Nichtjuristen als Richter

In den deutschen Amtsgerichten wirken nicht nur Juristen als Richter mit.
In den deutschen Amtsgerichten wirken nicht nur Juristen als Richter mit.
Im deutschen Prozessrecht gibt es an vielerlei Stellen Nichtjuristen als Mitglieder von Gerichten, oft auch als Laienrichter bezeichnet. Zwar gibt es seit mittlerweile 100 Jahren keine gesonderten Geschworenen mehr, die eigenverantwortlich Tatsachenfragen klären. Sie sind aber normale Mitglieder des Gerichts mit vollem Stimmrecht über alle urteilsrelevanten Fragen.

Dieser Artikel soll einen kleinen Überblick darüber geben, wo nichtjuristische Richter an deutschen Gerichten mitwirken

Strafrecht

Im Strafrecht werden ehrenamtliche Richter als Schöffen bezeichnet.

Diese sind ab mittelschwerer Kriminalität an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung beteiligt. Dabei handelt es sich um die Schöffengerichte beim Amtsgericht (§ 29 GVG) und um die Strafkammern bei den Landgerichten (§ 76 Abs. 1 GVG). Auch bei kleineren Delikten, für die der Einzelrichter beim Amtsgericht zuständig ist, kommt in der Berufung eine kleine Strafkammer (ein Richter plus zwei Schöffen) zum Einsatz.

Lediglich bei Staatsschutzdelikten sind keine Schöffen beteiligt, da hier ein OLG-Senat aus drei oder fünf Berufsrichtern entscheidet (§ 122 Abs. 2 GVG) und es keine Berufungsinstanz gibt.

In Jugendstrafverfahren gilt grundsätzlich das gleiche. Eine Besonderheit ist dort aber, dass von den zwei Schöffen immer einer ein Mann und einer eine Frau sein sollen (§ 33a Abs. 1 Satz 2 JGG).

Verwaltungsrecht

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit kennt eine relativ weitgehende Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern.

Die Kammern des Verwaltungsgerichts bestehen in der Regel aus drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 5 Abs. 3 VwGO). Bei besonders einfachen Fällen wird die Sache aber auf einen Einzelrichter übertragen, ehrenamtliche Richter wirken dann nicht mit.

Vor dem Oberverwaltungsgericht bzw. Verwaltungsgerichtshof, der zweiten Instanz, sind die Senate grundsätzlich mit drei Richtern besetzt, wobei das Landesrecht aber die Zuziehung von ehrenamtlichen Richtern vorsehen kann (§ 9 Abs. 3 VwGO).

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet dagegen in der Regel ohne ehrenamtliche Richter. Diese sind nur in Spezialmaterien vorgesehen.

Sozialrecht

In der Sozialgerichtsbarkeit werden ehrenamtliche Richter in großem Umfang eingesetzt.

Die Sozialgerichte erster Instanz bestehen aus einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Landessozialgerichte sind mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt (§ 33 Abs. 1 SGG).

Eine Besonderheit ist, dass auch bei Bundessozialgericht ehrenamtliche Richter mitwirken. Das ist für ein Revisionsgericht, das eigentlich nur rein juristische Fragen klären und für eine einheitliche Rechtsprechung sorgen soll, sehr ungewöhnlich. Die normalen Senate bestehen aus drei Berufs- und zwei ehrenamtlichen Richtern. Der Große Senat zur Klärung grundlegender und bereichsübergreifender Rechtsfragen besteht aus sämtlichen senatsvorsitzenden Richtern sowie (je nach Rechtsgebiet) mindestens sechs ehrenamtlichen Richtern.

Steuerrecht

Die Finanzgerichte entscheiden wie die Verwaltungsgerichte entweder mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern oder als Einzelrichter (§ 5 Abs. 3 FGO). Eine Besonderheit ist, dass die Länder auch die Mitwirkung zweier Laienrichter bei Einzelrichterentscheidungen vorsehen können (§ 5 Abs. 4), wodurch es sich dann praktisch um einen „kleinen Senat“ handelt.

Beim Bundesfinanzhof, der zweiten und letzten Instanz der Finanzgerichtsbarkeit, gibt es dagegen nur berufsmäßige Richter.

Zivilrecht

Im allgemeinen Zivilprozess haben ehrenamtliche Richter relativ wenig Platz.

In normalen Zivilverfahren einschließlich des Familienrechts bestehen die Spruchkörper nur aus Berufsrichtern.

Die einzige relevante Ausnahme sind die Kammern für Handelssachen. Diese bestehen gemäß § 105 Abs. 1 GVG aus einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern (mittlerweile als Handelsrichter bezeichnet), die besondere Sachkunde im Geschäftsbereich besitzen (§ 109 GVG).

Arbeitsrecht

Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsenden jeweils einen Laienrichter in die Verhandlungen der Arbeitsgerichte.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsenden jeweils einen Laienrichter in die Verhandlungen der Arbeitsgerichte.
Die Arbeitsgerichte der ersten Instanz entscheiden dabei mit einem Richter und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 16 Abs. 2 ArbGG), ebenso die Landesarbeitsgerichte in Berufungsverfahren (§ 35 Abs. 2 ArbGG).

Auch beim Bundesarbeitsgericht werden, wie beim Bundessozialgericht, zwei Laienrichter hinzugezogen, die gleiches Stimmrecht mit den drei Berufsrichtern haben (§ 41 Abs. 2 ArbGG).

Im Arbeitsrecht sind die ehrenamtlichen Richter aber mit einer Besonderheit tätig: Sie werden paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt, also über entsprechende Verbände gewählt (§ 20 ArbGG). Dies soll sicherstellen, dass sowohl die Sichtweisen des Arbeitgebers wie des Arbeitnehmers im Gericht repräsentiert sind. Darum sind die beiden Laienrichter, die es in jeder Instanz gibt, immer jeweils ein von den Arbeitgebern und ein von den Arbeitgebern berufener Richter.

Zu berücksichtigen muss man aber auch, dass sehr viele Verfahren gar nicht zur Kammer gelangen, sondern im Güteverfahren durch eine Einigung (Vergleich) erledigt werden. Diese wird aber nur vom vorsitzenden Berufsrichter ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durchgeführt.

Verfassungsrecht

Das Bundesverfassungsgericht kennt nur 16 Berufsrichter, womit es sich (von einigen kleinen Amtsgerichten abgesehen) um eines der personalschwächsten Gerichte der Bundesrepublik handeln dürfte.

An den Landesverfassungsgerichten ist die Sache freilich sehr unterschiedlich, da jedes Land hier eigene Regelungen gefunden hat:

  • So gibt es am bayerischen Verfassungsgerichtshof bspw. 15 weitere Richter (Art. 3 Abs. 1 VfGHG), von denen meist drei oder fünf am Verfahren beteiligt sind. Allerdings sollen auch diese Volljuristen sein (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 VfGHG).
  • In Sachsen besteht jeder Senat aus fünf Berufsrichtern und vier weiteren Richtern (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VerfGHG). In der Praxis werden aber meist Juristen als weitere Richter bestellt.
  • Am hessischen Staatsgerichtshof entscheiden fünf Berufsrichter und sechs übrige Richter (§ 2 Abs. 1 und 2 StGHG).
  • Der saarländische Verfassungsgerichtshof besteht nur aus acht Berufsrichtern (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VerfGHG).
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