Einführung ins Wasserrecht

Das Wasserrecht ist – man verzeihe das Wortspiel – eine ziemlich trockene Angelegenheit. Die übergroße Mehrheit der Bürger wird noch niemals etwas davon gehört haben (und eher selten selbst davon betroffen sein) und auch die meisten Juristen hören, wenn überhaupt, erst im Referendariat davon.

Dabei kann dieses Rechtsgebiet enorme Bedeutung haben. Es gehört zum öffentlichen Recht, also zum Verhältnis zwischen Staatsverwaltung und Bürger. Es präsentiert sich häufig als Anhang des Baurechts, aber während es beim Baurecht darum geht, ob man sein Eigentum bebauen darf, beschäftigt sich das Wasserrecht mit Einwirkungen auf Grundwasser und Oberflächengewässer, was beides als Allgemeingut angesehen wird, das dem Zugriff des Grundstückseigentümers entzogen ist.

Welche Gesetze gelten im Wasserrecht?

Seit der Föderalismusreform gilt die Bundeszuständigkeit für das Wasserrecht nicht mehr als Rahmengesetzgebung, sondern als konkurrierende Gesetzgebung mit Abweichungskompetenz der Länder. So gibt es einerseits das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz, WHG) des Bundes, andererseits aber auch das Bayerische Wassergesetz (BayWG) des Freistaats.

Worauf ist das Wasserrecht anwendbar?

Wasser im Sinne des Wasserrechts sind das Grundwasser, alle oberirdischen natürlich oder künstlichen Gewässer in Betten (Seen, Bäche, Flüsse), das Meer, jedes wild abfließende Wasser (Quellen, Regenwasser, Schmelzwasser) sowie Heilquellen, nicht jedoch Be- und Entwässerungsgräben sowie isolierte kleine Teiche und Weiher. Die Definition ergibt sich aus §§ 2 und 3 Nr. 1 bis 3 WHG sowie Art. 1 BayWG.

Welche Handlungen regelt das Wasserrecht?

Das Wasserrecht beschäftigt sich mit folgenden Einwirkungen auf das Wasser:

  • Ausbau (Herstellung, Beiseitigung oder Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer)
  • echte/reguläre Benutzung (unmittelbare und absichtliche Einwirkung auf ein Gewässer zur Erreichung bestimmter Ziele)
  • unechte/fiktive Benutzung (unabsichtliche Einwirkung auf ein Gewässer als Folge einer anderen Handlung)
  • Unterhaltung (Pflege und Entwicklung eines Gewässers)
  • Errichtung oder Veränderung von Anlagen (Bau von Einrichtungen gewisser Dauerhaftigkeit, die auf das Wasser einwirken könnte)

Wie handelt die Verwaltung im Wasserrecht?

Die staatliche Verwaltung ist grundsätzlich präventiv tätig, sie schützt die Gewässer also dadurch, dass sie entscheidet, welche Einwirkung auf das Wasser sie erlaubt und welche nicht. Dabei kann sie folgende Genehmigungen erteilen…

… beim Ausbau:

  • Planfeststellung, § 68 I WHG (umfassende Prüfung des Ausbaus darauf, ob er wasserwirtschaftlich zu rechtfertigen ist mit Wirkung ggü. der Behörde und ggü. Dritten, z.B. Nachbarn)
  • Plangenehmigung, § 68 II WHG (eingeschränkte Prüfung des Ausbaus mit eingeschränkter Wirkung ggü. Dritten)

… bei Benutzungen:

  • Bewilligung, § 14 WHG (Schaffung einer befristeten, gesicherten Rechtsstellung für die Benutzung mit Wirkung ggü. Dritten)
  • gehobene Erlaubnis, § 15 WHG (Unbedenklichkeitsbescheinigung mit eingeschränkter Wirkung ggü. Dritten, für die ein besonderes Interesse besteht)
  • beschränkte Erlaubnis, § 10 WHG, Art. 15 BayWG (widerrufliche Befugnis zur Benutzung mit Duldungspflicht Dritter, für die kein besonderes Interesse bestehen muss)

… bei Anlagen:

  • Genehmigung, § 36 WHG, Art. 20 BayWG (ergänzende Genehmigungspflicht für Bauvorhaben, die nach dem Baurecht verfahrensfrei sind)

Welche Interessen werden gegeneinander abgewogen?

Grundsätzlich haben die Belange der Wasserwirtschaft und der Allgemeinheit Vorrang gegenüber privaten Interessen des Bauherrn. Zwingende öffentliche Belange und Rechte Dritter können nicht übergangen werden.

Konkret müssen allgemeine Sorgfaltspflichten (§ 5 WHG), die Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung (§ 6) und die Reinhaltung des Wasser (§§ 32, 45 und 48) beachtet werden. Auch Vorschriften anderer Rechtsbereiche (z.B. Baurecht, Naturschutzrecht, Immissionsschutzrecht) werden berücksichtigt.

Dabei kommt die präventive Ausrichtung des Wasserrechts stets zum Tragen: Es ist nicht entscheidend, dass es sicher Nachteile für die zu berücksichtigenden Rechstgüter gibt, vielmehr reicht eine konkrete Wahrscheinlichkeit für den Einzelfall.

Die Klagearten der Verwaltungsgerichtsordnung

Die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) regelt das gerichtliche Verfahren im Verwaltungsrecht. Wenn der Bürger gegen die Amtsausübung von Behörden vorgehen will, muss er sein Verlangen an den Vorgaben der VwGO ausrichten. Eine Besonderheit ist hier, dass es – im Gegensatz bspw. zum Zivilrecht – verschiedene Klagearten gibt, die sich nach ihrem Ziel und ihren Voraussetzungen unterscheiden. Dabei sind diese Klagearten längst nicht alle im Gesetz geregelt, sondern fußen teilweise auf Gewohnheitsrecht, teilweise werden sie deswegen anerkannt, weil die VwGO im einen oder anderen Nebensatz von ihrer Existenz ausgeht.

Eine erste grobe Differenzierung ist diejenige in drei Oberkategorien nach dem grundsätzlichen Klageziel: Bei einer Gestaltungsklage soll ein Verwaltungsakt aufgehoben werden, bei einer Leistungsklage wird eine Leistung (Tun, Dulden oder Unterlassen) gefordert und bei einer Feststellungsklage soll das Gericht eine Feststellung treffen. „Die Klagearten der Verwaltungsgerichtsordnung“ weiterlesen

Das bayerische Polizeirecht (III): Gefahrbegriffe

Das Vorliegen einer Gefahr ist Voraussetzung für vielerlei Eingriffsbefugnisse der Verwaltung. Vor allem im Polizeirecht, aber auch in anderen Bereichen des öffentlichen Rechts gibt es verschiedene Gefahrbegriffe. Diese wollen wir hier kurz erläutern.

Gefahr: Dreh- und Angelpunkt ist natürlich die Gefahr an sich. Darunter versteht man eine Sachlage, bei der ohne Einschreiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Schaden für bestimmte Schutzgüter eintritt. Dieser bloße Begriff ist noch nicht sonderlich erhellend, denn gefährlich ist im Grunde alles – ja, sogar das Leben selbst ist voller Gefahren. „Das bayerische Polizeirecht (III): Gefahrbegriffe“ weiterlesen

Das bayerische Polizeirecht (II): Übersicht über das PAG

Das Polizeiaufgabengesetz ist – zumindest vom Grundsatz her – ein sehr übersichtliches Gesetz. Es ist in verschiedene Abschnitte unterteilt, die alle in sich relativ geschlossen sind. Es braucht kaum Verweisungen durch das halbe Gesetz. Zudem gibt es einen „bayerischen Prüfungsaufbau“, der es ermöglicht, polizeiliches Handeln genau so auf Rechtmäßigkeit zu prüfen, dass es der Struktur des Polizeiaufgabengesetzes engtspricht.

Das PAG kennt folgende Abschnitte:

  1. Art. 2 und 3: Aufgabenbereich der Polizei
  2. Art. 4 und 5: Handlungsgrundsätze
  3. Art. 7 bis 10: Maßnahmerichtung (Adressat)
  4. Art. 11 bis 48: Eingriffsbefugnisse zur Gefahrenabwehr (Primärebene)
    • Art. 11 bis 29: Einzelne Befugnisse
      • Art. 11: Verweisung und Generalklausel
      • Art. 12 bis 14: Auskunft und Identifizierung
      • Art. 15 bis 20: div. Freiheitseinschränkungen
      • Art. 21 bis 24: Durchsuchungen
      • Art. 25 bis 28: Sicherstellung
    • Art. 30 bis 36: Datenerhebung
    • Art. 37 bis 48: Datenverarbeitung
  5. Art. 53 bis 69: Vollstreckung polizeilicher Anordnungen (Sekundärebene)
  6. Art. 53 bis 59: durch Zwangsmittel
  7. Art. 60 bis 69: durch unmittelbaren (körperlichen) Zwang
  8. Art. 70 bis 73: Folgenabwicklung für polizeiliches Handeln (Tertiärebene)

Fehlende Paragraphen beinhalten Definitionen, Verweise auf nichtpolizeiliche Aufgaben der Polizei und Schlussbestimmungen.

Das bayerische Polizeirecht (I): Der Begriff der Polizei

Wenn man sich mit Gesetzen, die sich um die Polizei drehen, beschäftigt, muss man sich zunächst einmal fragen, welche Personen mit dem Begriff „Polizei“ überhaupt gemeint sind. Das ist nicht so klar, denn es gibt mehrere Polizeibegriffe.

Historisch verstand man unter „Polizey“ praktisch jede Form von Staatsverwaltung. Später wurden Sonderbereiche wie Militär, Justiz und Finanzverwaltung ausgegliedert.

Der formelle Polizeibegriff definiert die Polizei über ihre Aufgaben: Polizei ist, wer zur Gefahrenabwehr oder zur Strafverfolgung berufen ist. „Das bayerische Polizeirecht (I): Der Begriff der Polizei“ weiterlesen

Serie: Das bayerische Polizeirecht

Mit dieser Serie wollen wir einen Überblick über das bayerische Polizei- und Sicherheitsrecht geben. Dieses Rechtsgebiet ist für jeden Bürger von gewissem Interesse, denn er kann jederzeit in Kontakt mit Polizeikräften geraten – in aller Regel unfreiwillig. Und während die meisten Begegnungen mit der Polizei nicht weiter tragisch sind, kann es auch zu ganz erheblichen Grundrechtseingriffen kommen. Daher ist es wichtig, zu wissen, warum, wie und gegen wen die Polizei überhaupt handeln darf.

Wir werden uns dabei vor allem mit folgenden Gesetzen beschäftigen:

  • Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei
    (Polizeiaufgabengesetz, PAG)
  • Gesetz über die Organisation der Bayerischen Staatlichen Polizei
    (Polizeiorganisationsgesetz, POG)
  • Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht
    auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
    (Landesstraf- und Verordnungsgesetz, LStVG)

Vermutung und Fiktion

Die Vorstellungswelt des Gesetzgebers ist einfach: Tatbestand und Rechtsfolge werden einfach verknüpft – wenn etwas bestimmtes gegeben ist, dann tritt eine bestimmte Rechtsfolge ein. Der Eigentümer kann vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. (§ 985) Wenn der eine Eigentümer und der andere Besitzer einer Sache ist, dann erhält Ersterer die Sache von Letzterem. Die Schwierigkeit liegt nicht darin, diese völlig banale Norm anzuwenden; bedeutend schwieriger kann es sein, das Vorliegen der Voraussetzungen auch zu beweisen.

Aus diesem Grunde gibt es verschiedene juristische Methoden, das Vorliegen bestimmter Tatsachen dadurch festzustellen, dass man sich an anderen Tatsachen orientiert, die leichter zu beweisen sind. „Vermutung und Fiktion“ weiterlesen

Die Form eines Verwaltungsakts

Kaum eine offizielle Maßnahme ist derart formfrei wie ein Verwaltungsakt. Dies liegt daran, dass ein Verwaltungsakt („jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist“, § 35 Satz 1 VwVfG) eine tagtägliche Handlungsform von Behörden ist. Permanent wird irgendetwas gegenüber dem Bürger geregelt. Gleichzeitig bezieht sich der eine Begriff des Verwaltungsakts aber auf viele verschiedene Rechtsgebiete und Situationen. Für diese alle einheitliche Formvorschriften festzusetzen, wäre einfach zu pauschal.

So ist es möglich, einen VA schriftlich, elektronisch oder mündlich zu erlassen. Und noch mehr, er kann auch in anderer Weise erlassen werden. (§ 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Diese andere Weise ist zum Beispiel – das mag sich makaber anhören – körperlich. Wenn ein Polizist mit dem Knüppel zuschlägt, dann handelt es sich dabei um einen Verwaltungsakt des unmittelbaren Zwangs, denn der Polizist sagt gleichzeitig „Dulde dieses Zwangsmittel!“. Diese Einordnung stammt noch aus früheren Zeiten, als der verfügbare Rechtsschutz gegen Nicht-Verwaltungsakte noch nicht so ausgeprägt war und man sich darum bemühte, auch solche staatlichen Eingriffe als VA zu deklarieren. „Die Form eines Verwaltungsakts“ weiterlesen

Kann man die GEZ mit Bargeld ärgern?

money-3481757_1920Auch, wenn es die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) im früheren Sinne nicht mehr gibt, ist diese immer noch ein Feindbild. Natürlich zahlt niemand gerne die Rundfunkgebühr – auch, wenn sie nun Rundfunkbeitrag heißt.

Nun wurde verschiedentlich die Idee geäußert, man könne die GEZ zumindest ärgern, indem man einfach – entgegen aller Gewohnheiten des modernen Geschäftsverkehrs – in bar zahlt. Vielleicht würden die Rundfunkanstalten sogar auf den Beitrag verzichten, wenn er ihnen in so einer unpraktischen Form angeboten würde. Wenn man mit abgezählten 17,50 Euro im Glaspalast der jeweiligen Anstalt steht und zahlen will, wird man das dortige Personal sicher in größere Problem stürzen. „Kann man die GEZ mit Bargeld ärgern?“ weiterlesen

Baurechtliche Fallgruppen

Die Frage, ob ein Eigentümer sein Grundstück in einer bestimmten Weise bebauen darf, richtet sich nach vielerlei Vorschriften. Aber all diese Vorschriften und ihre Kenntnis nützt nichts, wenn man die Einstiegsnormen nicht kennt, die oftmals schon das Prüfungsprogramm vorgeben.

Die erste große Weichenstellung ergibt sich danach, ob ein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt. Ein Bebauungsplan ist gemäß § 30 Abs. 1 BauGB nur dann qualifiziert, wenn er „mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält“. (Ein Spezialfall des qualifizierten Bebauungsplans ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan gemäß § 30 Abs. 2 BauGB, der von vornherein nur ein bestimmtes Bauprojekt vorsieht und bei dem sich dementsprechend normale Baurechtsfragen eher nicht stellen.) „Baurechtliche Fallgruppen“ weiterlesen