht absehbar sein. Beim genannten Beispiel der Inhaftierung muss zumindest feststehen, dass der Arbeitnehmer auch bei vorzeitiger Entlassung nicht so bald wieder zur Verfügung stehen wird.
  • Zudem muss es durch den Ausfall zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen kommen. Der Betrieb muss also darunter „leiden“, dass der Arbeitnehmer ausfällt. Auch die Lohnfortzahlungskosten sind, soweit sie über die sechs Wochen des § 3 Abs. 1 EFZG hinausgehen, relevant.
  • Schließlich muss aber auch noch eine umfangreiche Interessenabwägung gegen den Arbeitnehmer sprechen. Hierzu gehören zum Beispiel die Ursache des personenbedingten Grunds – eine Erkrankung im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit dürfte nie ein Interesse des Arbeitgebers für die Kündigung begründen, ein Führerscheinverlust eines Lkw-Fahrers wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt dagegen stets. Aber auch das soziale Umfeld des Arbeitnehmers, seine Unterhaltsverpflichtungen, seine Betriebszugehörigkeit und der Ablauf des bisherigen Arbeitsverhältnisses sind zu berücksichtigen. Auch eine Versetzung auf einen anderen, geeigneteren Arbeitsplatz (z.B. im Wege des Änderungskündigung) ist hier denkbar.

Schema für die personenbedingte Kündigung:
1. negative Prognose
2. erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
3. Interessenabwägung
– Ursache des personenbedingten Grundes
– Vertragsdauer, Alter, Familienstand, Unterhaltsverpflichtungen
– Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung
– Möglichkeit der Versetzung

Betriebsbedingte Kündigung

Ausschließlich in der Sphäre des Arbeitgebers wurzelt dagegen die betriebsbedingte Kündigung.

  • Die betriebsbedingte Kündigung hat überhaupt nichts mit dem Arbeitnehmer zu tun, sondern ergibt sich ausschließlich aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung. Diese muss dazu führen, dass der konkrete Arbeitsplatz wegfällt, also schlicht nicht mehr benötigt wird. Hier ist bereits auf dieser Ebene zu prüfen, ob eine anderweitige Weiterbeschäftigung möglich ist. Eine Interessenabwägung findet hier nämlich nicht statt, denn wenn der Arbeitsplatz nicht mehr verfügbar ist, kann daran auch ein noch so großes Weiterbeschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers nichts ändern.
  • Allerdings wird eine Sozialauswahl vorgenommen, die jedoch nicht darüber entscheidet, ob der Arbeitsplatz überhaupt wegfallen darf, sondern lediglich darüber, welcher konkrete Arbeitnehmer gekündigt werden darf. Es werden also vom Tätigkeitsfeld her vergleichbare Arbeitnehmer des Betriebs hinsichtlich ihrer Sozialdaten verglichen. Hier findet aber keine völlig umfassende Abwägung statt, sondern es dürfen gemäß § 1 Abs. 3 KSchG nur folgende Aspekte bewertet werden:
    • Dauer der Betriebszugehörigkeit
    • Lebensalter
    • Unterhaltspflichten
    • Schwerbehinderung

    Wie die Abwägung erfolgt, ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, sofern dieser innerhalb eines vernünftigen Gestaltungsspielraums bleibt.

Schema für die betriebsbedingte Kündigung:
1. Arbeitsplatz fällt aufgrund betrieblicher Entscheidung weg
– keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung
2. Sozialauswahl
– Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltsverpflichtungen, Schwerbehinderung

Ordentliche Kündigung ohne Kündigungsschutz

Soweit das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt (Kleinbetrieb gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG; Beschäftigungsdauer max. sechs Monate gemäß § 1 Abs. 1 KSchG), kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis jederzeit ordentlich und fristgerecht gemäß § 620 Abs. 2 kündigen. Einen bestimmten Grund dafür braucht er nicht. Die Kündigung darf lediglich nicht völlig willkürlich oder schikanös sein.

Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Diskriminierung nach dem AGG vorliegt oder die Wertungen der Sozialauswahl in keiner Weise berücksichtigt wurden.

Schema für die ordentliche Kündigung ohne Kündigungsschutz:
Missbrauchkontrolle (§§ 138, 242 BGB)
– Diskriminierungsverbot (Allgemeines Gleichstellungsgesetz)
– „kleine Sozialauswahl“

Außerordentliche Kündigung

Zudem sieht § 626 Abs. 1 BGB noch die außerordentliche, fristlose Kündigung vor, „wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung (…) nicht zugemutet werden kann.“

  • In aller Regel handelt es sich dabei also um einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund, der so erheblich ist, dass er ausnahmsweise eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Hierzu gehören insbesondere massive Verstöße gegen die Arbeitspflicht, Straftaten gegen den Arbeitgeber und erhebliche Verletzungen der Treuepflicht. Weil die ausreichende Schwere der Verfehlung oftmals nicht ganz klar ist, wird regelmäßig hilfsweise eine ordentliche, fristgemäße Kündigung ausgesprochen, deren Voraussetzungen leichter erfüllt sind.
  • Auch, wenn ein generell geeigneter Kündigungsgrund vorliegt, muss trotzdem noch eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Hier spielen wiederum der Grad der Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzung und das Verhältnis von Bestands- und Beendigungsinteresse eine Rolle.

Schema für die außerordentliche Kündigung:
1. generell geeigneter Kündigungsgrund
2. Interessenabwägung
– Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzung
– Bestandsinteresse ggü. Beendigungsinteresse

Verdachtskündigung

Keine eigenständige Art der Kündigung, sondern ein Unterfall der außerordentlichen Kündigung ist die sogenannte Verdachtskündigung. Hier ist ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers zwar nicht erwiesen, jedoch ist allein aufgrund des Verdachts das Vertrauensverhältnis bereits irreparabel gestört.

  • Voraussetzung ist zunächst ein dringender Verdacht. Bloße Verdächtigungen ins Blaue hinein reichen nicht, es müssen vielmehr konkrete Tatsachen vorliegen, die das Fehlverhalten aus objektiver Sicht nahelegen. Diese Tatsachen muss der Arbeitgeber soweit zumutbar ermittelt und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich hierzu zu äußern, gegeben haben.
  • Zudem muss das Fehlverhalten ein derart schweres sein, dass dem Arbeitgeber bei Richtigkeit seines Verdachts auf jeden Fall einer außerordentliche zustehen würde.
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