In der Diskussion rund um Corona vergeht kaum eine Stunde ohne einen neuen schlagzeilenträchigen Vorschlag. Aktuell wird diskutiert, ob bspw. „Corona-Leugner“ bei Triage-Entscheidungen eine niedrigere Priorität erhalten oder Menschen, die sich einer Impfung verweigert haben, gar keine Behandlung erwarten dürfen.
Regelung wäre wohl verfassungswidrig
Solche Diskussionen sind wohl in erster Linie als pädagogischer Anstoß zu sehen, die eigene Haltung und deren angeblich konsequentes Zuendedenken zu hinterfragen. Komplett als unerste Provokation sollte man sie aber dennoch nicht abtun, darum möchte ich ein paar grobe Gedanken dazu niederschreiben.
Derartige Regelungen dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig sein. Denn an eine innere Einstellung bzw. an die Verweigerung einer nicht verpflichtenden Impfung dürfen sicher keine Entscheidungen auf Leben und Tod geknüpft werden. Wer eine bestimmte Haltung hat, ist deswegen noch lange nicht „selber schuld“, wenn er erkrankt und er verzichtet dadurch auch nicht auf sein Recht, behandelt zu werden.
Diese Unterscheidung ist schon tatbestandlich kaum abgrenzbar: Wie definiert sich der Corona-Leugner? Ist das jemand, der die Existenz von Viren abstreitet? Oder auch jemand, der das Thema für aufgebauscht und die Pandemie-Bekämpfung für übertrieben hält? Zählen auch schon Menschen dazu, die ihre Freiheit durch einzelne Maßnahmen für über Gebühr eingeschränkt halten?
Dilemma für behandelnde Ärzte
Der Vorschlag stellt aber auch Ärzte vor ein Dilemma, das ihnen schlicht nicht zugemutet werden kann. Wie sollen sie solche Ermittlungen anstellen, wen sie vor sich haben?
Richtig, Ärzte müssen solche Entscheidungen auch jetzt schon treffen. Die „Triage“ bedeutet eine Unterscheidung danach, ob ein Patient einen bestimmten Eingriff überhaupt überleben wird. Wenn nicht, dann sind die Ressourcen, die man auf ihn verwenden müsste, möglicherweise anderswo besser aufgehoben. Das ist eine kalte, einsame, schwere und manchmal auch falsche Entscheidung.
Aber Ärzte können sie treffen, indem sie die nüchternen medizinischen Fakten bewerten. Dafür sind sie ausgebildet und man kann sicher darauf vertrauen, dass sie in den allermeisten Fällen richtig liegen. Aber Ärzte sind keine Charakterfeststeller. Im Grunde ist niemand kompetent, zu entscheiden, ob jemand aufgrund seiner inneren Haltung verdient hat, medizinisch behandelt und ggf. gerettet zu werden.
Rechtliche Konsequenzen für Ärzte zu befürchten
Man kann sich auch sicher sein, dass solche Entscheidungen nicht ohne Weiteres akzeptiert würden. Ein Arzt, der jemanden als „Corona-Leugner“ identifiziert und bei der Behandlungswüdrigkeit hintan stellt, müsste erhebliche strafrechtlichen, moralische und auch berufsrechtlichen Konsequenzen befürchten und dann möglicherweise nachweisen, auf welcher Tatsachenbasis er welche Entscheidung getroffen hat. Das kann und darf man niemandem zumuten.
Andererseits: Die sog. Europäische Union hat angeblich auf 340 Millionen Impfdosen verzichtet, die sie eigentlich schon bei den Produzenten hätte vorbestellen können. So gesehen würde ich es für naheliegend und gerecht halten, EU-Beamte zumindest bei der Impfpriorität ganz hinten anzusiedeln.